
- Legenden um die Ostpolitik
Die Vorstellung, die deutsche Entspannungspolitik seit Willy Brandt und Egon Bahr habe zum Ende des Kommunismus beigetragen, gilt in Osteuropa als Geschichtsklitterung. Vor allem in Polen ist man der Meinung, vor allem der militärische und wirtschaftliche Druck der US-Regierung unter Ronald Reagan habe zu Gorbatschows Reformkurs geführt - nicht der Dialog mit der Sowjetunion.
Für Le Monde steht fest: Der russische Überfall auf die Ukraine bedeutet das Ende der deutschen Ostpolitik, die mit den Schlagwörtern „Sonderbeziehung zu Moskau“ und „Suche nach Sicherheit“ verbunden war. Die in Warschau erscheinende, ebenfalls linksliberale Gazeta Wyborcza ist in ihrer Wortwahl weniger zimperlich: „Wunschdenken“ und „wirtschaftspolitischer Egoismus“ hätten die Ostpolitik geprägt. Kommentatoren in den beiden Nachbarländern, sind sich einig darin, dass das Zaudern der SPD bei der Unterstützung der Ukraine durch Rüstungsgüter Folge der „Legenden“ um die Ostpolitik ist, wie sie die sozialdemokratischen Spitzenleute erneut jüngst formuliert haben:
* Olaf Scholz: „Was die SPD auszeichnet, ist die klare Entspannungspolitik durch Brandt und Schmidt. Eine Politik, die möglich gemacht hat, dass der Eiserne Vorhang verschwindet, dass viele Länder Osteuropas die Demokratie gewinnen konnten und dass wir heute in der Europäischen Union vereint sind.“