Domitz-Eisenbahnbrücke an der ehemaligen innerdeutschen Grenze, Mecklenburg-Vorpommern / dpa

Reiner Haseloff liest ... - Das politische Buch

Der Literaturwissenschaftler und Publizist Dirk Oschmann hält das Land für tief gespalten in Ost und West. Reiner Haseloff, Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, hat Oschmanns jüngstes Buch „Der Osten: eine westdeutsche Erfindung“ für uns gelesen.

Autoreninfo

Reiner ­Haseloff ist seit 2011 Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt. Zuvor war er dort Minister für Wirtschaft und Arbeit.

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Im Jahr 1999 erschien in der taz ein Essay von Jens König. Unter der Überschrift „Wie der Westen den Osten erfand“ kritisierte der Autor die „Selbstinszenierung der alten Bundesrepublik“ und konstatierte: „Das vereinigte Deutschland ist politisch, ökonomisch und sozial gespalten.“ Auch knapp 25 Jahre später ist diese Debatte nicht verstummt.

Vom „Osten als einer westdeutschen Erfindung“ und von einer dem Osten vom Westen auferlegten Identität, die unsere Gesellschaft spalte, spricht auch Dirk Oschmann, Literaturwissenschaftler an der Universität Leipzig, in seinem gleichnamigen Buch. Es handelt sich also keineswegs, wie der Ullstein-Verlag meint, um eine „längst überfällige Debatte“. Sie wird schon sehr lange geführt. Und es gibt – viel zu langsam allerdings – durchaus Fortschritte.

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Gabriele Bondzio | Mo., 3. April 2023 - 13:53

„Statt auf Differenzierung und Relativierung setze ich auf Zuspitzung, Schematisierung und personifizierende Kollektivsprechweise, damit etwas klar erkannt werden kann, was sonst bestenfalls unscharf, wenn nicht gar unsichtbar bleibt.“...sagt Oschmann bewusst zu seinem Buch.

In einem Punkt gebe ich ihm schon recht, die Ostdeutschen waren (nach einer euphorischen Feier, wo sich alle in den Armen hielten) im Nachgang oft die armen-teils beschränkten Verwandten.

Das wurde besonders gerne politisch so dargestellt. Siehe den Punkt "Bundesbeauftragter für Ostdeutschland"

Ich würde das aber nicht raumgreifend auf Normalbürger festmachen.

Wir haben dafür den Westdeutschen Bürger eine Eigenschaft voraus...gelerntes Improvisationstalent.
Was in kommenden Zeiten des Mangels sehr nützlich sein kann.

Naumanna | Mo., 3. April 2023 - 14:06

"Der Fuchs ist schlau und stellt sich dumm, beim Wessi ist es andersrum." Ein wunderschöner Witz aus dem Osten, in dem viel Wahrheit verborgen liegt. Leider gab es kein wirkliches Konzept zum Zusammenwachsen von Ost und West. Statt dessen wurden die Ostdeutschen einer unsäglichen Überheblichkeit der sogenannten Wessis ausgesetzt, die auf Sand gebaut war. Inzwischen ist vieles anders geworden und man erkennt manchmal gar nicht mehr, welche Wurzeln dieser oder jene hat.
"Wir wollen sein ein einig Volk von Brüdern, in keiner Not uns trennen und Gefahr... Wir wollen trauen auf den höchsten Gott und uns nicht fürchten vor der Macht der Menschen." lässt Schiller den Rütlischwur erklingen. Das hat schon was, das wär schon was. Vielleicht passiert es ja mal in Zukunft.

Günter Johannsen | Di., 4. April 2023 - 11:41

Antwort auf von Naumanna

diesen "Witz" in die Welt gesetzt haben?
Leute, der die Hängematte genommen wurde, oder linXvernebelte Revanchisten, die ihre Macht und Pfründe vermissen ... ?!!

