
- Radikaler Realist
Nach dem Rückzug von Sahra Wagenknecht ist der Fraktionsvorsitzende Dietmar Bartsch der neue starke Mann bei der Linken. Gibt es mit ihm wieder eine Perspektive für ein rot-rot-grünes Bündnis im Bund?
Wenn Dietmar Bartsch in den vergangenen Jahren über die Zukunft der Linken sprach, sah man ihm manchmal regelrecht an, wie er sich wand. Vor allem dann, wenn er die Eskapaden der Parteilinken und deren Frontfrau Sahra Wagenknecht verteidigen musste. Man sah ihm die Qualen an, wenn er bis zur Selbstverleugnung jenes Machtbündnis zwischen Reformern und radikalen Linken verteidigte, das parteiintern Hufeisen genannt wird und dem er seinen Job als Fraktionsvorsitzender im Bundestag verdankte, zusammen mit Sahra Wagenknecht.
Doch seit Anfang März ist klar, das Hufeisen ist Geschichte. Wagenknecht hat ihren Rückzug vom Fraktionsvorsitz angekündigt, sie will sich auch aus der Führung der von ihr mitbegründeten Bewegung „Aufstehen“ verabschieden. Mit migrationskritischen und europaskeptischen Tönen hatte Wagenknecht versucht, traditionelle sozialdemokratische Wähler von der AfD zurückzugewinnen, und die Linke gleichzeitig mit der Drohung erpresst, gegebenenfalls eine eigene Partei zu gründen. Doch Wagenknecht ist auf ganzer Linie gescheitert und damit auch ihr Ehemann Oskar Lafontaine. Eine Krankheit, die an ihren Kräften zehrt, tat ein Übriges.