Bundeskanzler Olaf Scholz tritt vor die Kameras / picture alliance

Gipfel mit Drama-Potenzial - EU tagt zu Milliardensummen und Ukraine

Beim letzten regulären EU-Gipfel dieses Jahres richten sich alle Augen auf den ungarischen Regierungschef Viktor Orban. Der Rechtspopulist könnte verhindern, dass eine Entscheidung für EU-Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine fällt. Kiew warnt.

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Gibt es viel Aufregung und dann doch ein glückliches Ende? Oder kommt es diesmal zum großen Krach und Debakel? Kurz vor dem letzten regulären EU-Gipfel in diesem Jahr ist völlig unklar, wie die Staats- und Regierungschefs nach ihren Beratungen auseinandergehen werden. Bei dem zweitägigen Treffen in Brüssel wird es um den Vorschlag der Europäischen Kommission gehen, EU-Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine und Moldau zu eröffnen. Zudem sind Beratungen über eine mögliche Aufstockung des langfristigen EU-Haushalts geplant.

Dieser soll nach dem Willen der EU-Kommission unter anderem um ein neues Finanzierungsinstrument für die Ukraine ergänzt werden. 50 Milliarden Euro könnten dem von Russland angegriffenen Land so in den nächsten Jahren zur Verfügung gestellt werden.

Ob es weitreichende Entscheidungen bei dem Gipfel geben kann, ist unklar. Grund sind insbesondere Blockadedrohungen des ungarischen Regierungschefs Viktor Orban. Dieser hatte in den vergangenen Wochen mehrfach deutlich gemacht, dass aus seiner Sicht derzeit keine Beschlüsse zum Haushalt und zu EU-Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine gefasst werden sollten - etwa weil das von Russland angegriffene Land noch nicht alle Reformauflagen erfüllt hat. Da Entscheidungen zu beiden Themen einvernehmlich getroffen werden müssen, könnte Orban sie theoretisch mit einem Veto blockieren.

Veto als Druckmittel?

EU-Diplomaten halten es für möglich, dass Orban mit den Äußerungen nur den Druck erhöhen will, weitere eingefrorene EU-Mittel für sein Land freizupressen. Andere verweisen jedoch darauf, dass der Rechtspopulist zuletzt mehrfach behauptet hat, auch nach einer Freigabe von Geldern beim Thema Ukraine nicht klein beigeben zu wollen.

In einem Brief an EU-Ratspräsident Charles Michel hatte Orban so jüngst geschrieben, er bitte eindringlich darum, beim Gipfel keine Beschlüsse einzuplanen, weil dies angesichts des nicht vorhandenen Konsenses zu einem Scheitern führen würde. Ein solch kontraproduktives Szenario müsse im Sinne der Geschlossenheit der EU vermieden werden.

Die EU-Kommission hatte am Mittwoch kurz vor dem Gipfel mitgeteilt, zehn Milliarden Euro an eingefrorenen EU-Geldern für Ungarn freizugeben, weil mit Justizreformen Reformauflagen erfüllt worden seien. Weiter blockiert bleiben allerdings andere Haushaltsmittel in Höhe von knapp zwölf Milliarden Euro sowie milliardenschwere Corona-Hilfen.

Bundesregierung will frisches Geld nur für Ukraine

Für Deutschland wird Kanzler Olaf Scholz (SPD) zu dem Gipfel erwartet. Er hat bereits signalisiert, dass er eine Entscheidung für den Start von EU-Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine unterstützt. Auf Ablehnung stößt in der Bundesregierung allerdings der Vorschlag der EU-Kommission, bis Ende 2027 zusätzliche Milliardenzahlungen in den EU-Haushalt zu leisten, um zum Beispiel die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie noch besser fördern zu können. Aus deutscher Sicht sollten nur zusätzliche Mittel für die Unterstützung der Ukraine eingeplant werden und andere bislang nicht vorgesehene Ausgaben durch Umschichtungen finanziert werden.

Ukraine warnt vor Nein der EU

Die Regierung in Kiew hatte zuletzt vor «verheerenden Konsequenzen» gewarnt, sollte der EU-Gipfel zum Start von EU-Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine an einem Veto Ungarns scheitern. Wenn es keine positive Entscheidung gebe, wäre dies äußerst demotivierend für die Menschen in der Ukraine, sagte Außenminister Dmytro Kuleba Anfang der Woche. Zudem werde dann nach außen hin der Eindruck vermittelt, dass die EU nicht in der Lage sei, Entscheidungen historischer Natur treffen.

 

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Kuleba argumentierte mit Blick auf den gewünschten Start der Beitrittsverhandlungen mit der EU, dass sein Land einen Großteil der zuletzt noch ausstehenden Verpflichtungen erfüllt habe. Dazu gehörten neben Gesetzen zur Korruptionsbekämpfung auch die von Ungarn geforderten Regeln zur Bildung und zum Gebrauch der Sprachen nationaler Minderheiten.

Orban verweist auf Gipfelbeschluss

Gerade das offene ukrainische Eingeständnis, noch nicht alle Auflagen vollständig erfüllt zu haben, sieht Orban allerdings als Punkt für sich. Er argumentiert, dass der Vorschlag der EU-Kommission für den Start von Beitrittsverhandlungen nicht vereinbar mit einem Gipfelbeschluss aus dem Juni 2022 sei. In diesem heißt es, über weitere Schritte im Beitrittsprozess solle erst entschieden werden, wenn „alle diese Bedingungen vollständig erfüllt sind“.

