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(picture alliance) Muslimische Frauen in Pakistan demonstrieren für Meinungs- und Pressefreiheit

Mohammed-Video - Ein öffentliches Aufführungsverbot wäre gerechtfertigt

Die Bundesregierung erwägt ein Aufführungsverbot für das Mohammed-Schmähvideo. Zur Hilfe kommt ihr das allgemeine Sicherheits- und Ordnungsrecht. Meinungsfreiheit wird gerade nicht beschnitten, sondern mit anderen Grundrechten in Ausgleich gebracht – Eine Replik

In dem Kommentar von Malte Lehming „Gewalt wird belohnt“ meint der Autor, ein Aufführungsverbot des billig produzierten Schinkens  „Die Unschuld der Muslime“ belohne die Gewalt fanatischer Muslime. „Steine siegen“, so lautet der Tenor. Das Ordnungsrecht dränge die Meinungsfreiheit ungehörig ins Abseits. Schon aus verfassungsrechtlicher Perspektive greift diese Ansicht zu kurz.

Gerade rechtspopulistische Protestparteien wie Pro Deutschland provozieren derzeit mit Ankündigungen, den Schmähfilm „Die Unschuld der Muslime“ öffentlich vorführen zu wollen. Wenn man sich die Qualität dieses Kurzfilms vergegenwärtigt, käme niemand auf die Idee, dieses Machwerk auch nur einer größeren Menschenmenge zu zeigen. Die filmische Relevanz tendiert gegen Null, die Dialoge sind von lausiger Qualität und der Inhalt reduziert sich darauf, die herausragende Persönlichkeit in der islamischen Religion, den Propheten Mohammed, verächtlich zu machen.

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Mittlerweile geht es ums Prinzip. Ein Teil der westlich-säkularen Elite pocht darauf, immer und überall jede Verächtlichmachung von Religion und ihrer Repräsentanten zuzulassen. Grenzen gibt es anscheinend kaum mehr,  wenn es darum geht, die Meinungsfreiheit auszudrücken. Zu allem Überdruss bekommt dieser Teil auch noch Unterstützung von rechtspopulistischen Parteien wie Pro Deutschland. Demgegenüber ist es in vielen muslimischen Ländern dieser Tage zu schweren Gewaltprotesten gekommen. In Libyen ist der US-Botschafter getötet worden. US-amerikanische und auch deutsche Flaggen brennen in Libyen, im Sudan, in Ägypten. Die gewaltsamen Demonstranten und Terroristen rekurrieren auf den bezeichneten Kurzfilm als Grund ihrer Gewalt. Natürlich stehen actio (Schmähfilm) und reactio (ein tötender Gewaltmob) hier in keinem Verhältnis. Ein Dialog, ein Ausgleich zwischen den Kulturen erscheint aktuell kaum mehr denkbar.

Samuel Huntingtons „Clash of Civilizations“ drängt sich wieder ins kollektive Bewusstsein. Der US-amerikanische Politikwissenschaftler sah nach dem Ende des Kalten Krieges verschiedene Kulturen aufeinanderprallen. Keine friedliche Koexistenz, sondern Kampf um Deutungshoheit und Einfluss in der Welt. Im Fokus stehen seit über einem Jahrzehnt vor allem die westliche und islamische Kultur als Antipoden. Sollte er am Ende mit seiner These Recht behalten?

Warum ein Aufführungsverbot gerechtfertigt ist  

Nun hat Bundeskanzlerin Angela Merkel angekündigt, ein öffentliches Aufführungsverbot dieses Schmähfilms zu prüfen. Grundlage dafür sind die allgemeinen Ordnungs- und Sicherheitsgesetze der Bundesländer. Diese Ländergesetze versuchen die verschiedenen Interessen, die verschiedenen Grundrechte gerecht auszugleichen. Niemand darf auf die ungezügelte Ausübung seiner Grundrechte (Meinungs- und Kunstfreiheit) pochen, wenn er damit die Grundrechte anderer (Religionsfreiheit) unzulässig verletzt. Dies gilt im umgekehrten Fall nicht minder!

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Eine zentrale Rolle spielt hier der Rechtsbegriff des öffentlichen Friedens. Das ist der Zustand allgemeiner Rechtssicherheit und das Bewusstsein der Bevölkerung, in Ruhe und Frieden zu leben. Er ist gewissermaßen Schmelztiegel entgegengesetzter Grundrechte, die miteinander in Einklang gebracht werden müssen.

Ein Aufführungsverbot ist ein solch gerechter Ausgleich. Es dient dem öffentlichen Frieden, denn der Film an sich wird nicht verboten, er wird nur keinem breiten Publikum vorgeführt. Lediglich das Public Viewing entfällt. Jedem Bürger steht es aber frei, sich diesen Film am heimischen Flachbildschirm auf einem der zahlreichen Videoportalen anzuschauen. Ein Interesse, den Film öffentlich zu zeigen, besteht indes nicht. Es ist illegitim, geht es doch nur darum, fast schon auf kindisch-trotzige Weise die Meinungsfreiheit vor sich herzutragen. Der Zusammenprall der Kulturen scheint nicht mehr aufzuhalten zu sein. Was mit den Mohammed-Karikaturen der dänischen Zeitung „Jyllands-Posten“ und der umstrittenen Idomeneo-Aufführung an der Deutschen Oper in Berlin 2006 begann, setzt sich jetzt durch diesen Schmähfilm fort.

Wenn Kritiker darauf verweisen, dass die islamische Religion fundamentalistische Strukturen in sich trägt und sich der Aufklärung verweigert, ist das nicht vollkommen von der Hand zu weisen. Letztlich wohnt aber jeder monotheistischen Religion ein gewisser Fundamentalismus inne. Terror, egal von welcher Ideologie getragen, hat mit Glauben und Religion nicht viel gemein. Man darf nicht verkennen, dass radikal-islamische Terroristen in der muslimischen Welt eine Minderheit sind. Wichtig ist es jetzt, der Debatte mit Maß und Verhältnismäßigkeit zu begegnen.

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