Feministin kritisiert die frauenfeindliche Politik der Grünen - „Frauen haben einfach keine Penisse“

Feministinnen der Initiative „Lasst Frauen sprechen!“ demonstrieren an diesem Wochenende auf dem Parteitag in Bonn gegen die frauenfeindliche Politik der Grünen. Die Mitorganisatorin Ina Wagner sprach mit Cicero über die Gefahren des geplanten Selbstbestimmungsgesetzes, die Aggressivität der queer-feministischen Szene und den Verrat der grünen Partei an Frauenrechten.

Blockt jede Kritik ab, auf Twitter wie im wirklichen Leben: Familienministerin Lisa Paus / dpa
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Autoreninfo

Clemens Traub ist Buchautor und Cicero-Volontär. Zuletzt erschien sein Buch „Future for Fridays?“ im Quadriga-Verlag.

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Ina Wagner ist Frauenrechtsaktivistin und Radikalfeministin. Sie gehört zu den Mitorganisatoren der Initiative „Lasst Frauen sprechen! / Let Women speak!“, die sich für einen konsequenten Schutz von Frauenrechten einsetzt.

Frau Wagner, Sie demonstrieren auf dem Parteitag der Grünen gegen die von Ihnen als „frauenfeindlich“ bezeichnete Politik. Was sind Ihre Hauptkritikpunkte? 

Die Grünen verkaufen sich als feministische Partei. Feministinnen prägten auch lange Zeit das Profil der Grünen entscheidend mit. Wir sehen aber in den letzten Jahren, dass sie auf einem völlig falschen Pfad unterwegs sind. Sie haben sich längst davon verabschiedet, Frauenrechte entschieden zu verteidigen. Das sehen wir an ihren frauenfeindlichen Plänen für das Selbstbestimmungsgesetz oder der Aufweichung der Gesetze in Bezug auf Leihmutterschaft und nicht zuletzt an ihrer befürwortenden Position zur Prostitution. 

Was möchten Sie mit Ihrer Demonstration erreichen? 

Wir möchten mit unserer Kritik in den Reihen der Grünen vor allem gehört werden. Auf dem Parteitag laden wir alle Interessierten herzlich dazu ein, mit uns in den Dialog zu treten. Uns ist nicht an Feindschaft oder Spaltung gelegen, wir möchten, dass uns endlich mit sachlichen Argumenten im Kampf für Frauenrechte begegnet wird. Vielleicht schaffen wir es mit unserer Kritik sogar, einige in ihren Ansichten umstimmen zu können. 

Fangen wir mit Ihrer Kritik am Selbstbestimmungsgesetz an. Viele grüne Politiker sind überzeugt, dass damit die Rechte von Transsexuellen in unserer Gesellschaft gestärkt werden. Warum lehnen Sie das geplante Gesetz ab? 

Das geplante Selbstbestimmungsrecht ist eine Gesetzgebung, die den geschützten Begriff der Frau komplett verwässert. Mit dem Selbstbestimmungsrecht ist es möglich, dass sich jeder Mann vor dem Standesamt zur Frau erklären lassen kann. Er muss keine Gutachten mehr durchlaufen oder Geschlechtsumwandlungen durchführen lassen. Es mag banal klingen, aber Frauen haben einfach keine Penisse. Und was sind Frauenrechte dann noch wert, wenn jeder Mann über Nacht beliebig und willkürlich zur Frau werden kann? Welchen Sinn haben vor diesem Hintergrund noch Quotenregelungen oder Schutzräume? 

Spielen Sie mit Ihrer Argumentation nicht die Rechte von Transsexuellen und Frauen gegeneinander aus? 

Nein, wir spielen die Rechte von Transsexuellen und Frauen nicht gegeneinander aus. Uns geht es einzig und allein um den Schutz von Frauen vor Ungleichbehandlungen. Darum, dass wir uns auch weiterhin noch auf unsere Rechte als Frauen berufen können. Was ist daran verwerflich? Von uns Frauen wird in der Gesellschaft immer erwartet, dass wir kompromissbereit sind und im Zweifel aus purer Höflichkeit nachgeben. Doch unsere Erfahrung ist, dass Transaktivisten an einem Kompromiss überhaupt nicht interessiert sind.  

Woher kommt der starke Einfluss der Transaktivisten auf die politischen Debatten? 

Aktivisten orientieren sich vor allem an postmodernen Autoren wie der unsäglichen Judith Butler. Auch Unternehmen, Organisationen und Parteien sprangen auf den Zug auf und schmücken sich in ihrer Außendarstellung seither liebend gerne mit sogenannter, aber nicht definierbarer, geschlechtlicher Diversität. Bei diesem Hype bleiben die Frauenrechte auf der Strecke. 

Auch sprechen Sie sich für ein Verbot von Sexkauf aus. Sollte es nicht das Recht einer jeden Frau sein, selbst entscheiden zu können, was sie mit ihrem Körper anstellen möchte? 

Ina Wagner / privat

Laut einer EU-Studie haben wir den größten Markt für Prostitution in ganz Europa. Um es mit anderen Worten auszudrücken: Wir sind das unangefochtene Bordell Europas. Das zieht natürlich auch Kriminelle an, die Frauen durch Abhängigkeiten oder nicht selten sogar psychische und physische Gewalt zur Prostitution zwingen. Zwangsprostituierte sind natürlich nicht behördlich gemeldet, dadurch müssen wir davon ausgehen, dass die Dunkelziffer gigantisch hoch ist. Ihre Stimmen werden in der Öffentlichkeit jedoch kaum gehört. In den Talkshows und Zeitungsartikeln geben in diesem Land wohlsituierte Akademikerkinder den Ton an, die sich aus trendigen Gründen der Selbstverwirklichung prostituieren. In der Alltagsrealität werden Frauen allerdings in dunklen Hinterzimmern zigmal am Tag gegen ihren Willen penetriert. 

