Truppen-Drehkreuz: der Flughafen von Malis Hauptstadt Bamako / Jerome Delay, dpa

Entwicklungszusammenarbeit - Das teure Parallel-Universum

Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit scheitert seit Jahren, während China und auch Russland ihren Einfluss in Afrika immer weiter ausbauen. Es braucht einen radikalen Kurswechsel, der aufhört mit moralischer Belehrung.

Autoreninfo

Helmut Asche ist Sozialwissenschaftler, Entwicklungsökonom und Afrikaexperte. Er  hat lange in Afrika gearbeitet, als Hochschullehrer in Leipzig und Mainz gelehrt und das Evaluierungsinstitut der Entwicklungszusammenarbeit geleitet.

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Wäre da nicht der Krieg in der Ukraine, was wäre wohl der nächstgrößere Konflikt, auf den sich die Berliner Politik konzentrieren müsste? Akut wäre das sicher der Sahel im westlichen Afrika, sonst vielleicht noch der Jemen. Staaten in der Region Sahel lösen sich auf, und der islamistische Terror breitet sich bis in die Küstenländer am Golf von Guinea aus. In Burkina Faso, Mali oder in Nordnigeria steht schon rund die Hälfte des Staatsgebiets unter der Kontrolle von Dschihadisten. Millionen interner Flüchtlinge suchen Schutz. Malis Hauptstadt Bamako ist vom Zentrum und Norden des Landes fast abgeschnitten; Burkinas Hauptstadt Ouagadougou ist auf dem Zentralplateau des Landes praktisch eingekesselt. Im Niger oder im Tschad sieht es unwesentlich besser aus. Zum Vergleich: In der Ukraine stehen nur noch 20 Prozent des Territoriums unter russischer Kontrolle. Beide Konflikte – die Ukraine und der Sahel – hängen enger zusammen, als mit bloßem Auge erkennbar ist, aber der Reihe nach.

In Mali stehen rund 1000 deutsche Soldaten im Rahmen einer UN-Mission mitten im Kampfgebiet. Dass die Bundesregierung eine strategische Antwort auf die Krise sucht, sollte selbstverständlich sein – besonders nach dem gut vergleichbaren Desaster in Afghanistan.

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Hans Jürgen Wienroth | Do., 10. November 2022 - 19:36

In der lokalen Zeitung hat ein junger Mann aus Benin eine Kolumne. Er hat zunächst in Russland studiert und betreibt heute (neben Studium?) eine Kneipe. In dieser wöchentlichen Kolumne berichtete er letztens von einer Landsfrau (sagt man jetzt so?), die wegen des Krieges aus der Ukraine floh und sich bei ihm beklagte, dass sie keine Arbeit hätte und nicht nach Hause könne. Sie müsse von der Sozialhilfe hier auch ihre Familie in Benin unterstützen. weil diese keine Arbeit hätten. Degla erklärte ihr dann, dass ihre Familie keine Arbeit brauche, weil sie ja Geld überweisen würde, von dem man auskömmlich leben könne. Warum also arbeiten. Würde sie, wie er vorschlug, nach Hause zurückkehren, dann müssten sie arbeiten und würden sicher auch eine Arbeit finden.
So sieht es jemand, der sich im Land (hier Benin) auskennt.

Ronald Lehmann | Do., 10. November 2022 - 22:09

Aber wir Europäer & deren viele Stellwerker blenden dies schon Jahrzehnte aus. Und Brandbeschleuniger ist die Kirche selbst, die das Problem sicherlich auch aus barmherzigen Gründen so wie durch die kirchlichen Dogmen & Regeln (keine Verhütung) Öl in das Feuer gegossen hat.
Überall dort in all den Ländern, wo der Islam expandiert, wachsen die Probleme exponentiell.
Und dies ist nicht nur in Afrika zu erleben. Sondern auch China & Indien.
Bei mir hätten nur all jene die Grenze überschreiten dürfen, die ein Studium hier in D. absolvieren WOLLEN (zeitlich & Qualitätsmäßig begrenzt)

Bildung & freies denken & hinterfragen ist die allerbeste Medizin gegen Extremismus, Diktatur & Verdummung sowie ein Pfand gegen gesellschaftlicher Not & Armut.