Befürworter einer positiven Entscheidung verweisen hingegen darauf, dass der Start von EU-Beitrittsverhandlungen vor allem ein symbolischer Schritt wäre, da die Gespräche viele Jahre dauern dürften und ein Beitritt der Ukraine vor einem Ende des russischen Angriffskriegs als ausgeschlossen gilt.

dpa

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Wolfgang Borchardt | Do., 14. Dezember 2023 - 15:40

das Einfachste, demokratisch gewählte Staatsregierungen mit eigener, durchaus begründeter Strategie als "rechtspopulistisch", also böse zu benennen. Muss Journalismus so oberllächlich sein? Reicht es aus, willkommene Vokabeln zu bedienen?

Edwin Gaza | Do., 14. Dezember 2023 - 15:54

Die Uschi meint, ach wenn der Wolodymyr so gern in der EU sein möchte.
Was sind schon geschätze 200 Milliarden und
3 von 7 Auflagen hat er schon erfüllt.
Wenn wir das nicht vor der Wahl durchziehen, können wir später den Aufbau nicht finanzieren.
(Vorsicht, enthält......)

Uli | Do., 14. Dezember 2023 - 16:23

"Der Rechtspopulist könnte verhindern, dass eine Entscheidung für EU-Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine fällt."

Tiri | Do., 14. Dezember 2023 - 18:06

Ich bin leider nicht in einer mächtigen Funktion, somit ein Dackel. Wenn man Dackel ist kann man mit Schäferhunden nicht konkurrieren. Trotzdem meine Meinung zur EU: Nato-Ostflanke abschreckend stabilisieren. Herrn Putin die Ukraine überlassen, denn sie wurde nun eh schon zerbombt und Russland wird sie somit auch wieder aufbauen müssen. Kostet also alles nur Geld, was in der derzeitigen EU und ganz besonders in Deutschland für essentielle Sachen benötigt wird. Deutschland besinnt sich endlich auf seine früheren Stärken: Fleiß, Wirtschaftsprosperität usw. Keine weiteren Staaten mehr in die EU aufnehmen, denn sie sind eh alle in der Regel marode bzw. erheblich schwächer als die schwächsten Staaten der heutigen EU und wollen nur das Geld der EU. Was soll das also? Nur wer soll das von der derzeitigen Granden der Politik durchführen? Da ist China schon viel weiter und hat sehr geschickt in den Jahren taktiert. China ist die Weltmacht Nr. 1 - so meine unmaßgebliche Wahrnehmung. Danke!

Stefan Jarzombek | Do., 14. Dezember 2023 - 19:04

1. Es gibt Länder, die schon länger darauf warten und fast alle Beitrittskriterien erfüllen.
2. Wenn die EU ihre eigenen Regeln nicht einhalten kann, was nützten dann zeitaufwendige, jahrelange Debatten darüber, wenn am Ende des Tages doch nach gut dünken verfahren wird.

Stellen wir uns ein Fußballspiel vor, wo die Regeln ausser Kraft gesetzt worden sind.
Was käme dabei wohl heraus? 🤔
Vielleicht hilft das die Lage besser zu verstehen.
Wenn keiner sich an die Regeln im Straßenverkehr hält.
Was wäre dann wohl los.
Ein Land das sich im Krieg befindet hat keine Befugnisse Beitrittsverhandlungen überhaupt in Erwägung zu ziehen.
Ich bitte jeden der Leser hier sich die Beitrittskriterien der EU einmal genauer anzuschauen und dann kann jeder für sich selbst entscheiden welche davon die Ukraine erfüllt hat. 🤷‍♀️

Edwin Gaza | Do., 14. Dezember 2023 - 22:15

Und Uschi hat es geschafft.
Es kommt der älteste Bauerntrick zur Anwendung,
der der dagegen ist, verlässt vor der Abstimmung den Raum, ich muß mal.
Und wir sind nun ange......
Und haben Grund für Nachtragshaushalt: UKRAINE.
Wo die doch praktisch bereits in der EU sind.
Der Wolodymyr lässt die Korken knallen!
Und Wladimir?

Ingo frank | Do., 14. Dezember 2023 - 22:46

Wenigstens ein klarer Kopf in dem ganzen Verein die gegen die Aufnahme der Ukraine in EU & NATO ist. Gut so !
Mit besten Grüßen an mein Liebligsurlaubsland mit Dank für unvergessene Stunden.

Ernst-Günther Konrad | Fr., 15. Dezember 2023 - 10:08

Ich kann nur eines dazu sagen. Hoffentlich verhindern die Ungarn es.

Sabine Jung | Fr., 15. Dezember 2023 - 11:43

über so eine besch....EU. Aber gut, was will man auch erwarten von Uschi & Co. Jeder denkt nur an sich. Was sind schon zig Milliarden für den guten Wolodymyr. Alles muss noch vor der Wahl durchgepeischt werden, klar danach könnte es vielleicht anders aussehen. Es wird so lange getrickst, bis die Ukraine die Kriterien erfüllt hat, 3 von 7 sind ja schon! Und das bisschen Korruption, hach was solls.
Mich bewegt nur die Frage, was wird, wenn die Ukraine dann in den nächsten Jahren mal in der EU sein wird? Bekommt da niemand Angst, was das für Putin bedeuten würde? Dasselbe wäre ja auch der Beitritt in die NATO. Die Ukraine rückt immer näher zur EU, aber die rechte EU-Grenze rückt dann immer näher an Putin heran.
Hätte ich Enkel, ich würde mir um deren Sicherheit Sorgen machen, weil ob dann der Ami immer noch so als Freund da steht und uns hilft?

Henri Lassalle | Fr., 15. Dezember 2023 - 14:07

sind ausschliesslich symbolisch gemeint, auch ein Zeichen an Putin. Ungarn wird jedoch seine intimsten Positionen nicht aufgeben; es bezieht sein Gas und Öl aus Russland, das erhält die Freundschaft. Also wird man auch weiterhin Rumpelstilz-Auftritte Orbàns erleben.