Jost Bender | Di., 4. April 2023 - 15:50

Antwort auf von Naumanna

Diese ganze Ossi-/Wessi- Polarisierung ging übrigens urspr eindeutig vom Osten aus: "Der Wessi" ist eine 'Ostdeutsche' Worterfindung zum Zweck der Diffamierung / Bespöttelung ...
Die Umkehrung 'Ossi' gab es dann erst deutlich später als Retoure - und führte sofort sowohl zu Gefühlen der Kränkung - wie zugleich zur Bildung eines Identitätsgefühles aus der Betonung der Differenz.
Solche und andere 'Witze' zeigen ebenso wie die oben zitierte 'Streitschrift' einen Mangel an Differenzierungswillen & an geschichtlicher Ehrlichkeit.
Sowohl das Tempo, als auch die Richtung der Einheit wurden letztlich nicht von 'westdeutschen Eliten', sondern von der Bevölkerung der heute 'neueren' Bundesländer bestimmt: „Kommt die DM bleiben wir, kommt sie nicht geh'n wir zu ihr!“, "Einheit jetzt!", u.v.a. Willensäußerungen mehr, wie die Ergebn. der VK-Wahlen zeigten das faktisch eindeutig. Das Bedürfnis, nachtr. alles als eine Verschw. westd. Eliten zum Nachteil 'des Ostens' zu erzählen, ist jämmerlich

Ingo frank | Mo., 3. April 2023 - 14:17

Land.
Ja und nein. Wir im Osten des Landes haben uns viel mehr mit dem Westen als umgekehrt beschäftigt bis vielleicht auf den Teil der DDR den man das „Tal der Ahnungslosen“ nannte wo kein medialer Westenpfang von TV od. Radio möglich war. Und sind wir ehrlich als die Einheit absehbar war, wurden wir in Wirtschaft & Verwaltung mit der 2. & 3 Garnitur, die im Westen wenig oder nichts geworden sind zugeschwemmt. Die Macht der alten SED ler wurde als Gesprächspartner akzeptiert. (Treuhand) Die die in der DDR ohne Parteibuch SED keine Karriere machen konnten denen hat man flugs Wessis vor die Nase gesetzt. Bis auf wenige Ausnahmen war das so.
Und so gingen dann viele in die Altbundesländer in den Mittelstand. Und die wollten nur gut ausgebildete Facharbeiter & Ingenieure und die hatten wir!
Ich habe keinerlei Probleme mit meinem AG in NRW gehabt, im Gegenteil nach relativ kurzer Zeit wurde Wissen & Einsatz finanziell belohnt.
Politisch? Ist es kein Wunder so wie es jetzt ist.

Günter Johannsen | Mo., 3. April 2023 - 14:29

"Nicht nachvollziehbar und ahistorisch ist die Behauptung von einer Entmündigung des Ostens erst „durch Besatzung und Diktatur“ und dann seit 1990 durch den Westen."
Dieser Schwachsinn kann eigentliche nur von SED/LINKE-Revanchisten und deren Komplizen im Westen (Grüne/RAF-Sympathisanten) kommen, die das Rad der Geschichte zurück drehen wollen. Insgeheim freuen die sich auch über Putins Absichten, den alten Ostblock und den Eisernen Vorhang wieder zu errichten. Deshalb reden die auch von Frieden, den man mit dem Stalin-Nachfolger machen muss. Die Revanchisten sehnen sich nach ihren allmachvollen Ämter mit den dazugehörigen Pfründen. Daraus, Genossen Linksfaschisten, wird nix ... nie und nimmer! Eigentlich solltet Ihr froh sein, dass es 1990 kein Tribunal - wie nach der NS-Herrschaft - gegeben hat. Die verdiente Sanktionierung für MfS-Schwerverbrecher steht leider bis heute aus. Aber keine Sorge: die Aufarbeitung des SED-Regimes samt der Verbrechen gegen die Menschlichkeit kommt!

Ingo frank | Mo., 3. April 2023 - 14:36

gespaltenes Land
Politisch sind die Erfolge der AFD im Osten für mich mehr als nur erklärbar so wie es ab 2015 in diesem Land ablief.
Nach den Umwälzungen musste ein großer Teil auch erst einmal die Schattenseiten der West Demokratie kennenlernen der bei sehr vielen mit dem Verlust des Arbeitsplatzes begann Da
musste man sich selbst helfen. Und da unser Haus gerade mal 3 Jahre Stand musste der nun zwar hälftige Kredit aber mit mehr als dem doppelten Zinssatz versehen zurückgezahlt werden. Ölheizung neu einbauen, die undichten Fenster nach 2 Jahren, das Schindeldach nach 5 Jahren erneuern Das heißt Arbeiten, Arbeiten, Arbeiten. (Vor etwa 3 Jahren wieder Fenster 3- Fach Verglasung + gedämmte AL Jalousien , gedämmte Eingangstüren und neuer Fassadendämmputz um dann bei Renteneintritt Ruhe zu haben. Derzeitige Renovierung Treppenhaus inkl. neuer Treppen Decken & Möbel. Alten gerechtes Bad mit Popo Waschanlage auch auf eigene Kosten bereits seid 60 . Geb. fertig. Und jetzt noch der Robert

