
- Die Suppe gemeinsam auslöffeln
Die Union wäre schlecht beraten, das Rennen um das Kanzleramt aufzugeben und in die Opposition zu gehen. Genauso schlecht wäre es, jetzt die Gäule zu wechseln. Alle gemeinsam haben es vergeigt. Nur mit Laschet an der Spitze können die Unions-Protagonisten die Chance wahren, ein noch größeres Scherbengericht zu verhindern.
Gemeinsam vergeigt, und doch soll nur er schuld sein. So ist es leider: in der Welt der Politik und meistens auch im Wirtschaftsleben. Ein trauriger Spruch besagt: Wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde mehr. Das erlebt derzeit sehr intensiv der Bewerber für das Bundeskanzleramt, Armin Laschet. Ja, er hat sich darauf eingelassen, dann soll er halt auch die Folgen tragen. Sei’s drum. Nein, das wäre zu billig!
Rückblick: Als Ministerpräsident des bevölkerungsreichsten Bundeslandes Nordrhein-Westfalen und als Landesvorsitzender der CDU und obendrein, wenn es stimmt, auch noch als Favorit von Angela Merkel lag es nahe, Laschet den Vorsitz der Partei und die Kandidatur für das Bundeskanzleramt anzutragen. Nach heftigem Hälse-Recken mehrerer Mitbewerber wurde er schließlich bei einem Bundesparteitag, in einer Kampfabstimmung gegen Friedrich Merz, zum Parteivorsitzenden gewählt. In dem anschließenden, ziemlich hässlichen Ringen zwischen CDU und CSU um die Kandidatur für das Bundeskanzleramt setzte sich Laschet erneut durch, dieses Mal gegen Markus Söder.
Die Schuldfrage
Alle Granden der CDU und offiziell auch der CSU gelobten ihre Unterstützung im Kampf um den Sieg bei der Bundestagswahl gegen die Grünen, die SPD, die FDP, die Linken und die AfD. In einem spannenden Kopf-an-Kopf-Rennen siegte letztlich die SPD mit Olaf Scholz an der Spitze mit knappem Vorsprung von 1,6 Prozentpunkten vor der Union mit Armin Laschet als Spitzenkandidat.
Schuldfrage: Verfolgt man jüngste Aussagen von Parteifreunden aus CDU und CSU, und ganz vorneweg von Markus Söder, dann waren sie an der Niederlage völlig unbeteiligt. Vielmehr haben demnach Laschet und die CDU alles vergeigt – der falsche Anführer, eine laue Kampagne.
Seltsam nur, und dies pars pro toto: die CSU, angeführt von Söder, hat in Bayern ebenfalls kräftig bluten müssen und ein lausiges Wahlergebnis von nur knapp über 30 Prozent erzielt. Sind daran ebenfalls die CDU und Laschet schuld? Aus bayerischer Sicht: Natürlich, und zwar ganz allein. Sie hätten die CSU angeblich mit in den Abgrund gerissen. Kein Wort davon, und auch nicht die Frage stellend, welchen Anteil die CSU und insbesondere der stets so selbstgerechte Markus Söder mit seinem Generalsekretär Markus Blume an dem schlechten Abschneiden der Union haben.
Armin Laschet: Er ist gewiss nicht Liebling der Massen. Zweifellos aber ist er ein zäher, immer wieder unterschätzter Kämpfer, einer, der eher auf leisen Sohlen, aber zielbewusst voranschreitet. Und ein Teamplayer. Ohne diese Eigenschaften wäre er nicht in der Lage, das größte Bundesland über Jahre hinweg, mit dem ehrgeizigen Juniorpartner FDP an der Seite, alles in allem erfolgreich zu führen.
Wenig Unterstützung in den Medien
Dennoch mein Geständnis: Ich hatte zu Beginn der ganzen Kämpfe um Parteivorsitz und Kanzlerkandidatur auch keine große Sympathie für ihn. Im Zuge des Wahlkampfes änderte sich mein Eindruck. Deutlich im Ton, aber nicht unnötig aggressiv, nicht verletzend, kompetent und klar in der Sache, auch schlagfertig, vertrat er die Union gut im Rahmen der diversen Fernsehsendungen. Überrascht war ich davon, dass er bei den jeweiligen Blitzumfragen stets nur als zweiter Sieger zurückblieb und auch in den Medien wenig Unterstützung fand.
Ich hatte immer den Eindruck, bei ihm suche man mit Wollust die Haare in der Suppe. Natürlich hat er solche Haare geliefert. Das Lachen vor den zielgerichteten Kameras während der Rede des Bundespräsidenten vor den von der Flutkatastrophe betroffenen Bürgern war mehr als unklug und sollte einem Politprofi eigentlich nicht unterlaufen. Dieses Missgeschick aber auch aus den eigenen Reihen immer wieder zu befeuern, geschah nach meiner Wahrnehmung bewusst und hatte System.
Höhere Unternehmenssteuern wären Giftpillen
Schlachtordnung: Gewählt wird der Bundeskanzler vom Bundestag mit einfacher Mehrheit der Stimmen. Die Wahlergebnisse sind so, dass ohne eine Koalition nichts geht. Realistisch sind die Dreier-Koalitionen „Ampel“, angeführt von der SPD, oder „Jamaika“, angeführt von der Union. Beide müssen nicht als Schreckgespenster empfunden werden. Allerdings tut sich die deutsche Wirtschaft leichter mit „Jamaika“ als mit der „Ampel“. Das beruht auf der Linksorientierung der SPD-Basis, vor allem aber auf den Programmen von SPD und Grünen.
Beide beinhalten Steuererhöhungen und neue soziale Belastungen. Das macht es für die FDP in dieser Kombination extrem schwer, diese Vorhaben alle abzuwehren. Insbesondere die Erhöhung von Unternehmenssteuern wären Giftpillen für die dringend notwendigen privaten Investitionen zur Realisierung großer Modernisierungs- und Transformationsprojekte.
„Opposition ist Mist“
Schlussfolgerung: Die Union wäre schlecht beraten, das Rennen um das Kanzleramt vorzeitig aufzugeben und in die Opposition zu gehen. „Opposition ist Mist“, sagte Franz Müntefering von der SPD vor Jahren. Genauso schlecht wäre es, während des Rennens die Gäule zu wechseln. Alle gemeinsam haben es vergeigt.
Deshalb sollten sie die Suppe auch gemeinsam auslöffeln. Hoffentlich kapieren die Protagonisten der Union, dass sie nur mit Laschet an der Spitze die Chance wahren, ein noch größeres Scherbengericht zu verhindern. Positiv gewendet: mit ihm an der Spitze zügig eine erfolgreiche Koalition auf die Beine stellen. So verwandelt man Niederlagen in Siege.