Rassismusvorwurf an die Polizei - „Verzerrtes Feindbild des uniformierten Fremdenhassers”

Der Polizist und Gewerkschafter (DPolG) Kristian Beara kritisiert antirassistische Aktivisten, die der Polizei strukturellen Rassismus vorwerfen. Diese seien nicht an der Lösung von realen Problemen interessiert, sondern an der Verächtlichmachung der rechtsstaatlichen Organe.

Beamter bei einer Demonstration gegen Polizeigewalt in Hamburg / picture alliance
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„I can’t breathe!“ – ein Satz, der um die Welt ging. George Floyd starb durch die unrechtmäßige Gewaltanwendung amerikanischer Polizisten. Spätestens ab diesem Zeitpunkt gelang es der Black-Lives-Matter-Bewegung, die Auseinandersetzung mit Rassismus in der Polizei auch über den Atlantik zu uns nach Deutschland zu tragen.

Aufgrund der nationalsozialistischen Vergangenheit Deutschlands war dies richtigerweise schon immer Thema des gesamtgesellschaftlichen und politischen Diskurses. Dass sich die Situationen in den Vereinigten Staaten und Deutschland jedoch de facto nur unzureichend miteinander vergleichen lassen, liegt dabei vor allem an den völlig unterschiedlichen Ausbildungsgegebenheiten. 

Jeder Einzelfall ist einer zu viel

Doch machen wir uns nichts vor – Rassismus betrifft auch in Deutschland viele Menschen in ihrer alltäglichen Lebensrealität. So geht aus dem „Lagebericht Rassismus in Deutschland“ der Bundesregierung hervor, dass über 22% der Gesamtbevölkerung Rassismus erfahren haben. Das sind selbstverständlich besorgniserregende Entwicklungen, denen auch die Polizei entgegentreten muss. Und das macht sie bereits im großen Ausmaß.

Im Studium und kontinuierlich fortführend sind Themen wie Rassismus, interkulturelle Kompetenzen und Wertevermittlung Teil der Aus- und Fortbildung der Polizei NRW. Extremismusbeauftragte sind schon seit längerer Zeit innerhalb der Behörden implementiert. In den Auswahlverfahren wird ein besonderer Fokus auf die Identifikation mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung gelegt. Dass es Fälle von Rassismus und generellem Fehlverhalten gibt, ist in einer Institution dieser Größe selbstredend. Jeder Einzelfall ist einer zu viel.

Es bedarf allerdings keiner fundierten sozialwissenschaftlichen Tiefenforschung, um zu erkennen, dass von strukturellem Rassismus nicht die Rede sein kann. Und so ist es auch der Innenminister des Landes NRW, Herbert Reul, der stellvertretend für die Polizei treffend sagt: „Ich als Innenminister werde Extremismus in unserer Polizei nicht dulden. Nicht von rechts. Und nicht von links. Nicht aus religiösen Motiven.“

Die Polizei hat in einem funktionierenden Rechtsstaat die Verantwortung, sich dem Rassismusvorwurf gewissenhaft und konsequent zu stellen. Und das ist auch gut so. Jegliche polizeiliche Maßnahmen müssen verhältnismäßig sein und können vor dem jeweiligen Verwaltungsgericht von unabhängigen Richtern auf Rechtmäßigkeit geprüft werden. Die gesunden Abwehrkräfte unserer Demokratie dürfen aber nicht mit einem vergifteten Kulturkampf gegen die Polizei verwechselt werden, der nicht nur die hochdiffizile Arbeit der Polizisten zusätzlich erschwert, sondern auch die Legitimation der rechtsstaatlichen Organe langfristig aushöhlt.

Inflationäres Schwingen der „Rassistenkeule“

So beobachte ich in den letzten Jahren eine kritische Entwicklung des inflationären Schwingens der „Rassistenkeule“ gegen Polizisten. Vermeintlich antirassistische Aktivisten konstruieren im Gefecht ihres fanatischen Kulturkampfes das verzerrte Feindbild des uniformierten Fremdenhassers. Die Ablehnung des Staates geht bei ihnen Hand in Hand mit einer aggressiv auftretenden Identitätspolitik. An Grautönen, gar der Realität, sind sie nicht interessiert. Das gefährliche daran: Die wohlfeilen Anschuldigungen verfangen sogar in Teilen der Medien und in politischen Parteien, bei den Grünen und den Linken. Die öffentliche Debattenkultur ist folglich derart von Pauschalisierungen und Feindseligkeiten durchdrungen, dass konstruktive Debatten über Rassismus in der Polizei kaum mehr möglich sind.