Ernst-Günther Konrad | Mo., 3. April 2023 - 15:01

Was lernt die UNION daraus? Haben die "Wessis" jemals die "Ossis" verstanden? Das nach der Wende Wessis in den Osten gingen, um mitzuhelfen Strukturen aufzubauen und Verwaltungen entstehen zu lassen, die DDR-Bürger ins Boot zu holen, war sicher ein vernünftiger Gedanke. Doch etliche wurden dorthin geschickt, weil sie im Westen nichts mehr werden konnten oder aber durch neue Netzwerke ihre Vorteile suchten und den Bürger an sich, nie richtig verstanden haben. Nicht alle, aber sicher einigen der Wessis ging es um die eigene Karriere. Etliche beauftragte Regierungsbeauftragte haben sich selbst die Taschen vollgemacht, ich denke nur an die Treuhand. Was die Bürger wollten wurde nur dann gehört, wenn es den eigenen Interessen diente und man sie politisch vereinnahmen konnte. Nach meinem Empfinden hatten einige Vorgänge den Charakter einer "feindlichen" Übernahme, statt ein Zusammengehen auf Augenhöhe. Es hätte was werden können und nun sind die "Ossis" alle "braun", weil sie aufmucken.

Sie haben in großen teilen recht!
Aber: viele meiner Landsleute aus der untergegangenen DDR haben sich von des SED-Revanchisten einlullen lassen. Diese Genossen hatten nämlich keinerlei Bock, sich auf das freiheitlich-demokratische System des Westens einzustellen. Zu faul? Zu verhetzt? Zu unfähig, echte Argumente zu bringen? Zu dumm? Vielleicht alles zusammen?
Als Jugenddiakon hatte ich seinerzeit meinen Jugendlichen, die mit Ausreise in den Westen (abhauen nannten wir das) liebäugelten, erklärt: Du musst dir das
genau überlegen. Hier im Osten musst du nicht viel arbeiten ... kannst viele Pausen machen, verdienst aber auch wenig und kannst auch nur in die CSSR oder bestenfalls Ungarn reisen. Im Westen musst du was können ... musst ranklotzen, dann verdienst du gut - kannst in der Freizeit in die Welt reisen. Aber geschenkt bekommst du nix. Durch meine Kontakte in der Partner-Kirchgemeinde in Essen wusste ich das so darstellen. Und es stellte sich nach 1989 raus: ich hatte recht!

Karl-Heinz Weiß | Mo., 3. April 2023 - 15:11

Die vielfach gezeigte westdeutsche Überheblichkeit (abseits von den "blühenden Landschaften") muss ich -leider- bestätigen. Als ich Anfang der 90er bei einem Erfahrungsaustausch die Frage stellte "wie haben Sie das früher gemacht", erntete ich ungläubige Blicke. Interessiert sich tatsächlich jemand für unsere Erfahrungen ?

Urban Will | Di., 4. April 2023 - 08:40

Einheit“ - dahingehend, dass wir uns als einheitliches Volk sehen, mit all seinen Stärken und Schwächen und vor allem mit all seiner Vielfalt an Meinungen und Einstellungen – eher wieder rückwärts geht, liegt in erster Linie an der Arroganz des Westens.
Seit unter Merkel der Trend des Politischen sich zurück entwickelt hat in Richtung sozialistischer Bevormundung (unter bürgerlich – grünem Deckmantel) und sich das nun unter der Ampel zu offen dargelegtem links – grünen Real – Sozialismus verbunden mit Planwirtschaft und geisteskranker Gesellschaftspolitik entpuppt hat, meint man auch noch, den Osten, der den ganzen Unsinn 40 Jahre lang erdulden musste, erneut „bekehren“ zu müssen und wundert sich, dass man dort politisch anders denkt und wählt.
Und da war das Hohlgeschwätz eines Bundespräsidenten („Dunkeldeutschland), weil dort mal einige ausflippten angesichts der geisteskranken Politik, gewiss nicht hilfreich.
Es bedarf nicht nur Streitschriften, es bedarf eines erneuten Aufstandes.