Christoph Kuhlmann | Fr., 11. November 2022 - 07:08

beteiligt. Statt die Entwicklungshilfe auf einige, wenige Länder mit entsprechendem Potenzial zu konzentrieren, kommt allzu oft eine lecke Gießkanne zum Einsatz. Ziel jeder Entwicklungshilfe müssen profitable Investitionen der deutschen Wirtschaft in diesen Ländern sein. Nur so werden Arbeitsplätze dauerhaft erschaffen und nennenswerte Fortschritte nachhaltig. Was nützt eine Universität, wenn die Absolventen arbeitslos werden? Eine FH für Agrar- und Forstwirtschaft wäre sinnvoller. Ganze umstrittene Regionen entwickeln zu wollen ist einfach sinnlos. Konkrete Projekte, die in konkreten Investitionen münden, sind die einzige Antwort auf die Politik Chinas und Russland.

Stefan Jarzombek | Fr., 11. November 2022 - 07:27

Die BW in Mali, sowie der Besuch von Frau Baerbock, hilft den Menschen dort in Afrika auch nicht weiter. Dieser riesige Kontinent mit seinen Bodenschätzen weckt natürlich, beispielsweise bei den Chinesen, Begehrlichkeiten.Die Chinesen schaffen dort neue Wirtschaftsräume und reden eben nicht von Frauenquoten und feministischer Aussenpolitik. Sie fördern und fordern. Das normalste von der Welt. Ein Stück Brot in der Hand steht in Afrika eben etwas höher im Kurs als die Analyse und Neuordnung ihrer Werte durch die Oberlehrer aus Berlin. Überlassen wir den Millionen Afrikanern doch selbst einmal die Freiheit zu entscheiden wo ihre Reise hingeht. Und sind wir mal ehrlich, das was China dort so macht, hätte den Europäern doch auch einfallen können. Jetzt wird gejammert, weil vom Kuchen bald nur noch die Krümel übrig bleiben. Wo man doch in Deutschland auch nichts anderes macht als beispielsweise Schlüsseltechnologie oder gar Stücke vom Hamburger Hafen an China zu verkaufen.

Christa Wallau | Fr., 11. November 2022 - 09:46

die Zig-Milliarden von Steuergeldern verschlungen hat, krachend gescheitert ist, kann j e d e r schon lange wissen.
Und unsere Regierungen wußten es natürlich auch.
Dies führte bei ihnen aber nicht dazu, neu nachzudenken und andere, sinnvollere Wege zu beschreiten - wie man seit Jahrzehnten feststellen muß.

Daß Frieden und Wohlstand in Afrika oder sonstwo n u r vor Ort in gefunden werden können, und zwar unter strategischer Einbeziehung der dortigen Akteure, ist im Grunde ein alter Hut, aber Deutschland und die Europäer setzen ihn sich nicht auf.

Wenn vor allem China, aber auch Rußland, hier
vernünftiger (vor allem in ihrem Interesse, aber auch dem der Entwicklungsländer) agieren, dann zeigt das nur deren strategische Überlegenheit, die auf Realismus, Rationalität und Egoismus beruht.
Davon allerdings haben die "Gutmenschen" in Deutschland keinen blassen Schimmer!

Und Danke für ihren Artikel Herr Asche, der die Finger auf den wunden Punkt legt.

Entwicklungshilfe ist ein Geschäfts-Modell geworden, egal welche Macht & Handlanger.
Die, die ehrlichen Herzen dabei sind, bekommen weder eine Bühne noch ein Mikrofon, um gehört zu werden.

Von denen wir hören, dies sind sehr oft die falschen Pharisäer.

