Kurt Krömer und andere öffentlich-rechtliche Unfälle - Der Fluch der Pausenclowns

Nachdem er schon wieder eine Sendung in den Sand gesetzt hat, gibt der sogenannte Komödiant Kurt Krömer sein Verhörformat beim rbb-Fernsehen auf. Der Fall macht deutlich, woran es im öffentlich-rechtlichen Rundfunk krankt.

Kurt Krömer verhört Faisal Kawusi / rbb
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Alexander Marguier ist Chefredakteur von Cicero.

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Die verhörartigen Gespräche des sogenannten Comedians Kurt Krömer beim Berliner öffentlich-rechtlichen Sender rbb hatten bisher eher kein Interesse bei mir geweckt. Bis er vor einigen Wochen den früheren Bild-Chefredakteur Julian Reichelt bei sich zu Gast hatte. Ich kenne Reichelt flüchtig, seit wir im Februar mal ein Podcast zusammen gemacht haben, bei dem es unter anderem um sein angebliches Fehlverhalten während der Zeit bei Bild ging, das dann ja bekanntlich zu seinem Rausschmiss führte.

Man muss Reichelt nicht sympathisch finden und kann auch ganz grundsätzlich eine Abneigung gegenüber Boulevardzeitungen hegen – aber es wäre ein Fehler, ihn deswegen intellektuell zu unterschätzen. Mein damaliger Gesprächspartner war jedenfalls gut vorbereitet, schlagfertig und redegewandt. Insofern war ich gespannt, wie er sich beim Zusammentreffen mit Kurt Krömer schlagen würde.

Das Scheitern eines vermeintlichen Komödianten

Krömer ist 48 Jahre alt, heißt eigentlich Alexander Bojcan und hat sogar mal den Grimme-Preis für seine einstige Fernsehsendung „Die internationale Show“ bekommen. Insofern war ich doch einigermaßen entsetzt, als ich seinen Talk mit Reichelt sah: Als Gastgeber war er grottenschlecht vorbereitet, konfrontierte sein Gegenüber mit allerlei halbgaren Unterstellungen, ließ ihn praktisch nicht zu Wort kommen und erging sich die ganze Sendung über in mehr oder weniger unflätigen Beschimpfungen.

Das kann man so machen, aber dann muss man eben damit rechnen, als Verlierer vom Platz zu gehen. Zu besichtigen war jedenfalls das komplettes Scheitern eines vermeintlichen Komödianten, der während seines Auftritts zu allem Elend auch noch völlig humorbefreit und unsouverän blieb. Wahrlich kein Ruhmesblatt für den Macher und den Sender.

„Du erzählst nur Scheiße“

In die aktuelle Sendung mit dem Titel „Chez Krömer“ war nun ein nicht ohne Grund weitgehend unbekannter Komödiant namens Faisal Kawusi eingeladen worden, der offenbar eine gewisse Prominenz erlangen konnte, indem er seinerseits immer wieder dämlich-rustikale Witze über irgendwelche Halbberühmtheiten macht. Mit Krömer und Kawusi trafen also zwei Möchtegern-Humoristen aufeinander, und es gehört schon einiges dazu, bei solch einem Duell den zu erwartenden Peinlichkeitsgrad derart zu überbieten, dass man als Zuschauer aus ähnlichen Gründen dranbleibt wie manche Gaffer sich an Verkehrsunfällen ergötzen: die Faszination des Horrors.

Krömer war abermals von Anfang an überfordert, schlecht vorbereitet, dämlich-patzig, beleidigend („Du erzählst nur Scheiße“) und uninspiriert. Daneben wirkte Kawusi beinahe wie ein reflektierter Gentleman. Dass der Gastgeber vorzeitig sein eigenes Studio verließ, weil „mein Bedarf an Arschlöchern“ damit gedeckt sei, ist nachvollziehbar: Wahrscheinlich hatte Krömer nach 25 elenden Minuten doch gemerkt, dass er seinem eigenen Format nicht gewachsen ist. „Chez Krömer“ wurde denn auch prompt abgesetzt.
 

