julian-assange-auslieferung-london-wikileaks-stella-morris-usa-soehne
Bekommt weltweit Rückendeckung: Wikileaks-Gründer Julian Assange / dpa

Auslieferung von Julian Assange gestoppt - Held oder Verbrecher?

Julian Assange wird vorläufig nicht in die Vereinigten Staaten ausgeliefert. Damit ist die Diskussion um den Wikileaks-Gründer und sein weiteres Schicksal aber noch lange nicht beendet. Die US-Regierung will gegen das Urteil eines Londoner Gerichts Berufung einlegen.

Tessa Szyszkowitz

Autoreninfo

Tessa Szyszkowitz ist Londoner Korrespondentin des österreichischen Wochenmagazins Profil. Im September 2018 erschien „Echte Engländer – Britannien und der Brexit“. Foto: Alex Schlacher

So erreichen Sie Tessa Szyszkowitz:

Die Bezirksrichterin hatte es sich nicht leicht gemacht. Zuerst zerpflückte Vanessa Baraitser am Montag Vormittag die Argumente von Julian Assanges Rechtsanwälten, die gegen eine Auslieferung ihres Klienten kämpfen. Der Gründer von WikiLeaks ist von US-Staatsanwälten wegen 17 Delikten – unter anderem wegen Spionage und Computer-Hacking – angeklagt worden.

Es gebe für sie keinen Zweifel daran, sagte die Richterin, dass „verfassungsrechtlicher und prozeduraler Schutz“ für Assange bei einem Gerichtsverfahren in den USA gewährleistet wären. Dann aber lehnte sie das Auslieferungsbegehren der USA doch ab, denn Assange mache den Eindruck „eines depressiven, manchmal verzweifelten Mannes“. Es bestehe „Selbstmordgefahr“.

Cicero Plus weiterlesen

  • Monatsabo
    0,00 €
    Das Abo kann jederzeit mit einer Frist von 7 Tagen zum Ende des Bezugzeitraums gekündigt werden. Der erste Monat ist gratis, danach 9,80€/Monat. Service und FAQs
    Alle Artikel und das E-Paper lesen
    • 4 Wochen gratis
    • danach 9,80 €
    • E-Paper, App
    • alle Plus-Inhalte
    • mtl. kündbar

Bei älteren Beiträgen wie diesem wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen. Wir bedanken uns für Ihr Verständnis.

Romuald Veselic | Mo., 4. Januar 2021 - 16:56

Filmprojekt, ist Assange ein Verbrecher, indem er Datenschutz missachtete und Daten als Empörungsware verscherbelte. Denn: Hinter den Daten stehen Menschen, die durch diese Selbstgerechtigkeit in Lebensgefahr gebracht wurden. Man darf sich nicht über Datenschutzgesetz stellen. So steht dies im Gesetz aller Gesätze.
Was mich allerdings wundert, dass die gleiche Argumentation, nicht gegen die Verbrecher verwendet wird, indem man sie auch wegen das Verletzen der Menschenwürde seiner Opfer anklagen sollte/musste. ZB Raubüberfall mit Verletzung der Menschenwürde des Überfallenen wird nicht unter 10J Freiheitsverlust bestraft...

Weshalb ist es wichtiger, das Handeln der Regierung unangetastet und im Geheimen zu lassen, aber einen einzelnen Mann weit über Gebühr für die Offenlegung dieses Handelns, das wirklich Menschenleben gekostet hat und immer wieder kostet, zu bestrafen? Weshalb nicht auch Manning? Die "Begründung" von Clinton ist abenteuerlich.
Und was das Schirach-Projekt angeht: Ich schätze ihn sehr, gehe hier aber nicht mit ihm konform. Wenn das Gerechtigkeitsempfinden der Bürger so oft verletzt wird, stimmt etwas mit den Gesetzen nicht; auch die sind nicht vom Himmel gefallen und sollten überprüft werden. Ein Text kann nicht relevanter sein als das Empfinden der Menschen; die machen letztendlich die Gesetze. Und dass wir hier reine Täterjustiz haben, die Opfer niemanden interessieren, hat sogar Schirach zugegeben. Und die "Menschenwürde".. wie oft wird die bei Missliebigen beachtet? Sie wird sogar abgesprochen.