Doch wenn jeder immer sofort ein „Rassist“ ist, dann ist nichts mehr wirklich „rassistisch“. Selbst die verfassungsfeindlichen und antidemokratischen „echten“ Rassisten nicht mehr. Einen Trend, den wir als entschiedene Demokraten und Anhänger einer offenen Gesellschaft wahrlich nicht gutheißen dürfen. Und noch etwas: Genau durch diese gedankliche Unschärfe entlarvt sich der postmoderne Antirassismus. Denn der Kampf um die politische Deutungshoheit ist ihm anscheinend wichtiger als das konkrete Beenden bestehender Diskriminierungen.

Keine rassistische Grenzüberschreitung

Auch mich traf bereits die erwähnte „Rassistenkeule” mit voller Wucht. In einem Kölner Problembezirk sollten wir die gewaltsame Auseinandersetzung zwischen zwei migrantischen Gruppen auflösen. Als wir schließlich am Ort des Geschehens eintrafen, machten sich die Beteiligten in Windeseile aus dem Staub. Ein junger Mann, der es nicht rechtzeitig schaffte zu fliehen, fragte mich voller höhnischer Ironie: „Bruder, wie kann ich mich bei der Polizei anmelden?“

Mein flapsig-genervter Hinweis, dass er zunächst einmal seinen Schulabschluss machen und seine Deutschkenntnisse verbessern solle, schnappte postwendend ein anwesender Journalist auf. In der Konsequenz hatte ich bei meinem Abteilungsführer anzutreten, der allerdings aufgrund meines eigenen Migrationshintergrundes und der albernen Provokation des jungen Mannes erkennen konnte, dass es sich nicht um eine rassistische Grenzüberschreitung handelte.

Konstruktive Debatten kaum mehr möglich

Aus meiner langjährigen Erfahrung als Polizist sehe ich mich gezwungen, Folgendes festzustellen: Die Meister des Ressentiments findet man allen voran in jenen Kreisen, die sich angeblich für eine tolerante Gesellschaft einsetzen. Längst befinden sich die antirassistischen Kulturkämpfer auch in den eigenen Reihen der Polizei. So heißt es in der Satzung der Berufsvereinigung Polizei Grün e.V. kurz und prägnant:

„Bestandteil einer modernen Bürger*innengesellschaft ist auch eine weltoffene, tolerante und diskriminierungsfreie Polizei. Die Arbeit des Vereins soll dazu beitragen die Polizei modern fortzuentwickeln und den Rückfall in alte Strukturen zu vermeiden. Dem Verein ist es ebenfalls ein Anliegen insbesondere zwischen der Partei Bündnis90/Die Grünen und den Polizeibediensteten eine Verständigungsbasis zu bilden und den gegenseitigen Respekt und das gegenseitige Verständnis zu fördern.“

Wir Polizisten sollten uns über jede Berufsvereinigung freuen, die sich der Beratung politischer Entscheidungsträger in polizeispezifischen Fragen hingibt. Bei Polizei Grün e.V. drängt sich mir jedoch der schwerwiegende Verdacht auf, dass das aktivistische Engagement einer kleinen Minderheit nicht der Interessenvertretung der Polizei, sondern ihrer gesellschaftlichen Verächtlichmachung dienen soll.

Der Verein spürt in regelrecht obsessiver Manier vereinzelt vorkommende Fehltritte innerhalb der Polizei auf und versucht diese schließlich als kollektives und strukturelles Versagen zu verkaufen. In ihren Veröffentlichungen bedienen sie sich dezidiert linksaktivistischen Framings, um ihre Anhängerschaft und Daseinsberechtigung in tendenziell polizeifeindlichen Milieus sicherzustellen.

