
- Engelsgesicht des Postfaschismus
Giorgia Meloni von der ultrarechten Partei Fratelli d’Italia hat gute Chancen, Italiens erste Ministerpräsidentin zu werden. Schon jetzt zählt die gebürtige Römerin zu den populärsten Politikerinnen Italiens.
„Patrioten!“, ruft Giorgia Meloni von der Bühne. „Hier fühle ich mich zu Hause, weil ich hier die Luft der Kultur und des nationalen Stolzes atmen kann, eine Luft mit Wurzeln und Zukunft, eine Luft von Geschichte und Identität.“ Die Menge in Madrid tobt. So martialisch klingt es, wenn der neue Star am Himmel der italienischen Politik auftritt. Vor kurzem war Meloni, Vorsitzende der ultrarechten Partei Fratelli d’Italia (FdI), zu Gast bei der rechtsradikalen Partei Vox in Spanien. Die 44-Jährige zog alle Register. „Die Monster“, so brüllte die energiegeladene Römerin mit den blonden Haaren wütend ins Mikrofon, „das sind diejenigen, die den Leih-Uterus und kostenlose Drogen wollen.“ Sie verteilte verbale Hiebe gegen den „Mainstream-Globalismus“ und die „Oligarchen des Silicon Valley“, den Islam, China und natürlich die Linke, „die die EU in eine Art Sowjetunion verwandelt hat“.
Kein Vergleich ist für Meloni zu abwegig. Die Römerin hat Großes vor und schmiedet Allianzen. Neulich traf sie Ungarns rechtspopulistischen Premier Viktor Orbán in Rom, jetzt den Vox-Chef Santiago Abascal Conde. Meloni ist das Engelsgesicht des Postfaschismus, der in Italien eine neue Blüte erlebt. In Umfragen liegen die Fratelli d’Italia bei rund 20 Prozent, Tendenz steigend. Damit hat Meloni die Lega von Ex-Innenminister Matteo Salvini eingeholt. Viele Italiener, so scheint es, mögen es noch ein bisschen radikaler. Denn während Salvinis rechtspopulistische Lega aus einer sezessionistischen Bewegung für die Unabhängigkeit Norditaliens hervorging, haben die Fratelli d’Italia faschistische Wurzeln. Die Flamme in den italienischen Nationalfarben im Parteisymbol haben die „Brüder Italiens“ von ihrer Vorgängerpartei übernommen, dem Movimento Sociale Italiano (MSI). Den MSI hatten 1946 Veteranen der faschistischen Republik von Salò gegründet.