Fritz Elvers | Mo., 4. Januar 2021 - 17:08

Von Prozessen gegen die überführten Kriegsverbrecher habe ich jedenfalls noch nichts gehört.

Eine Begnadigung durch Biden hätte Assange auch nicht zu erwarten, da Wikileaks insbesondere die Machenschaften von Hillary Clinton ebenfalls aufdeckte.

Dass ausgerechnet Sarah Palin seine Freilassung fordert, verwundert allerdings. Sollte sie doch noch erwachsen geworden sein?

Unsere Merkelin wird sich ganz sicher auch nicht für Assange einsetzen, da sie ja aktiv die Irak-Politik der USA unterstützte, glücklicherweise als Oppositionsführerin. Das Resultat haben wir jetzt auszubaden, nicht etwa die "Willigen", wie UK und Polen.

Ja, Assange ist ein Held unserer verlogenen Zeit.

Das war er vermutlich irgendwann mal. Zuletzt bot er allerdings eine eher jämmerliche Darstellung.

Der Tiefpunkt:
"Der US–Sonderermittler Robert Mueller erhob in seiner Anklageschrift den Vorwurf, dass es eine Korrespondenz zwischen WikiLeaks und dem Hacker „Guccifer 2.0“ gegeben habe, mit dem Ziel, die Wahlen zum Schaden von Clinton zu beeinflussen. Die Enthüllungsplattform habe das Material von einer direkt vom russischen Militärgeheimdienst GRU kontrollierten Person erhalten."
Quelle: Wikipedia

Der Verdacht liegt nahe, dass Assange zusehends zum nützlichen Trottel eines Vladimir Putins wurde - was nicht die Richtigkeit der US-Vorwürfe bestätigen soll.

WikiLeaks war letztendlich längst zu einer One-Man-Show geworden, Assanges Ruhm resultierte ausschließlich aus seiner Vergangenheit.

Gleichwohl kann man in den Versuchen der USA pure Willkür vermuten.

Tobias Schmitt | Mo., 4. Januar 2021 - 17:11

Weder noch. Aber er spielt gegen das Team.

Heidemarie Heim | Mo., 4. Januar 2021 - 17:56

Und nur 175 Jahre, bei uns ca. 12 mal lebenslänglich, Einzel-Knast? Bei uns erfreuen sich zahlreiche, polizeibekannte Mitbürger mit 17 Delikten bester Gesundheit und der Freiheit inklusive HVI-Resozialisierungszuschüssen. Vielleicht dachte Herr Assanges Vater deshalb, es wäre eine gute Idee bei uns um Hilfe zu ersuchen. Doch Zynismus beiseite! Ich denke wir dürfen nicht an Staaten ausliefern oder rückführen, in dem Todesstrafe oder sonstige Gefahr für Leib und Leben droht? Oder gehört Isolationshaft nicht mehr zu Folter und sind 175 Jahre humaner als 10 Jahre Todestrakt und warten auf die Hinrichtung? Und was hört man dazu von unserer Regierung und deren Menschenrechtsbeauftragter? So so, welch Wunder, man hält sich bedeckt. Wie bei der Türkei, bei China, dem Iran mit besten Wünschen zum 01.April 1979 and so on. "Wir sehen es mit großer, größerer, der aller größten Besorgnis..." Da war doch was? Irgend was mit geteilten Werten und Ordnung. Komme im Moment nicht drauf. MfG

gabriele bondzio | Di., 5. Januar 2021 - 11:36

„eines depressiven, manchmal verzweifelten Mannes“.
Wenn Man(n) so um die 10Jahre systematisch gejagt wird, ist dies das Ergebnis. Aber eben noch keine Beruhigung in seiner Lage, dass nur medizinische Gründe die Auslieferung verhindert haben.
Ich denke, 10Jahre "innere" Haft sind mehr als genug. Ganz besonders nach den menschenrechtlichen Standards, die heute auf der Agenda stehen. Assange war doch auch eines, ein Spielball politischer Verhältnisse.
Lass ihn endlich in Ruhe.