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Weil das Wasser knapp war, musste in Lauenau die Feuerwehr aushelfen / dpa

Trinkwasserengpass in Lauenau - „Der Verbrauch ist exorbitant gestiegen"

Weil das Wasser im niedersächsischen Lauenau knapp ist, muss sich die Gemeinde an strenge Sparvorgaben halten. Grund dafür ist neben der Trockenheit auch der erhöhte Wasserverbrauch zu Corona-Zeiten.

Autoreninfo

Johanna Jürgens hospitiert bei Cicero. Sie studiert Publizistik und Literaturwissenschaft an der Freien Universität Berlin. Zuvor arbeitete sie als Redaktionsassistenz beim Inforadio des RBB.

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Veit Look ist der Ortsbrandmeister der Feuerwehr in Lauenau, die die Anwohner derzeit mit Wasser versorgt. 

Herr Look, fließt das Wasser in Lauenau wieder? 
Es floss eigentlich die ganze Zeit, bis auf ganz wenige Ausnahmen. Ein paar höher gelegene Haushalte hatten vielleicht ein bis zwei Stunden kein Wasser. Es war aber so, dass der Hochbehälter, der eigentlich als Wasserspeicher dient, wirklich komplett leer war. Das Wasser ist aus der Quelle direkt in die Leitung gepumpt worden.

Musste die Lauenauer Feuerwehr nicht die Haushalte mit Wasser versorgen?
Das war eine Maßnahme, um den Leuten Wasser anzubieten für all das, was sie sonst mit Trinkwasser tun, jetzt gerade aber nicht sollten. Die Maßgabe war eigentlich, das Trinkwasser beispielsweise nicht für die Gartenbewässerung zu nutzen, oder um Pools zu befüllen. Für den normalen Wasserbedarf, also trinken, waschen und kochen, dafür war die Versorgung auch jederzeit gesichert. 

Wie viel dürfen die Anwohner derzeit verbrauchen im Vergleich zum Normalverbrauch? 
Wenn jeder bei dem Normalverbrauch bei kühleren Temperaturen liegen würde, wäre die Versorgung gesichert. Das Problem war, dass die Entnahmen exorbitant gestiegen sind und die Reserven aus dem Hochbehälter einfach weg waren. Wir hatten aber mitunter eine dreifache Entnahmemenge, verglichen mit dem Normalverbrauch an warmen Tagen. 

Woran lag das? 
Das ist eine gute Frage, da kann man jetzt natürlich wunderbar spekulieren. Wir haben es uns so erklärt, dass mehr Personen im Ort sind, die sonst um diese Jahreszeit im Urlaub wären. Die coronabedingt zwar frei haben, aber nicht weggefahren sind. Wer sich dann den Garten schön macht, verbraucht schnell mehr Wasser. Viele Supermärkte hatten im Frühjahr große Pools im Angebot, die scheinen reichlich verkauft worden zu sein. Ich bin jetzt auch ein kleiner Wasserwerker geworden: Der Durchschnittsverbrauch pro Einwohner liegt irgendwo bei 120 Litern und so ein Pool hat manchmal 5.000 bis 10.000 Liter. Da hat man schnell mal 50 oder 100 Einwohner mehr - pro Pool. 

Veit Look von der Feuerwehr Lauenau
Veit Look / privat 

Wie kontrolliert die Stadt den Wasserverbrauch der Anwohner? Jetzt, wo das Problem nicht mehr akut ist und die Sparsamkeit nachlässt? 
Ja das ist auch unser Problem. Deswegen rufen wir auch weiterhin dazu auf, sparsam zu sein. Wir geben auch noch immer Brauchwasser aus, damit die Bevölkerung weiterhin sensibilisiert bleibt. Das scheint im Moment auch gut zu klappen. Eine Kontrolle des Einzelverbrauchs ist aber so nicht möglich.

Lauenau hat aber bereits Bußgelder von bis zu 5.000 Euro für Wasservergeudung angesetzt. Wie will die Gemeinde das sanktionieren, wenn es sich doch nicht kontrollieren lässt? 
Das ist der Grund, warum diese Bußgelder bisher auch noch nicht verhängt wurden. Im Moment versucht man, es bei der Drohung zu belassen und hofft, dass die Leute mitspielen. Das funktioniert ganz gut.

