Weltklimakonferenz in Dubai - Als ob es keine Haushaltskrise gäbe

Mitten in der peinlichsten Haushaltskrise seiner Geschichte fährt Deutschland mit 250 Teilnehmern und Millionengaben zur Weltklimakonferenz. Zuhause ist das Vertrauen im Keller, aber der Welt will man weiterhin ein leuchtendes Vorbild sein.

„Expo City“ in Dubai zur Weltklimakonferenz / picture alliance
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Ferdinand Knauß ist Cicero-Redakteur. Sein Buch „Merkel am Ende. Warum die Methode Angela Merkels nicht mehr in unsere Zeit passt“ ist 2018 im FinanzBuch Verlag erschienen.

 

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Die Weltklimakonferenz COP28 hatte noch kaum richtig begonnen, da sorgte die deutsche Delegation schon für die erste Nachrichtenmeldung. Und zwar eine, die in der Welt offenbar vergessen machen soll, dass zuhause in Deutschland ein Schulden-Nachtragshaushalt fürs ablaufende und voraussichtlich ein die Schuldenbremse umgehender Bundeshaushalt fürs kommende Jahr nötig sein werden.

Deutschland spendet nämlich gemeinsam mit dem Gastgeberland Vereinigte Arabische Emirate je 100 Millionen US-Dollar für einen internationalen Fonds, der im vergangenen Jahr auf der UN-Klimakonferenz in Ägypten beschlossen wurde, um Klimaschäden in besonders „verwundbaren“ Staaten zu beheben. Dies sagten der Präsident der COP28, Sultan al-Dschaber, und Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) am Donnerstag vor dem Plenum in Dubai.

Das Geld scheint bei der Bundesregierung locker zu sitzen und das mitten in der peinlichsten Haushaltskrise der bundesdeutschen Geschichte. Allein schon der Aufwand für die Massenteilnahme der deutschen Delegation an der Weltklimakonferenz (rund 250 Personen! Insgesamt kommen rund 70.000 Teilnehmer aus aller Welt, zum großen Teil in Privatjets) ist nicht gerade ein Signal der Sparsamkeit in Zeiten des Haushaltsnotstands. Immerhin: Entwicklungsministerin Svenja Schulze reiste nicht mit, sondern war per Video zugeschaltet. Sie sprach von einer „bahnbrechenden Entscheidung für die Verwundbarsten“. 

 

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Während der Bundesregierung also zuhause der große Schuldenfonds für Klimaschutz und Transformation vom Verfassungsgericht gesperrt wird, füllt sie munter einen internationalen Fonds mit deutschem Schulden-Steuergeld. Ein Fonds, das sollte erwähnt sein, in den jede Einzahlung freiwillig ist. Die deutsche Spendabilität passt in das Konzept der Bundesregierung, dem Rest der Welt eine Art leuchtendes Beispiel zu geben koste es, was es wolle. 

Zumindest in den ihr nahestehenden Kreisen der Klimaschutz-Zivilgesellschaft sieht man das auch so. Sabine Minninger, Klimaexpertin von „Brot für die Welt“, nannte die Ankündigung einen „strategisch wichtigen Schachzug“. Die anderen hätten nun „keine Ausrede mehr, sich vor einer finanziellen Ankündigung zu drücken“. Und auch Jan Kowalzig von der Entwicklungsorganisation Oxfam ist begeistert: „So beginnt man eine Weltklimakonferenz.“ Aber natürlich will er mehr. Deutschland solle doch schnell eine Milliarde Euro zusagen.

Scholz relativiert Fossilausstieg

Ähnlich ist auch die Botschaft, die Jennifer Morgan, frühere Greenpeace-Chefin und heutige Staatssekretärin im Auswärtigen Amt und als Sonderbeauftragte für internationale Klimapolitik in Dubai mit dabei, im Deutschlandfunk verkündete: Sie sieht einen „großen positiven Willen“ und dass „viele Länder jetzt vorangehen mit erneuerbaren Energien, mit einem Ausstieg aus den fossilen Energien“. Es gehe auf der COP, so Morgan, darum, „Schritt für Schritt aus den fossilen Energieträgern auszusteigen“. Darum müssten die Kapazitäten der erneuerbaren Energien bis 2030 verdreifacht und die Energieeffizienz verdoppelt werden. Verdreifachung/Verdopplung in sieben Jahren!

Allerdings erwähnt sie nicht, dass kein wichtiges Industrieland den deutschen Weg beschreitet, nämlich zugleich aus den fossilen Energien und aus der Kernkraft auszusteigen. Übrigens klingt selbst der Kanzler längst nicht mehr sehr begeistert vom schnellen Fossil-Ausstieg, wenn er seinen Regierungssprecher vor der Konferenz sagen lässt, „wir“ seien „in einem sehr beschränkten Maße auch nicht komplett gegen eine weitere Ausbeutung von fossilen Energien“.

Der deutsche Klimawandel-Musterknabe glaubt sich also nicht mal selbst. Aber die Welt soll es tun, daher muss das Geld fließen. Dass Deutschlands Regierung durch Haushaltskrise und offiziell zu verkündende Notsituation zu finanziellen Abstrichen an ihren Klima- und Transformationsplänen veranlasst würde, ist also nicht zu erwarten. Das kommt für Morgan gar nicht infrage: „Diese Gefahr sehe ich nicht.“ 

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