Beliebter Kampfbegriff: Racial Profiling

Der beliebteste Kampfbegriff in diesen Kreisen ist gewiss das Racial Profiling. Von Racial Profiling wird gesprochen, wenn Menschen allein aufgrund ihres physischen Erscheinungsbildes oder ethnischer Merkmale polizeilich kontrolliert werden. Bisher wurde Racial Profiling wissenschaftlich nur marginal untersucht. Die politischen Diskussionen dazu werden allerdings emotionaler und empörungsfreudiger. Vielleicht sollte auch diese Debatte fairer und empörungsbefreiter geführt werden?
 

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Wenn ein Polizeibeamter beispielsweise einen potenziellen „Autoknacker“ mit dem Ziel einer Festnahme observiert, dann interessiert ihn vordergründig das Handeln des potenziellen Straftäters und nicht seine Hautfarbe oder die Marke seiner Sneaker. Das passiert zig Mal tagtäglich genau so. Da es dem geschulten Eigenantrieb der meisten Kollegen entspricht, gerichtsfest und beweissicher zu arbeiten, kann der Teint oder die Bekleidung einer Person relevant werden. Das liegt in der Natur der professionellen Polizeiarbeit, nicht aber an rassistischen Motiven. 

Offene Debatte über Fehler der Migrationspolitik

Auch werden wir Polizisten vorschnell als Fremdenfeinde diffamiert, wenn wir, ableitend aus unseren Alltagserfahrung, unbequeme gesellschaftliche Entwicklungen beanstanden. So müssen wir aber Ross und Reiter offen benennen und die Fehler der Migrationspolitik diskutieren können. Das Aussprechen persönlicher Erfahrungen und statistischer Wahrheiten ist kein Rassismus, sondern der erste und notwendige Schritt zur Lösung der Probleme.

In meiner Heimatstadt Köln registriert die Polizei die meisten Messerstechereien in Stadtbezirken wie Kalk, Mülheim oder Chorweiler. Viertel, die eine überproportional hohe Migrantenquote aufweisen. Dies veranlasste den Kölner Chef der Kriminalpolizei, Michael Esser, unlängst dazu, die angestiegenen Kriminalitätsdelikte durch ausländische Gruppen aus Algerien oder Südosteuropa öffentlich anzuprangern. Die ideologischen Reaktionen der vermeintlich antirassistischen Lobbyverbände folgten prompt. Das Wort Stigmatisierung kreiste abermals wie eine von einem Vernichtungswillen getriebenen Abrissbirne des antirassistischen Eifers über die Polizei und ihre Vertreter. 

In einem Land, in dem auch Teile der Medien Polizisten einen strukturellen Rassismus bescheinigen, wenn der Staat wie in NRW konsequent gegen die überbordende Clankriminalität vorgeht, läuft einiges falsch. Es gefährdet den Zusammenhalt der Gesellschaft und den sozialen Frieden, wenn wir die Tatsache, dass junge Migrantengruppen überproportional häufig gewalttätig werden und Vertreter der Blaulichtfamilie mit Hohn und Verachtung begegnen, unter dem ideologischen Deckmantel des vermeintlichen Antirassismus totschweigen. Ob Illerkirchberg, Ibbenbüren oder aktuell in Brokstedt: Politisch richtige Lösungen sind überfällig. Denn diese Orte sind längst zu Synonymen gescheiterter Kriminalitätsbekämpfung geworden.

Migrantische Straftäter nicht in Schutz nehmen

„Es geht nicht darum, alle Migranten als kriminell abzustempeln. Bei den Tätern handelt es sich um eine kleine Gruppe, die die Gesellschaft terrorisiert und die Polizei und den Rechtsstaat verachtet“, so erklärt Ahmad Mansour gänzlich zutreffend. Insbesondere der absoluten Mehrheit der Migranten, die hier hervorragend integriert sind und sich vorbildlich an Recht und Ordnung halten, tun wir doch keinen Gefallen, wenn wir diese kleine Gruppe in Schutz nehmen und das sozialschädliche und kriminelle Verhalten marginalisieren.

Vielleicht ein bisschen trivial, aber altersgerecht, beschrieb mein Sohn die Lage mit elf Jahren sehr trefflich, als er sagte: „*rschloch ist *rschloch, ist doch völlig egal, welche Hautfarbe der hat.“ Ein Satz, dem der absolute Großteil der Polizisten in Deutschland sofort zustimmen würde. Der mickrig kleine Rest indes hat bei uns nichts zu suchen.

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