Klaus Damert | Di., 4. April 2023 - 10:41

Mal eine ungewohnte Blickrichtung. Die unterschiedliche, vor allem wirtschaftliche, Entwicklung der beiden deutschen Staaten konnte gar keine andere Lösung als die Unterwerfung des schwächeren Partners zulassen. Man könnte das auch als freiwillige Kolonie betrachten. Wie wohl alle anderen Kolonien brachte das den Kolonisierten materiellen Wohlstand, wenn auch den weitgehenden Verlust der Selbstständigkeit. Das mag man beklagen, ist aber wohl Lauf der Dinge und sollte aktiv und selbstbewußt gestaltet werden. Mit moralischen Appellen ändert man nichts. Das wirkliche Problem scheint mir die Selbstgefälligkeit des Siegers zu sein, dem nun die (vermeintliche) Konkurrenz fehlt und der sich augenscheinlich in eine dirigistische Richtung entwickelt (Pandemie, angebliche Klimakrise) und damit sein früheres Erfolgsmodell der freien sozialen Marktwirtschaft aufgibt. Konkurrenzfähig gegenüber anderen Industriestaaten ist das nicht, schlimmstes Beispiel ist das Bildungssystem.

Dorothee Sehrt-Irrek | Di., 4. April 2023 - 12:36

sollte man nicht selbstgerecht werden.
Ich möchte nur erläutern, dass es DEN Wessi vlt. nicht gab?
Wieviele Millionen Flüchtlinge aus dem Osten fanden dort nach ´45 eine neue Heimat, begleitet auch von großen Schwierigkeiten?
Herr Genscher, Prof. Biedenkopf waren keine Wessis, eigentlich eher Wossis, von Beginn an.
Es gab zwar große Anstrengungen, mit der DDR auf Augenhöhe zu Konfliktlösungen zu kommen, bis hin zur Anerkennung, aber die DDR galt im Westen nicht als anderes Land, sondern als Deutschland.
Eine Wiedervereinigung bezahlt man nicht aus der Portokasse und die EU riss sich evtl. nicht die Beine aus?
Schröder verhinderte durch Hartz 4 auch enorme Strafzahlungen für Deutschland?
Noch warten, bis die EU Zutrauen gefasst, Deutschland massiv entlastet hätte?
Es mußte schnell gehen, weil der Osten keine längere Zweigleisigkeit geduldet hätte.
Die "Kur" war brutal und voller Fehler.
Segen, wenn weniger Menschen vor Züge springen.
Ihr seid jetzt selbstbestimmt in der Bundesrepublik

Ich hebe mit Begeisterung Willy Brandt in Eberswalde live gesehen und gehört, als er auf dem Marktplatz seinen berühmten Satz zu den Volksmassen Massen sprach: "Der Zug zur Deutschen Einheit rollt. Wir müssen aber aufpassen, dass keiner unter die Räder kommt."
Leider ist die SPD dann dem Willen zur Macht erlegen und hat ihre Ziele (sozial und demokratisch mit der eigenen Bevölkerung) der linXen Einheitsfront geopfert!

Günter Johannsen | Mi., 5. April 2023 - 11:00

Antwort auf von Günter Johannsen

Das war Verrat am Volk (dem Souverän) und verrat an Willi Brand und Helmut Schmidt und der SPD-Basis!

Ronald Lehmann | Di., 4. April 2023 - 13:45

Das eine jede Region Eigenschaften eines Menschen beeinflusst, einverstanden.
Und das die nicht Linker-Geist-DDR-Generation misstrauischer zur Staatsmacht ist & zwischen den Zeilen liest, auch nichts neues.
Aber Hauptsächlich ticken Menschen nach ihren Berufen & deren Beziehung zur Staatsmacht, deren materialistischen Ziele & ein nicht unwesentlicher Teil im politischen Sektor segmentiert.

Hier im Cicero-Forum sind doch die meisten, die die rote Pille (Matrix) einnehmen, weil wir/sie Fragen haben & selbst agieren, statt nur konsumieren, passiv zu sein.

Und diese sind in allen Bundesländern vertreten, hier im Osten durch die ausgeprägtere Sensorik durch Diktatur-Erfahrung stärker.

Hinzu, im Westen & speziell in Stadtstaaten ist der Ausländer-Anteil wesentlich höher & es ist nur noch eine Frage der Zeit, dass parallelen zwischen "Unterwerfung" (franz. Roman von Houellebecg) & der Realität in Deutschland zur Wirklichkeit werden.

Deutschland, du bist längst
um dein Glanz gebracht ?