Koalitionspoker in Berlin - Schwarz-Rot kann Deutschlands verwahrloste Hauptstadt retten

Franziska Giffey setzt auf eine Koalition mit der CDU. Die Regierende Bürgermeisterin von Berlin gibt lieber ihr Amt auf, statt weiter mit den Grünen und Linken zu regieren. Das ist eine kluge Entscheidung, die dieser als ökosozialistisches Experimentierfeld missbrauchten Stadt nur gut tun kann.

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Daniel Gräber leitet das Ressort Kapital bei Cicero.

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Die Tage des rot-rot-grünen Senats in Berlin sind offenbar gezählt. Noch pokern die Parteien zwar. Welche Koalition am Ende herauskommt, ist offen. Doch die Noch-Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey hat klargemacht, dass sie ein schwarz-rotes Bündnis mit dem Wahlsieger CDU bilden will. Die Sozialdemokratin würde lieber ihr Amt an den Christdemokraten Kai Wegner abgeben und als Senatorin eine Sprosse auf der Karriereleiter herabtreten als die bisherige Koalition mit Grünen und Linken fortzusetzen.

Für die Hauptstadt wäre ein solches bürgerlich-soziales Bündnis die beste Wahl. Zu offensichtlich ist das Scheitern der sich als progressiv verstehenden linksgrünen Koalition, die Berlin als Experimentierfeld für ökosozialistische Träumereien missbraucht. Drängende Probleme wie die zunehmende Verwahrlosung des öffentlichen Raums, die krasse Wohnungsnot, die heruntergekommenen Schulen, die Integrationsschwierigkeiten bestimmter Migrantengruppen bis hin zur ausufernden Bandenkriminalität arabischer Großfamilien wurden von dieser Landesregierung entweder ignoriert oder durch falsche Politik noch verschlimmert.

Beim Wohnungsbau versagt

Am deutlichsten zeigt sich dieses Versagen bei der Wohnungsbauverhinderungspolitik. Statt alles daran zu setzen, dass neuer Wohnraum entsteht, gab sich Rot-Rot-Grün alle Mühe, bauwillige Investoren zu vertreiben. Angeblich sollten die Enteignungsideen und die vom Bundesverfassungsgericht gekippte Mietpreisbremse dazu führen, dass Wohnen bezahlbar bleibt. Doch es ist genau das Gegenteil eingetreten: Die Mieten steigen und steigen.

Kein Wunder: Es wird in Berlin, das nach wie vor wächst, viel zu wenig gebaut. Hohe Nachfrage und niedriges Angebot bedeutet: steigende Preise. Man kann die Gesetze des Marktes zwar ignorieren oder sogar bekämpfen, aber das Ergebnis sieht man derzeit in Berlin: Der Mietwohnungsmarkt ist regelrecht zusammengebrochen.

Neu-Berliner verzweifeln

Glücklich ist, wer rechtzeitig vom Hausbesetzer zum Hausbesitzer wurde. Im Alternativ-Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg, einer Hochburg der Grünen, keine seltene Karriere. Diese Eigentümer freuen sich über schwindelerregende Wertsteigerungen ihrer einst zu Spottpreisen erworbenen Immobilien und haben gar kein Interesse daran, es Neuankömmlingen einfacher zu machen, eine Wohnung finden.

 

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Ob die Berliner CDU, der ein sehr enges Verhältnis zur örtlichen Bauwirtschaft nachgesagt wird, das Problem lösen wird, bleibt abzuwarten. Wenn die neue Stoßrichtung bauen statt enteignen heißt, kann es aber eigentlich nur besser werden.

Laissez-faire statt Law-and-Order

Das Thema, von dem die Christdemokraten bei der Wahl wohl am meisten profitiert haben, ist die innere Sicherheit. Nach den Silvesterausschreitungen wurde auch manch gealtertem Grünen-Wähler klar, dass hier etwas gewaltig schief läuft. Die verantwortlichen Politiker haben sich mehr Gedanken darüber gemacht, welche antirassistischen Sprachregelungen sie ihren Polizisten mit auf den Weg in die Brennpunktviertel geben statt wie sie dort deren Durchsetzungskraft steigern. Mitverantwortlich für die Misere ist die Berliner Justiz, in der Laissez-faire statt Law-and-Order als Leitbild gilt.

Die Grünen haben in Berlin traditionell ein noch schwierigeres Verhältnis zur Polizei als in anderen Bundesländern. Bei der SPD gibt es inzwischen zwar auch einige, die von Konsequenz und Härte nichts hören wollen und statt auf innere Sicherheit lieber auf diskriminierungssensible Sozialarbeit setzen. Aber in einer Koalition mit der CDU würden sich diese Kräfte kaum durchsetzen können.

Stattdessen wären dann realitätsnähere Sozialdemokraten wie der leider aus dem Abgeordnetenhaus gewählte Tom Schreiber, die wissen, dass gerade das klassische SPD-Klientel auf eine starke Polizei und Justiz angewiesen ist, tonangebend. Und das kann dieser Stadt nur gut tun.

Abschied von Schwarz-Grün

Auch für die CDU, die sich seit Merkels Linksschwenk in einer Selbstfindungskrise befindet, ist die Regierungsbildung in Berlin eine Chance. Sie kann zeigen, dass sie auch ohne die Grünen zu regieren in der Lage ist. Und das sogar besser. Es gibt zwar unter manchen Parteifunktionären eine Sehnsucht nach Schwarz-Grün, die zudem von vielen Journalisten befeuert wird. Fabuliert wird dann gerne über eine Versöhnung der Öko-Bürgerlichen mit den Konservativen. In Wirklichkeit geht es aber vor allem um eine strategische Erweiterung der Machtoptionen.

Doch seit die Grünen in der Ampelkoalition zeigen, wie ernst es ihnen mit dem angekündigten Umbau der Gesellschaft ist, beginnt mancher Unionsstratege umzudenken. Dass Markus Söder, der zwar ständig die Richtung wechselt, aber dabei stets ein gutes Gespür für heraufziehende politische Stimmungen hat, jetzt den Grünen abschwört und stattdessen die CSU als Auto- und Schweinsbratenpartei positioniert, kommt nicht von ungefähr.

Chance für die SPD

Söder (und womöglich auch Giffey) spüren, dass es vielen Wählern bald zu viel werden könnte, was sie im Namen des Klimaschutzes alles ertragen sollen. Also will der bayerische Ministerpräsident sich rechtzeitig von den Grünen distanzieren. Aber auch für die SPD ist es weit über Berlin hinaus wichtig, sich nicht zu sehr an diese Partei zu ketten. Vor allem dann nicht, wenn zum Regieren die Linke notwendig ist.

Rot-Rot-Grün hat in Berlin bei der Wiederholungswahl zwar noch eine knappe Mehrheit erhalten. Darauf verweisen jetzt diejenigen, die von einer Fortsetzung dieser Koalition träumen. Aber die abschreckende Bilanz dieser Regierung zeigt: Sie ist kein Zukunftsmodell. Weder für die Hauptstadt, noch für ganz Deutschland.     

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