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Die frühere Regierungschefin Myanmars Suu Kyi soll nun wegen Hochverrats verurteilt werden / dpa

Myanmars Militär putscht sich an die Macht - Aung San Suu Kyi soll wegen Hochverrats angeklagt werden

Am Montag hat in Myanmar das Militär die Regierung unter Aung San Suu Kyi mit einem Militärputsch entmachtet. Nun soll die frühere Regierungschefin wegen Hochverrats verurteilt werden. Ihr könnte die Todesstrafe drohen.

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Am Montag haben die Streitkräfte des Landes Myanmar mit einem Militärputsch die Regierungschefin Aung San Suu Kyi entmachtet und festgesetzt. Nun sind die wichtigsten Posten des Landes mit Mitgliedern des Militärs besetzt. Berichten zufolge haben die Streitkräfte entschieden, dass die frühere Regierungschefin Suu Kyi jetzt wegen Hochverrats vor Gericht gestellt werden soll. Ihr wird Betrug bei der letzten Wahl vorgeworfen. Sollte sie des Hochverrats schuldig gesprochen werden, drohen der 75-Jährigen bis zu 20 Jahre Haft oder sogar die Todesstrafe.

Das Kabinett besteht jetzt aus elf Generälen, ehemaligen hochrangigen Soldaten und Politikern einer Partei, die vom Militär gestützt ist. Im November letzten Jahres hatte Suu Kyi und ihre Partei NLD, die Nationale Liga für Demokratie, die Wahlen klar gewonnen. Die EU hat bereits mit Sanktionen gegen die militärische Führung gedroht.

Einjähriger Ausnahmezustand

Die NLD forderte die Freilassung ihrer Vorsitzenden Suu Kyi, die 1991 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde. Wie die „Myanmar Times“ berichtet, sind mehr als 100 Politiker der NLD festgenommen. Wo die Politiker festgehalten werden, ist noch unklar.

Nach dem Putsch hat das Militär einen Ausnahmezustand von einem Jahr über das Land und seine knapp 54 Millionen Einwohner verhängt.

Schon lange Gegenspieler

An der Spitze des Putsches steht der frühere Armeechef Min Aung Hlaing. Er war schon länger ein Gegner der früheren Regierungschefin Suu Kyi und hat nun die oberste Gewalt im Staat übernommen.

Noch am Dienstag wollte der UN-Sicherheitsrat über Konsequenzen beraten, nachdem bereits die 27 Staaten der EU ankündigten, sie würden den Versuch, sich über den Willen der Menschen gewaltsam hinwegzusetzen, nicht hinnehmen. Auf gemeinsam verfolgte, konkrete Maßnahmen konnte sich der Sicherheitsrat jedoch zunächst noch nicht einigen.

Offizielle Begründung wird angezweifelt

Offiziell haben die Putschisten den Vorwuf des Wahlbetrugs als Grund für ihre Machtübernahme angegeben. Dies wird jedoch angezweifelt. Bereits vor dem Putsch fielen dem Militär automatisch 25 Prozent der Sitze im Parlament und wichtige Ministerposten zu. Dies war vor zehn Jahren der Kompromiss bei demokratischen Reformen.

Beobachter nehmen an, das Militär fürchtete mit Suu Kyi um seine Privilegien. Die beliebte Politikerin sprach sich immer wieder für Verfassungsänderungen aus, die das Militär Macht gekostet hätten.

Wegen der gewaltsamen Vertreibung der muslimischen Rohingya aus dem mehrheitlich buddhistischen Land stand die Politikerin international jedoch bereits länger in der Kritik. 

arn / dpa

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Walter Bühler | Fr., 5. Februar 2021 - 15:33

... das Lieblingsspiel der deutschen Journalisten: "die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen".

Aung San Suu Kyi war in unseren Gazetten zuerst eine gute Aktivistin. Sie wurde ja auch mit dem Nobelpreis belohnt. Dann aber hat sie es gewagt, mit dem Militär zusammen zu arbeiten und gegen eine islamische Minderheit ("Rohingya") vorzugehen: flugs wurde sie zur bösen Unterdrückerin. Jetzt kommt sie wieder in den Genuss journalistischer Gnade und wird wieder zur guten Aktivistin.

Die Aktivisten im Ausland, die sich tatsächlich auf ihr moralisches Ranking in unseren Medien verlassen sollten, werden - wenn nicht sehr starke staatliche Interessen unsererseits hinzukommen - bald enttäuscht sein.

Beim Spiel "guter/böser Aktivist" geht es wie bei den Tierfilmen "Löwe/Antilope" nur um den innerdeutschen Unterhaltungswert. Zu mehr reicht die Aufregung nicht.

Ich vermute mal, Frau Aung San Suu Kyi hat das begriffen. Insofern wünsche ich ihr, dass sie die Inhaftierung gut übersteht.