DeZIM-Studie - Wenn der Lümmel nach dem Lehrer ruft

Ende vergangenen Jahres hat die Bundesregierung das „Demokratiefördergesetz“ beschlossen. Da kommt es gerade recht, dass eine Studie herausgefunden haben will: Die Deutschen sehnen sich geradezu nach Politpädagogik durch die Bundesregierung.

Demokratie-Unterricht im 19. Jahrhundert / dpa
Anzeige

Autoreninfo

Alexander Grau ist promovierter Philosoph und arbeitet als freier Kultur- und Wissenschaftsjournalist. Er veröffentlichte u.a. „Hypermoral. Die neue Lust an der Empörung“. Zuletzt erschien „Vom Wald. Eine Philosophie der Freiheit“ bei Claudius.

So erreichen Sie Alexander Grau:

Anzeige

Eine Demokratie, die Demokratie fördern muss, hat ein Problem. Denn eigentlich könnte man ja meinen, Demokratie spreche für sich. Hinzu kommt, dass Unzufriedenheit mit der Demokratie ein demokratisches Recht ist. Nur Diktaturen wollen ihre Bevölkerung zu Begeisterung in eigener Sache erziehen.

Das von der Bundesregierung im vergangenen Dezember auf den Weg gebrachte „Demokratiefördergesetz“ stieß bei vielen Kommentatoren daher auf Stirnrunzeln oder – je nach Temperament – einfach nur auf Spott. Die Einwände sind naheliegend. Da ist zum Beispiel der eher formale Kritikpunkt, dass der Staat sich hier in die Meinungsbildung der Bürger einmischt, also in einen Prozess, der ihn definitiv nichts angeht. Viel wichtiger ist jedoch ein ganz praktisches Argument. Denn faktisch wird mit Hilfe des Demokratiefördergesetzes nicht die Demokratie gefördert, sondern linke Politprojekte und Subkulturen mit Milliarden aufmunitioniert.

Der Zweck dabei ist klar: Die Beherrschung des politischen Luftraums. Denn wer bundesweit hunderte Grüppchen und Initiativen finanziert, wer einschlägige Zentren und Institute hochrüstet und so Netzwerke schafft, die Journalisten informieren, Unterrichtsmaterialen erstellen und politischen Bildung organisieren, der herrscht über die Köpfe und die politische Sprache in diesem Land. Und genau das ist das Ziel.

Die Bundesregierung soll lehren, was gute und richtige Demokratie ist

Entsprechend reißt die Kritik an der staatseigenen Demokratiepädagogik nicht ab. Da kommt es wie gerufen, dass das „Deutsche Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung“ (DeZIM) vor wenigen Tagen eine Studie präsentierte, die belegen soll, dass eine große Mehrheit der Deutschen die Demokratie als gefährdet wahrnimmt und sich wünscht, „dass sich die Bundesregierung stärker für demokratische Werte einsetzt“.

Hurra! Besser hätte das Ergebnis ja gar nichts sein können. Das Volk, „der große Lümmel“ (Heine), ruft selbst nach dem Lehrer. Ist das nicht prima? Und es kommt sogar noch schöner: Nicht der Staat oder irgendeine Institution sollen lehren, was gute und richtige Demokratie ist, sondern die Bundesregierung.
 

Mehr aus der Grauzone:


Wenn es nicht so bitter wäre, man käme aus dem Lachen eigentlich nicht mehr heraus: Das unter Federführung der damaligen SPD-Familienministerin Manuela Schwesig aufgebaute DeZIM, finanziell maßgeblich gefördert durch das von der Grünen Lisa Paus geleitete Familienministerium, kommt in seiner Studie zu dem Ergebnis, dass sich die Bevölkerung wünscht, die Bundesregierung möge sich stärker für demokratische Werte einsetzen – Chapeau!

Geradezu perfide ist das Framing, das die Studie vornimmt

Wirklich erschütternd an dieser Farce ist die Offenheit der Studienersteller. Um keinen Zweifel aufkommen zu lassen, was die Studie bezwecken soll, twitterte man beim DeZIM gut gelaunt: „Aktuell berät der Bundestag über ein #Demokratiefördergesetz, das mehr Handlungsspielraum u.a. für #Demokratieförderung & Antidiskriminierungsarbeit schaffen soll. Die Befragungsergebnisse unterstreichen, dass auch die Menschen in Deutschland Handlungsbedarf sehen.“ Volk und Regierung Hand in Hand für Demokratie, das gab es in Deutschland seit 34 Jahren nicht mehr – wie rührend.

Geradezu perfide ist das Framing, das die Studie vornimmt. Auf die Frage „Denken Sie, dass die Demokratie in Deutschland stärker angegriffen wird als vor 5 Jahren?” antworteten beispielsweise knapp 80 Prozent, dass das tatsächlich der Fall sei. Nicht gefragt wurde allerdings, weshalb die Bürger zu diesem Schluss kommen.

Stattdessen suggeriert man, dass 80 Prozent der Bevölkerung sich nach nichts anderem sehen als nach linker Toleranz- und Antidiskriminierungs-Erziehung. Auf den Gedanken, dass es vielleicht gerade Institutionen wie das DeZIM und deren an Propaganda grenzende Elaborate sind, die bei den Menschen den Eindruck aufkommen lassen, die Demokratie sei in Gefahr, kommt man natürlich nicht.

Das DeZIM und seine Netzwerke zeigen sehr schön, wie in Deutschland Politik mit Schlagseite institutionalisiert wird und sich selbst legitimiert. Merke: Nur linke Politprojekte sind demokratisch. Wer sich dagegen wehrt, der ist kein Demokrat und wird mit Hilfe der „Demokratieförderung“ bekämpft. Und das Tolle ist: Die Mehrheit will das so. Na dann ist ja alles gut.

Anzeige