Und wie ist die Stimmung in Lauenau? Ein heißer Sommer und eine noch andauernde Pandemie sind ja nicht die besten Bedingungen für Engpässe in der Wasserversorgung. 
Wir hatten eigentlich die ganze Zeit Wasser in den Haushalten. Zum Duschen und Händewaschen hat es also immer gereicht. Wir mussten jedoch eine Warnung aussprechen, weil der Speicher leer war. Der Effekt einer Warnung ist natürlich immer, dass Leute Reserven anlegen, also den Wasserhahn aufdrehen und die Badewanne volllaufen lassen. Zu Anfang ging der Verbrauch also noch weiter hoch, bis schließlich kein Wasser mehr da war. Der Brunnen hat jedoch weiterhin wie ein Uhrwerk Wasser geliefert und uns so dann über die Runden gerettet. Ein Teil der Lösung bestand auch darin, dass auch die Nachbarorte Wasser gespart haben. Aus Solidarität, aus Einsicht, aber vielleicht auch einfach aus der Angst, der Nächste ohne Wasser zu sein. Das führte dazu, dass deren Hochbehälter, der mit unserem verbunden ist, plötzlich fast voll war und der Wasserversorgungsverband Nordschaumburg dann in der Lage war, Lauenau zu stützen.

Die Probleme mit der Trinkwasserversorgung sind derzeit nur lokal und temporär. Wie lange werden die Bewohner von Lauenau ihren Verbrauch noch auf ein Minimum beschränken müssen?
Im Moment ist die Lage stabil, wir konnten alle Akutmaßnahmen bis auf die Brauchwasserversorgung vorerst beenden. Wenn aber erneut Verbrauchsspitzen auftreten, kann sich das auch wieder ändern. Man muss aber dazu sagen: Das Problem ist nicht nur lokal, sondern durchaus auch weiter verbreitet, als man glaubt. Ich glaube, viele Wasserversorger hatten ähnliche Probleme, wenn auch nicht ganz so schlimm wie wir. Das mit der Warnung ist allerdings immer ein zweischneidiges Schwert: Wenn man nichts sagt, kann der Bürger auch nichts ändern, sagt man was, steigt der Verbrauch erst einmal weiter an. Von daher kann das auch eine Taktik sein, um zu verhindern, dass so ein Effekt eintritt. 

Prof. Ulrich Roth, ein Experte für Wasserwirtschaft, sagte im heute journal, Deutschland habe kein grundsätzliches Problem mit der Trinkwasserversorgung in Deutschland. Wie sehen Sie das?
Also ich finde grundsätzlich sollte man mal darüber nachdenken, dass Trinkwasser auch ein Lebensmittel ist, das aufwändig hergestellt wird. Meine anderen Lebensmittel kippe ich auch nicht in Pool und Garten.

Was gäbe es denn für Lösungen, derartigen Versorgungsproblemen zukünftig vorzubeugen? Liegt die Verantwortung, den Verbrauch zu reduzieren, allein bei den Haushalten?
Der Bürger hat seinen Verbrauch in den letzten Jahren schon reduziert. Laut den Wasserwerken sind es statt 150 Litern pro Person und Tag mittlerweile „nur“ noch 120 Liter. Das liegt aber auch daran, dass weniger gebadet wird und Geräte wie Spül- und Waschmaschinen immer weniger Wasser verbrauchen. Ich denke mal, wir werden in der Zukunft, wenn die Sommer weiterhin so trocken sind, schon über Dinge wie Brauchwasserversorgung in Häusern nachdenken müssen, die dann zum Beispiel die Toilettenspülung übernimmt. Eine mittelfristige Lösung für Lauenau wird sicherlich sein, dass wir im Umkreis noch zwei weitere Brunnen installieren. 

Viele dieser Pools, die in diesem Jahr besonders beliebt zu sein scheinen, haben ja mitunter ein sehr großes Fassungsvermögen. Ironischerweise wird da immer wieder die Feuerwehr angefragt, um beim Befüllen zu helfen. Ihre Wache auch? 
Zum Glück nicht, da hätte ich auch ein großes Problem mit. Das Wasser, das wir in den Löschfahrzeugen haben, wird auch über die Trinkwasserleitung gefüllt, damit der Tank halbwegs sauber bleibt.

Hatten Sie dann jetzt als Feuerwehr auch Schwierigkeiten, die Sicherheit zu gewährleisten? Sind sie im Falle eines Brandes in der Lage, diesen aus eigener Kraft zu löschen? 
Wir haben in den Löschfahrzeugen, die in Lauenau stehen, erstmal 5.000 Liter Wasser vorrätig. Das würde erstmal reichen. Wir haben noch weitere in der Samtgemeinde, da kommen wir ungefähr auf 20.000 Liter, die in Tanks vorhanden wären. Und wir haben Fahrzeuge mit viel Schlauchmaterial, sodass wir die Wasserversorgung auch über längere Wegstrecken organisieren können. 
 

