Meyers Blick auf ... - ... Europa

Der Schweizer Journalist, Medienberater und Cicero-Kolumnist Frank A. Meyer spricht mit Innenpolitik-Chef Moritz Gathmann darüber, ob die EU ein Klotz am Bein der Nationalstaaten ist – oder umgekehrt.

Frank A. Meyer

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Romuald Veselic | Do., 27. Mai 2021 - 19:25

wiederholt durch den Kopf gehenlassen, um es richtig zu verstehen.
Denn die Idee von EU in ihrem Ursprung war richtig, nur die Umsetzung, Bürokratie mit der Masse an Bürokraten konterkariert das ganze Monstrum aus ca. 30000 hauptberuflichen Akteuren. Dass ist einfach unerträglich.
Das einzig Positive an der EU sehe ich an Reisefreiheit und bislang noch Euro als Währung, die sich langsam selbst entwertet. Die Schaffung von € ermöglichte erst, dass man bankrotte Länder aus Prinzip retten musste, die den Regularien für Haushaltdisziplin völlig u. bewusst widerliefen, da sie wussten, dass sie gerettet werden. Und hier, ich als Wähler/Individuum, kann nicht entgegenwirken. Ich werde bevormundet, im Namen der abstrakten Allgemeinheit. Mit der Zeit entwickelte sich EU zu einem Organismus (aus meiner Sicht) die mehrheitlich zum Nachteil der darin lebenden Bevölkerung Entscheidungen trifft.

Ich bin sehr früh, vor 1960, für die die Idee der europäischen Einigung begeistert worden. Schief wurde die Sache erst mit der Gründung des sogenannten EU-Parlaments und der " Bundesstaatsideologie ". Seit Maastricht (1992) ist daraus ein Monster geworden. Sie wollen nicht souveräne Staaten in ihren Rechts-, Wirtschafts- und Sozialsystemen " zu höherer Leistungsfähigkeit zum Nutzen der Völker harmonisieren ", sondern über eine Fehlkonstruktion, die post-demokratische, föderale Exekutiv-Diktatur, " zentralisieren. Alles über ernannte Parteifunktionäre und " überwacht " von durch die Exekutiven platzierten Günstlingen in Kommission, Verwaltung und natürlich auch im sogenannten Parlament. Die gegen jede Grundsätze von Gleichheit und Fairness veranstalteten Wahlen sind ein Theater zur Vorspiegelung einer Demokratie-Illusion. Wenn es keine massiven, strukturellen Reformen gibt, dann wird das Monster scheitern.

Ernst-Günther Konrad | Fr., 28. Mai 2021 - 08:42

Uih, Herr Meyer, da bin ich aber nicht in allen Punkten Ihrer Meinung. Wenn Sie Ihre Ausführungen dahingehend verstanden haben wollen, in dem Sie den Ursprung der EU skizzieren und beurteilen, kann ich Ihnen folgen. Aber, wenn ich den derzeitigen Zustand der EU in der Gegenwart betrachte, kann ich Ihren Ausführungen nicht mehr folgen. Viele Entscheidungen in der EU gehen deutlich an nationalstaatlichen Interessen vorbei und berücksichtigen eben nicht mehr die demokratisch gewählten Regierungen bzw. deren jeweiligen Meinungen in den Wahlvölkern. Ja, man muss Kompromisse schließen, aber kein Volk der EU will seine eigene Identität verlieren oder schleifen, zu Gunsten einer europäischen Solidarität. Nein, nicht die EU hat beim Impfdesaster zuerst versagt, sondern z. B. Deutschland, weil es das dem Bürokratiemonster EU überlassen hat. Und Johnson hat bei allen Fehlern, die fast jeder machte zu Anfang, da gehandelt und entschieden, wo andere noch den Impfball übers Netz schlugen.

Inwiefern unterscheiden sich die nationalstaatlichen Interessen Deutschlands von denen Österreich, oder denen Spaniens?
Die einen tragen vielleicht lieber Lederhosen, die andern tanzen lieber Flamenco. Aber kulturelle Unterschiede gibt es auch zwischen Nordfriesen und Bayern. Letztere sind den ausländischen Österreichern näher, Erstere den Dänen.
Kurz: Nationen sind künstliche, keine natürlich gewachsenen Gebilde. Die man jederzeit verändern kann.
Weiter: Die EU ist bürokratisch? Warum? Weil sie so, wie sie ist, sämtliche "Wenns" und "Aber" der Nationalstaaten berücksichtigen muss. Sie ist nicht mehr als das Resultat dessen, was die einzelnen Staaten zulassen. Das bessert man nicht, indem man die EU zerstört, sondern sie reformiert. So, wie man Fußpilz nicht kuriert, indem man den ganzen Fuß abschneidet.

Kommen wir zur wirklichen Debatte abseits irgendwelcher europafeindlichen D-Exit-Wünsche.
Europa kann gegen die Großmächte nur vereint UND integriert existieren.

End of message.

Er - als Schweizer - zahlt ja nicht die Zeche für dieses monströs teure Experiment.

Wer hat denn schon etwas dagegen, daß sich die europäischen Völker einander
annähern, auf allen Feldern voneinander lernen und sich freundschaftlich begegnen?
NIEMAND! Es sei denn, er ist ein Idiot oder Misanthrop.
Wenn Finnen u. Spanier, Slowenen u. Griechen usw. sich treffen, sich über alles Mögliche (Verbesserungen in Technik, Kunst und Kultur usw.) austauschen u. eng wirtschaftlich zusammenarbeiten - natürlich ist das wunderbar!!!

Aber darum geht es bei der EU ja schon lange nicht mehr.

Das Monster in Brüssel ist inzwischen ein verkorkstes Kunstprodukt, das die Grenzen des Machbaren (Vernünftigen) überschritten hat u. daher scheitern m u ß.
Allen Ländern, die in der EU (wie sie heute ist!) drinbleiben,
werden bald die Zeche für ihre Dummheit zahlen - vor allem Deutschland, der größte
Finanzier. Die Schweiz kann da relativ ruhig zugucken. Ihr "Franken" geht niemals
komplett den Bach runter.

Markus Michaelis | Fr., 28. Mai 2021 - 19:48

bin ich da. Aus meiner Sicht fehlt der EU eine gemeinsames Grundverständnis einer genügenden Anzahl ihrer Bürger. Das kann wachsen - muss aber nicht, in den Nationalstaaten nimmt dieses gemeinsame Grundverständnis eher ab. Dort wo am meisten transnationale Gemeinsamkeit da ist, versteht man sich oft eher kosmopolitisch-universell als speziell europäisch. Die EU steht in einer Welt im Umbruch und hat hier noch keinen Platz, der von einer politisch tragfähigen Mehrheit der Bürgher mitgetragen wird. Ich denke, dass vieles sehr offen ist, was aus der EU wird, wohin sie sich entwickelt, wie sich die Menschen in der EU entwickeln, woran sie glauben, worin sie Vertrauen haben. Da sehe ich mehr Prozess und Umbruch als tiefe Stabilität.