
- Die Real-Idealistin
Österreichs Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) weist bislang keine russischen Diplomaten aus. Sie gilt als kundig wie konfliktfreudig – und hat als Quereinsteigerin keine Erfahrung mit echter Politik. Kann das gut gehen? Ein Porträt
Es ist ganz offenbar ein menschliches Phänomen: Rückkehrer haben es schwer in Österreich. Wer einmal die Gruppe, die Gemeinde oder die Organisation verlässt, wird von den Zurückgelassenen meist wenig charmant beurteilt. Karin Kneissl kennt das aus eigener Erfahrung gleich doppelt.
Vor rund 20 Jahren tat Kneissl das, was echte Österreicher nie tun: Sie verließ das Außenministerium und damit eine sichere Beamtenlaufbahn, die in Wien gern „geschützter Bereich“ genannt wird. Warum? Sie hatte die enge Welt des Wiener Außenamts, das nach mehr als 100 Jahren als letzter Rest einer einstigen geopolitischen Großmacht übrig ist, satt. Der Anlass: Kneissl war von ihrem Vorgesetzten gefragt worden, ob sie nicht in die Botschaft nach Madrid wechseln könnte. Immerhin spreche sie doch Italienisch. Aber Kneissl wollte nicht. Sie hatte sich nämlich für die Botschaften in Budapest und Damaskus beworben. Aus gutem Grund: Die studierte Juristin und Arabistin spricht seit ihrer Kindheit Arabisch, Ungarisch lernte sie damals gerade. 20 Jahre später kehrte Kneissl nun zur Überraschung vieler als Parteilose an die Spitze des Außenministeriums zurück.