Maria Arenz | Fr., 11. November 2022 - 10:24

Jedenfalls das meiste, was Herr Asche schreibt. Allerdings vermisse ich ein Eingehen auf den fatalen Zusammenhang zwischen z.T. eben doch sehr effektiver Hilfe auf Micro-Ebene: Stichwort Brunnen bohren, Gesundheitsprojekte etc- und dem richtig beschriebenen durchgängigen Fehlen einer Entwicklung auf Macro-Ebene- sprich funktionierenden staatlichen Strukuren, die aber dringend erforderlich wären, um der ja nur dank der "Erfolge" der Entwicklungsarbeit auf Micro-Ebene so gewaltig gewachsenen Bevölkerung (von 1950 bis 2000 vervierfacht!) eine menschenwürdige Perspektive zu bieten. In Europa ging die Verdoppelung der Bevölkerung im 19.Jahrhundert Hand in Hand mit riesigen Fortschritten in Landwirtschaft, Gewerbe, Infrastruktur, Industrie und der Effizienz staatlicher Strukturen. Nichts dergeichen ist in Afrika geschehen und das ist eine Tragödie, die nicht nur Afrika betrifft, sondern wegen des dadurch bedingten immernsen Migrationsdrucks zunehmend auch Europa.

Albert Schultheis | Fr., 11. November 2022 - 10:48

Solange Cash fließt in die Kassen korrupter Herrschercliquen, funktioniert deutsche "Entwicklungshilfe" wie geschmiert! Ansonsten will man mit den degenerierten westlichen Cretins nichts zu tun haben, schon gar nicht mit deren absurdem ideologischen Klima- und Gendergedöns. Und spätestens morgen, wenn unsere Wirtschaft zum Sozialfall geworden sein wird, werden die uns in Afrika und Asien den Bettel vor die Füße schmeißen - so wie unsere ziemlich besten Freunde in der EU! Dann kann der weiße Mohr gehen. Wer wollte schon mit solchen Deppen ernsthafte Geschäfte machen oder Beziehungen pflegen? Pommerland ist abgebrannt!

Albert Schultheis | Fr., 11. November 2022 - 11:04

Gemeinsam mit Russland hätte der Westen die gravierenden Probleme im Nahen Osten und in Afrika im Zaum halten können. Aber die USA wollen ja nichts weniger als bedingungslose Unterwerfung - von Russland so wie von Deutschland (zur Not zeigt man denen, wer Herr im Hause ist - so wie gerade geschehen in der Ostsee. "It's done!"). Deutschland krümmt sich im Dreck wie ein Wurm, aber die Russen stemmen sich gegen die Unterwerfung! Derweil die neue dritte Weltmacht, der Islam, seine Tentakel überall in Asien und Afrika ausstreckt und die Länder reihenweise unterwirft. Der Nato-Partner Erdogan spielt da den Großen Zampano, genauso wie der IS und die Saudis - alles unsere besten Freunde. Die Amis wähnen sich in der Rolle des großen Siegers und Profiteurs in der Ukraine - es wird für sie und uns schlimmer ausgehen als Vietnam und Irak zusammen. Dummheit, Hybris und Aggression ist das Erfolgsrezept in Washington seit 70 Jahren!

Brigitte Simon | Fr., 11. November 2022 - 21:29

Deutschland leistet jährlich mehrere Milliarden Euro Entwicklungshilfe an Empfängerländer in aller Welt. Darunter Marokko....Unter den zehn größten Empfängerländer liegt die wirtschaftliche Weltmacht China an dritter Rangestelle und gilt lt. OECD noch immer als Entwicklungsland. Alleine D bezahlte fast 10 Milliarden Euro bislang als Entwicklungshilfe an China. Weiterhin bezahlt D Milliarden Euro für aufgenommene Flüchtlinge aus fast aller Welt, zum Großteil aus Afrika. Warum hier nicht Frankreich und England, als ehemalige größte Kolonialgroßmächte im weit größerem Umfang als D zu zahlen haben, ist für mich unverständlich.

China sieht jedoch seine Entwicklungshilfe etwas anders. Sein Ziel: In Länder rings um die Sahel-Zone, ein Grundverständnis sozialistischerRechtsstaatlichkeit unter seiner Leitung einzuführen. Das Konzept hat einen
Horizont von 15 Jahren für die Umsetzung.
Bis 2025 soll dieses Rechtssystem, chinesischer Prägung, erste Gestalt annehmen und bis 2035 ausgebaut werden.