
- „Wir mussten die Reißleine ziehen“
Heute sollte die Auflösung des Thüringer Landtags stattfinden und der Weg für Neuwahlen bereitet werden. Doch der Antrag wurde jüngst von Linken und Grünen zurückgezogen. Die grüne Landtagsabgeordnete Madeleine Henfling über ein nur schwer regierbares Bundesland.
Madeleine Henfling ist Landtagsabgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen und Vizepräsidentin im Thüringer Landtag.
Frau Henfling, erst gab es einen Antrag auf Landtagsauflösung in Thüringen, nun ziehen Linke und Grüne ihre Unterschriften wieder zurück. Was macht die politische Situation in Thüringen so instabil?
Schon seit der Landtagswahl 2019 fehlen Mehrheiten in den gewohnten Konstellationen, was die politische Situation anfälliger macht. Dazu kam die Regierungskrise 2020 mit der Wahl Thomas Kemmerichs zum Ministerpräsidenten mithilfe von AfD-Stimmen, die mit dem Landesvorsitzenden Björn Höcke wirklich weit rechtsaußen steht. Auch die Verhärtung innerhalb der Parteien und Lagerkonstellationen helfen nicht sonderlich bei der politischen Entscheidungsfindung.
Jetzt herrscht Chaos hinsichtlich der nun doch nicht stattfindenden Neuwahlen im September. Wen sehen Sie dafür in der Verantwortung?
Nach der Wahl des Ministerpräsidenten im letzten Jahr gab es eine Vereinbarung zwischen Rot-Rot-Grün und der CDU, die die Auflösung des Thüringer Landtags mit einschloss. Bis vor ein paar Monaten zweifelte auch niemand an der Auflösung des Landtags, da der Fraktionsvorsitzende der CDU diese auch zugesichert hatte. Nun haben aber vor ein paar Wochen eben vier CDU-Abgeordnete öffentlich gemacht, dass sie nicht für eine Auflösung stimmen werden. Nach Adam Riese kommen wir damit nur auf 59 anstatt der nötigen 60 Stimmen.
Hat der CDU-Fraktionsvorsitzende Mario Voigt die Absage der vier CDU-Abgeordneten einfach so hingenommen?
Nein, die CDU hat auf der FDP-Seite Stimmen gefischt. Allerdings wollten dann zwei Kollegen der Linkspartei nicht mehr mit abstimmen. Auch wenn ich diese ablehnende Haltung gegenüber der FDP nicht ganz teile, kann ich sie verstehen. Die Auflösung eines Verfassungsorgans ist nun einmal eine Gewissensfrage.
Kennen Sie die Gründe dafür, warum die vier Abgeordneten der CDU ihre Stimmen zurückgezogen haben?