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Hans Jürgen Wienroth | Mi., 12. August 2020 - 18:55

Ob unser Trinkwasser knapp wird, weiß ich nicht. Ich stelle mir jedoch seit einigen Tagen die Frage, wo das Wasser für unsere künftige Wasserstofftechnik herkommt, mit der wir unseren „überflüssigen“ Strom sinnvoll speichern wollen. Eine der ersten Anlagen soll samt Windstromgewinnung im niedersächsischen Salzgitter entstehen und dort die energieintensive Stahlproduktion ergrünen lassen.
Die nahegelegenen Harzwassertalsperren sind nur zur Hälfte gefüllt, letztes Jahr war es noch weniger. Wenn jetzt die Trockenheit weiter zunimmt, woher kommt dann das Wasser für die Wasserstoffgewinnung? Können wir auch dafür „Brauchwasser“ verwenden? Wäre es da nicht sinnvoller, diese Energiequelle am Meer mit genügend Wasser und Windstrom zu errichten? Kann man Meerwasser in genügender Menge ansaugen, ohne dabei die Fische mitzureißen und zu töten?
Haben unsere grünen Politiker mit den Umwelt- und Energieexperten darauf Antworten?

gabriele bondzio | Mi., 12. August 2020 - 20:17

in den letzten Jahren schon reduziert."...Trinkwassr ist ja auch teuer geworden. Und wer weis schon ob dies das Ende der Fahnenstange ist. Wer rechnet, wird es bestimmt nur im äußersten Notfall im Garten verwenden, denn Abwasser zahlt man auch mit darauf.
Regenwasser über die Dachrinnen aufzufangen, ist schon seit Jahren mein Ziel. Es ist schade es weglaufen zu lassen. Und das werden wir noch weiter ausbauen. Eine gewisse Unabhängigkeit kann nie schaden.

Der Coronahype beginnt allmählich abzunehmen, bzw. der Widerstand gegen unverständliche Massnahmen wächst. Also muss ein neuer Aufreger her. Es wird eine Wasserknappheit herbei geschrieben, obwohl Deutschland das wasserreichste Land der Welt ist. Wie wird die Politik reagieren? Eine kleiner Wassersolidaritätszuschlag für jeden Haushalt pro Person, und schon ist das Problem der Wasserknappheit erledigt. Next!

John Doe | Do., 13. August 2020 - 10:30

Lauenau ist stark am wachsen. Es gibt viele Neubauten und es siedelt sich dort auch mehr Industrie an. Vermutlich hat der Wasserversorger es noch nicht für nötig befunden die Wasserversorgung aufzustocken. Aber es ist immer angenehmer Corona, dem Klima oder den Bürger den schwarzen Peter zuzuschieben.

Gleich ob Corona oder Klimawandel - so bald es um Themen geht, die einer bestimmten Klientel nicht in den Kram passen, wird geleugnet und verharmlost.

Selbst im Focus-Artikel ist von "immer mehr Hitzetage(n) im Sommer" die Rede.

Bei einem Thema wie Migration dagegen kann die "Hysterie" gar nicht groß genug sein.

Beate Weikmann | Fr., 14. August 2020 - 10:28

Das der Wassermangel in Deutschland auch was mit dem Handelsabkommen mit Japan zu tun hat. Zitat von Sven Gigold: „ Still & heimlich haben gestern die EU-Länder den EU-Japan-Handelsvertrag abgenickt! Ohne öffentliche Debatte, ohne Kritik! Dabei ist #JEFTA unsozialer als #CETA, es fördert die Liberalisierung des Wassers. Jetzt muss das EU-Parlament den Kurs ändern!“

Kristian Neitsch | Fr., 14. August 2020 - 19:39

Eine Fehlplanung? Wenn mal alle da sind, ist das Wasser alle? Unverschämtheit von den Bewohnern einfach so mal da zu sein. Wasserreserven sollten auch bei Vollnutzung nicht nur drei Wochen sondern, mit den projektierten (konservativen) Zuläufen, wenigstens ein dreiviertel, bestenfalls zwei-drei Jahre reichen. Geht das nicht, muss man sich um Anschluss anderswo bemühen. Klar, teuer, aber dafür gibts die Versorger. Im eigenen Keller einen Brunnen bohren kann ich auch so.