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Dies alles wäre kaum weiter der Rede wert, wenn in dieser Art von Non-Performance nicht ein gewisses Muster erkennbar wäre: Die Selbstgewissheit, mit der viele in der Öffentlichkeit stehende Personen glauben, ihr mangelndes Talent durch eine zur Schau getragene Moral ausgleichen zu können. Auch Krömer sieht sich ja unverbrüchlich auf der Seite des Guten, wenn er Studiogäste wie die frühere Präsidentin des „Bundes der Vertriebenen“ (und heutige AfD-Anhängerin) Erika Steinbach oder den FPÖ-Politiker Heinz-Christian Strache vor laufender Kamera beleidigt. Nun ist das möglicherweise sogar sein gutes Recht, solange diese Leute sich freiwillig in Krömers Kerker begeben.

Peinlich wird es eben nur, wenn es einem als Moderator an journalistischem, komödiantischem oder überhaupt an intellektuellem Potential fehlt, um seine verhassten Gäste vorzuführen und in die Enge zu treiben. Bei Jan Böhmermann, der Polit-Gouvernante vom „ZDF Magazin Royale“, ist es genauso: Haltung ersetzt Können, die links-woke Gesinnung soll als Kompensation dienen für unterdurchschnittliche Begabung.

Lustig ist das alles natürlich nicht, aber fürs deutsche Fernsehen reicht’s offenbar. In der Politik verhält es sich übrigens ähnlich: Je schriller und lauter bei jeder sich bietenden Gelegenheit die moralische Überlegenheit demonstriert wird, desto geringer fällt regelmäßig der inhaltliche Sachverstand aus. Man denke etwa an die aktuelle Führung des Auswärtigen Amts.

Sie können es einfach nicht!

Tatsächlich muss man Kurt Krömer fast dankbar sein, dass er seines eigenen Scheiterns gewahr wurde und vom Posten des öffentlich-rechtlichen Schmalspur-Inquisitors zurückgetreten ist (sollte dieser Schritt denn tatsächlich freiwillig erfolgt sein). Unverständlich hingegen, warum die Programmverantwortlichen ihn so lange vor sich hin dilettieren haben lassen. Denn dass da einer komplett überfordert ist, war ja für jeden normalen Zuschauer völlig klar ersichtlich.

Wieso also lässt es der ohnehin in Verschiss geratene Skandalsender zu, dass wegen eines missglückten und eigentlich bedeutungslosen Formats (über das wegen des jüngsten Vorfalls nun aber querbeet von Spiegel über Stern und Zeit bis hin zur FAZ berichtet wird) der Ruf der journalistisch-inhaltlichen Qualität des rbb insgesamt in Mitleidenschaft gezogen wird? Denn das ist ja der allgemeine Eindruck in der Causa Krömer: typisch Rundfunk Berlin-Brandenburg, die können es halt einfach nicht!

Psychosen auf offener Bühne

Selbstaffirmative, schlecht gemachte Moral-Shows wie „Chez Krömer“ (und viele andere ebenso) sind es, die das Ansehen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks mindestens genauso ruinieren wie Misswirtschaft, Intransparenz und Kungelei mit der Politik. Dabei ist in jeder Sendeanstalt eigentlich enorm viel Potential vorhanden, um wirklich anspruchsvolles, unterhaltsames, gutes Programm auf die Beine zu stellen.

Erwähnt sei an dieser Stelle – als ein Beispiel von vielen – die rbb-Hörfunkserie „Geld Macht Katar“, mit der Maßstäbe gesetzt werden in Sachen informierter, vorurteilsfreier, tiefgründiger Journalismus. Aber darüber spricht natürlich keiner, wenn gleichzeitig talentfreie Pausenclowns wie Kurt Krömer ihre Psychosen auf offener Bühne ausleben dürfen. Schade für die vielen guten Kollegen, die mehr Aufmerksamkeit verdient hätten.

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