
- „Solche Leute werden gezüchtet“
Immer neue Details werden bekannt über den Betrug des „Spiegel“-Reporters Claas Relotius. Ein Einzelfall oder systemisch begründet im „Spiegel“ oder gar allgemein im Journalismus? Die Chefredakteure Lars Haider und Christoph Schwennicke diskutieren
Lars Haider: Lieber Christoph, der Fall von Claas Relotius beim Spiegel macht mich immer noch sprachlos. Wie konnte das passieren?
Christoph Schwennicke: Wenn ein Reporter Szenen und Protagonisten erfindet, insbesondere in Auslandsgeschichten, dann ist das schwer zu checken, auch für eine Spiegel-Dokumentation. Das sind ja keine Promis, sondern normale Menschen, die da vorkommen. Im Nachhinein sage ich: Die Geschichten von ihm strotzten insgesamt vor zu viel Reporterglück. Das hätte uns alle stutzig machen müssen. Und das sage ich auch als mehrjähriges Mitglied der Jury des Nannen-Preises, für den seine Geschichten immer wieder nominiert waren. Bei Cicero müssen wir auch die eine oder andere Story checken, die er als freier Autor vor seiner Spiegel-Zeit bei uns untergebracht hat.