Sie fordern das sogenannte „Nordische Model”. Können Sie das erklären? 

In vielen skandinavischen Ländern werden nicht die Prostituierten kriminalisiert, sondern die Freier. Das bietet den Frauen einen sicheren Schutz vor sexuellen Übergriffen, da sie mit ihren Anliegen jederzeit zur Polizei gehen können. Eine zentrale Rolle spielt auch die staatliche Förderung von Ausstiegsprogrammen aus der Prostitution. Studien zeigen klar, dass skandinavische Länder die Zwangsprostitution sehr erfolgreich zurückdrängen und bekämpfen konnten. Das „Nordische Modell“ ist ein wirksamer Schutz vor Missbrauch. 

 

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Sie kritisieren auch die Aufweichung der Gesetze in Bezug auf Leihmutterschaft und Eizellenspende. Was lehnen Sie daran ab? 

Bei der Leihmutterschaft werden die Erzeugnisse des weiblichen Körpers zu einer Ware, die konsumiert werden kann. Auch unterliegen sie den gleichen rechtlich, vertraglichen Vorschriften wie beim Kauf eines Ladenproduktes. Die Frau wird durch die Legalisierung der Leihmutterschaft verdinglicht, letztlich auf ihre Funktion als willenlose Gebärmaschine reduziert. Die Kaufeltern haben die Macht, zu bestimmen, ob die biologische Mutter das Kind, das sie neun Monate lang in sich getragen hat, nach der Geburt anfassen oder sehen darf. Das finde ich ehrlich gesagt brutal und menschenverachtend. Doch auch das Recht des Kindes darf dabei nicht aus den Augen verloren werden. Während der Schwangerschaft baut es eine tiefe Verbindung auf, die abrupt endet, wenn dem Neugeborenen die Mutter genommen wird. 

Aber die Verträge basieren auf Einvernehmlichkeit. Warum sollten Menschen nicht für sich selbst wissen und entscheiden können, was gut für sie ist? 

Wir haben so viele großartige Kinder auf dieser Welt, die von Erwachsenen adoptiert werden könnten. Kinder dürfen nicht zu einem Lifestyle-Accessoire werden, das egoistische Wünsche befriedigt. Dafür ist der Wert eines Kindes und des menschlichen Lebens im Allgemeinen zu einzigartig. Außerdem birgt die vertragliche Sicherheit ein nicht mehr kontrollierbares Risiko. Pädophile oder Menschenhändler könnten die Legalisierung gezielt nutzen, um die schutzlosen Kinder für ihre kriminellen Machenschaften zu benutzen. 

Wie zuversichtlich sind Sie, dass Sie mit Ihrer Kritik bei grünen Politikern gehört werden? 

Wir müssen leider häufig die Erfahrung machen, dass prominente Politiker der Grünen den Diskurs verweigern. Öffentliche Briefe an die Bundesfamilienministerin Lisa Paus oder den Staatssekretär Sven Lehmann bleiben unbeantwortet. Aktivisten stellen sich dann meistens schützend vor sie und beantworten sachliche Kritik mit unsachlichen Postings auf diversen Social-Media-Plattformen. Auf Twitter sind nicht nur diese beiden grünen Politiker Meister darin, widerspenstige Stimmen einfach zu blockieren. Das sagt viel darüber aus, wes Geistes Kind sie sind. Die Grünen sind seit langem von Queer-Feministen unterwandert worden, die uns und unsere Ansichten abgrundtief verachten. Unsere Kritik an ihnen macht uns in ihren Augen zu rechten Nazis. Das ist natürlich völlig absurd, denn alle wissen, dass es den Rechten nicht um die Rechte von Frauen geht, sondern sie versuchen, das Thema Frauenrechte zu instrumentalisieren, um Stimmen zu fangen. Alle wissen, dass Frauenrechtlerinnen in rechten Kreisen verpönt sind, weil wir andere Werte vertreten als die reaktionären Rechten. Wir sind politisch heimatlos. 

Wie sahe in Ihren Augen eine echte feministische Partei aus, die diesen Namen auch verdient? 

Das wäre eine Partei, die den Schutz der Frauen gegen alle Bedrohungen verteidigt und ihr Recht auf ein würdevolles und gleichberechtigtes Leben als unantastbar sieht. Diese Partei würde den weiblichen Körper uneingeschränkt gegen Prostitution, Mädchenbeschneidungen und Sklaverei beschützen. Das wäre eine Partei, die die Bedürfnisse und Belange von Frauen zentriert und die Aufgabe des Staates, Frauen ein gleichberechtigtes Leben zu ermöglichen, ernst nimmt, egal, ob sie Mütter sind oder kinderlos. 

Woher nehmen Sie trotzdem die Entschlossenheit, sich weiterhin zu engagieren? 

Ich möchte mir später einmal nicht sagen müssen, dass ich mich nicht getraut habe, aufzustehen, da das womöglich meiner Karriere oder meinem Ansehen geschadet hätte. Es gibt überall auf der Welt verheerende Gewalt gegen Frauen, von Missbräuchen im häuslichen Umfeld über Vergewaltigungen bis hin zu Femiziden. Alle Formen der Gewalt sind schlimm und unter keinen Umständen zu rechtfertigen. Frauen müssen daher mit aller Kraft geschützt und verteidigt werden. Deshalb werde ich niemals Schweigen und Frauen einfach ihrem Schicksal der Unterdrückung überlassen. 

Das Gespräch führte Clemens Traub.

An dem Gespräch mit Cicero nahmen außerdem Eva Engelken, Rona Duwe und Lara Wahl teil.

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