Pressefoto des Jahres - Krieg der Bilder

Ein Bild aus dem Gazastreifen wird zum Pressefoto des Jahres gekürt. Diese Entscheidung macht sich das palästinensische Narrativ zu eigen, lediglich unschuldiges Opfer der Israelis zu sein.

Religiöse Ikonographie: Bekanntgabe der Gewinner des World Press Photo Award in der Nieuwe Kerk in Amsterdam / dpa
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Ingo Way ist Chef vom Dienst bei Cicero Online.

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Eine weinende palästinensische Frau hält ein totes Kind im Arm: Das ist das Foto, das die Jury der niederländischen Stiftung „World Press Photo“ zum „Pressefoto des Jahres 2024“ gekürt hat – einer der renommiertesten Preise im Fotojournalismus. Dass gerade dieses Bild den ersten Platz errungen hat, ist natürlich kein Zufall. Die Entscheidung der Jury reiht sich ein in die Propagierung eines palästinensischen Opfernarrativs durch westliche Journalisten, Künstler und Akademiker – auf Kosten Israels und der israelischen Opfer des Hamas-Pogroms vom 7. Oktober 2023.

Man hätte zum Beispiel auch ein Foto trauernder Angehöriger der von palästinensischen Terroristen gefolterten, verstümmelten, vergewaltigten und auf jede nur vorstellbare (oder nicht mehr vorstellbare) Art und Weise geschändeten Israelis prämieren können. Darauf wurde allerdings offenbar ganz bewusst verzichtet. Die Fotos, die die drei übrigen Preise der Stiftung gewonnen haben, stammen aus Madagaskar, Venezuela und der Ukraine. Israel kommt nicht vor, und damit auch keine israelischen Opfer. 

Die Aufnahme stammt von dem palästinensischen Fotografen Mohammed Salem, der für die Nachrichtenagentur Reuters arbeitet. Laut Angaben von Reuters zeigt das Foto eine 36-jährige Frau namens Inas Abu Maamar, die den Leichnam ihrer fünfjährigen Nichte Saly in den Armen hält, die zusammen mit ihrer Mutter und ihrer Schwester getötet worden sei, als eine israelische Rakete ihr Haus in Khan Junis traf. Ob diese Angaben stimmen, lässt sich nicht nachprüfen. Ebensowenig, ob auf dem Bild wirklich ein totes Kind zu sehen ist; man sieht lediglich ein weißes Stoffbündel. Die Szene könnte also durchaus gestellt sein; es wäre nicht das erste Mal, dass Palästinenser mit manipulierten Bildern Politik machen.

Fotos von toten Kindern sagen nichts über Kriegsschuld aus

Doch nehmen wir wohlwollend an, dass das Foto tatsächlich eine Frau zeigt, die um ihre tote Nichte trauert. Tragischerweise kommen in Kriegen auch Kinder zu Schaden. Die israelische Armee tut alles ihr Mögliche, um Zivilisten vor Angriffen zu warnen, kann aber nicht verhindern, dass die Hamas Zivilisten als menschliche Schutzschilde missbraucht. Bilder von toten Kindern sagen nichts darüber aus, welche Seite der Aggressor ist und ob ein bestimmter Angriff militärisch notwendig oder völkerrechtlich zulässig war. Auch im Zweiten Weltkrieg hätte man der Weltöffentlichkeit Fotos von deutschen Kindern, die durch alliierte Bomben getötet wurden, und deren trauernde Eltern präsentieren können – das hätte Nazi-Deutschland noch nicht zum Opfer und die Alliierten nicht zu Völkermördern gemacht. 

 

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Das prämierte Foto soll am 17. Oktober in Khan Junis entstanden sein, also nur zehn Tage nach dem Hamas-Pogrom. Khan Junis war eine der Hochburgen der Hamas, in der sich die Terroristen in Wohngegenden und Krankenhäusern verschanzten. Der Soziologe Ruud Koopmans stellte auf Twitter/X in diesem Zusammenhang die rhetorische Frage: „Foto aufgenommen am 17. Oktober 2023. Was hätte der durchschnittliche Rotterdamer wohl gedacht, wenn 1940 das Foto einer trauernden deutschen Mutter gewonnen hätte, aufgenommen zehn Tage nach der Bombardierung?“

Die „World Press Photo“-Stiftung schreibt auf ihrer Website: „Der Fotograf beschreibt dieses Foto, das nur wenige Tage nach der Geburt seiner eigenen Frau aufgenommen wurde, als einen ,kraftvollen und traurigen Moment, der das allgemeine Gefühl dessen, was im Gazastreifen geschah, zusammenfasst‘. Die Jury kommentierte die sorgfältige und respektvolle Komposition des Bildes, das zugleich einen metaphorischen und buchstäblichen Einblick in den unvorstellbaren Verlust bietet. Die Jury wies auch darauf hin, dass der Fotograf bereits vor über zehn Jahren für dasselbe Thema ausgezeichnet wurde.“

Gezeigt wird kein Individuum, sondern ein Symbol

Michelangelos Pietà / 
Wikimedia Commons

Es geht also eingestandenermaßen nicht um die Dokumentation eines bestimmten Geschehens, eines konkreten Vorkommnisses in einem Krieg, sondern um etwas Allgemeines, um ein Symbol. Dazu passt, dass das Gesicht der trauernden Frau nicht sichtbar ist; ihr Kopf ist komplett unter dem Kopftuch verborgen. Gezeigt wird hier kein Individuum, sondern ein Symbol „dessen, was im Gazastreifen geschah“. Und dies in höchst manipulativer Absicht.

Die Bildkomposition erinnert nicht zufällig an das Motiv der Pietà, die künstlerische Darstellung der Schmerzensmutter mit dem Leichnam Christi. Der Fotograf, der im Gazastreifen selbstverständlich nur unter Aufsicht und mit Genehmigung der Hamas arbeiten kann, weiß mithin ganz genau, mit welchen Mitteln man beim westlichen Publikum bestimmte Emotionen weckt. Emotionen, die den Kontext, in dem dieses Bild entstanden ist, vergessen machen sollen; nämlich den von Gaza mit dem brutalen Überfall vom 7. Oktober begonnenen und vom Iran unterstützten Krieg gegen Israel.

Dass es der Stiftung mit ihrer Preisverleihung eindeutig um Stimmungsmache gegen Israel geht, beweist sie auch dadurch, dass sie in ihrem Begleittext demonstrativ darauf aufmerksam macht – womit sie dann doch den von ihr gewünschten Kontext herstellt –, dass Südafrika vor dem Internationalen Gerichtshof Klage gegen Israel wegen Genozids erhoben hat. Wozu dieser Hinweis, wenn man sich mit diesem Vorwurf nicht gemein macht? Zumal jeglicher Hinweis darauf fehlt, dass der Gerichtshof den Vorwurf bisher nicht als gegeben ansieht und die Hamas zur Freilassung aller Geiseln aufforderte. Wenn es stimmt, dass ein Bild mehr sagt als 1000 Worte, dann kann es auch in mehr als 1000 Worten lügen.
 

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