Die Generation Z hat nicht weniger Interesse für Literatur als die davor / Viola Schmieskors

Kultur-Kanon - Goethe gehört zu TikTok

Unter dem Hashtag Booktok erreichen Influencer und Influencerinnen mit ihren Buchtipps eine Millionenklientel: Die Generation Z liebt Literatur und hasst den Kanon. Und der Kanon? Braucht die Generation Z. Ein Vermittlungsversuch.

Autoreninfo

Daniel Haas lebt als freier Autor in Hamburg. Zuletzt war er Kulturkorrespondent der NZZ in Berlin.

So erreichen Sie Daniel Haas:

Die Herbstsaison ist angebrochen, die Verlage haben ihre Vorschauen versendet, das Programm für die Buchmesse im Oktober steht. Die Schaufenster der Buchhandlungen befüllen sich kontinuierlich mit Neuerscheinungen. Der Betrieb nimmt an Fahrt auf, bis dann die großen Feuilletons mit ihren Literaturbeilagen kommen. Leseempfehlungen von allen Seiten. 

Die Buchhändler und Buchhändlerinnen sind schon jetzt erschöpft. Sich durch Verlagsvorschauen wühlen und die Vertreter empfangen, gilt als Strafarbeit. So viel Spezielles und Spezialistisches, Idiosynkratisches und Kurioses. So viele Neben- und Auch-das-noch-Werke. Die großen Namen – der neue Biller, die neue Zadie Smith, ein frischer Kehlmann – bereiten Freude, der Rest ist Glücks- und Vertrauenssache. Ob und wann sich ein Werk als Bestseller durchsetzt, ist viel weniger kalkulierbar, als Verlagsmanager und Lektoren sich selbst und ihren Kunden glauben machen. Für den Buchmarkt gilt die Hollywood-Regel, mit der sich Filmschaffende seit den 1990ern ihrem Schicksal ergeben: „Nobody knows anything.“

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Wolfgang Borchardt | Mo., 11. September 2023 - 09:12

Botschaft: Wer es jetzt auf die "Besten" -Listen schaffen will, sollte mindestens "Trans*" sein. Kultur war noch nie ohne "kulturelle Aneignung" möglich. Völkerverständigung und das Erlernen fremder Sprachen, die Zubereitung "fremder" Sprachen: Nein. Und wer "Effi Briest" oder "Stechlin" verurteilt, hat sie nicht gelesen oder nicht verstanden. Kafkas "Verwandlung" ist auch schlimm. Schließlich war er selbst nie Käfer. Die jugendlich grüne Weltsicht wteckt so voller Scheuklappen, eklatanter Widersprüche und Verurteilungen anderer Auffassungen, dass man nur noch - ja, worauf eigentlich? - hoffen darf. Nicht alle werden mit dem Alter reifen und Nachdenken lernen.

Walter Bühler | Mo., 11. September 2023 - 10:04

Ich muss gestehen, dass ich nicht alles als Kultur sehen kann, was irgendwelche unscharf definierte Teilgruppen der Gesellschaft oder deren zwielichtige Gurus und Promis mir in den Medien als Kultur verkaufen wollen.

Wegen der Inflation auf dem Bücher- und Medienmarkt muss man unwichtiges schnell aussortieren können. Bei mir hat es sich bewährt, erst einmal all das auszusortieren, was als "Spiegel-Bestseller" kenntlich gemacht ist.
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Kultur muss immer aus Büchern oder sonstigen "Archiven" herausgeholt und zur Realität, zur Wirkung gebracht werden. Sie "verwirklicht" sich in all den Individuen, die sich ihre Bildung aus der Kultur aneignen.

Im Denken und in den Werten und Wertungen spiegelt sich die Bildung eines realen Individuums und damit indirekt die Kultur, die es sich angeeignet hat. So wird Kultur erlebbar, glaube ich. Das inflationäre Geschwätz der Medien und der "prominenten" Experten über "Kultur" ist demgegenüber in meinen Augen ziemlich belanglos und meist inhaltsleer.