Feine winterliche Gemüseküche - Cavolo nero: Don't call it Grünkohl!

Neulich bekam unser Genusskolumnist feinstes saisonales Bio-Gemüse geschenkt. Darunter ein ihm unbekannter Strauß mit merkwürdig gekräuselten, dunklen Kohlblättern. Es war Cavolo nero, und den hat er jetzt in sein Koch-Herz geschlossen.

Erst fremd, dann geliebt: Cavolo nero / dpa
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Autoreninfo

Rainer Balcerowiak ist Journalist und Autor und wohnt in Berlin. Im Februar 2017 erschien von ihm „Die Heuchelei von der Reform: Wie die Politik Meinungen macht, desinformiert und falsche Hoffnungen weckt (edition berolina). Er betreibt den Blog „Genuss ist Notwehr“.

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Viele haben sie befürchtet, andere eher nicht erwartet, aber jetzt ist sie da: Die erste harte Frostperiode dieser Wintersaison. Nicht so richtig erfreut ist darüber die Bundesnetzagentur, denn die optimistischen Prognosen zur Gasversorgung in diesem und vor allem im nächsten Winter könnten bei anhaltenden oder mehrmals wiederkehrenden Dauerfrostperioden schnell Makulatur werden. Ähnliches gilt für die Stromversorgung.

Aber auch hierzulande gibt es Menschen, die harten Frost herbeisehnen. So gehört ein alter Freund und Kollege von mir zur merkwürdigen Gruppe von begeisterten Eisbadern, die in Ufernähe Löcher in zugefrorene Seen hacken, um sich dann für eine sehr kurze Zeit mal so richtig zu erfrischen. Sogar einige Landwirte sehnen Dauerfrost im Winter regelrecht herbei. Vor allem einige Winzer, denn denen bietet dieses Wetter die Möglichkeit, eine rare Spezialität zu produzieren: Eiswein

Der Winter ist Kohl-Zeit

Auch einige Gemüsesorten, wie etwa Schwarzwurzeln, Rosenkohl oder Grünkohl können mit Frost gut leben und in einigen Fällen sogar geschmacklich gewinnen. Was allerdings nicht bedeutet, das Frost dafür zwingend notwendig wäre, es reichen auch winterliche Temperaturen oberhalb des Gefrierpunktes.

Jedenfalls ist der Winter eine großartige Gemüsesaison, und die zahlreichen wohlschmeckenden, kalorienarmen Vitaminbomben erfreuen sich großer Beliebtheit. In einigen Regionen ist klassisches Wintergemüse nahezu identitätsstiftend, wie etwa der Grünkohl in Norddeutschland. Doch ich persönlich empfinde seinen Geschmack als recht „streng“ und beschränke meinen Konsum in der Regel auf ein „Grünkohl mit Pinkel“-Essen pro Jahr.
 

Zuletzt in „Genuss ist Notwehr“ erschienen:


Allerdings hat der bei uns bekannte Grünkohl zahlreiche enge Verwandte – mit deutlich anderen Geschmacksprofilen. Eher durch Zufall stieß ich neulich auf Cavolo nero, der hierzulande auch als „toskanischer Palmkohl“ oder „italienischer Schwarzkohl“ vermarktet und auch angebaut wird.

Denn meine Freundin hatte bei einem Preisausschreiben in einem Bioladen einen imposanten Präsentkorb voller italienischer Köstlichkeiten (und dabei vor allem Gemüse) gewonnen. Sie ist zwar eine begeisterte Gemüseköchin, aber aufgrund der großen Menge erhielt ich ich einen Teil zur eigenen häuslichen Verarbeitung.

Mangold, Staudensellerie und Löwenzahn waren mir durchaus geläufig, auch die Zubereitung betreffend. Aber da war dann noch der Strauß mit diesen merkwürdigen gekräuselten, dunkelgrünen bis blauschwarzen Blättern, dem ich dann mittels Suche in meiner einschlägigen Fachliteratur auf die Spur gekommen bin. Es war besagter Cavolo nero. 

Einfache, schnelle Zubereitung

Zubereitet habe ich ihn auf einfache, klassische Art. Die groben Stielenden abschneiden, und dann die Blätter (samt der zarten Rispen) drei Minuten in kochendem Salzwasser blanchieren, anschließend die klein geschnittenen Stiele für fünf Minuten. Gut abtropfen lassen und ein wenig ausdrücken. Dann wird etwas Olivenöl in einer Pfanne erhitzt und fein gehackter Knoblauch darin angeschwitzt. Aber Vorsicht: Knoblauch entwickelt ziemlich schnell unangenehm bittere Röstaromen und ist dann nicht mehr genießbar.

Jetzt gibt man die Stiele und die grob geschnittenen Kohlblätter dazu und lässt das ein bisschen dünsten. Weitere Flüssigkeitszugabe – wie etwa Gemüsebrühe – ist eigentlich nicht nötig, der blanchierte Cavolo nero schwitzt noch genügend Flüssigkeit aus. Dezent mit Salz und Pfeffer aus der Mühle würzen. Zum Schluss noch Crème fraiche unterrühren. Aber wirklich Crème fraiche und keine saure Sahne, keinen Schmand oder ähnliches. 

Mit Bratkartoffeln, Pasta oder als Salat

Das kann man dann einfach mit Bratkartoffeln essen oder auch mit frisch gekochter Pasta, vorzugsweise Linguine. Es geht aber auch ganz anders: Putzen, Stielenden abschneiden und mit Olivenöl und frischem Knoblauch als Salat essen (aber vorher eine Weile ziehen lassen), dazu Baguette. Mit Grünkohl sollte man das lieber nicht versuchen. Und wenn ich jetzt anfangen würde, in dem neulich hier besprochenen italienischen Kochbuch zu schmökern, fielen mir bestimmt noch weitere Zubereitungsarten ein.

Geschmacklich wird Cavolo nero auch Grünkohl-Skeptiker überzeugen. Die Blätter sind wesentlich zarter und haben einen sehr feinen, leicht nussigen und pfeffrigen Geschmack. Anderes als der Grünkohl ist er auch kein ausgesprochenes Wintergemüse – im Gegenteil, er ist frostempfindlich, aber gut lagerfähig. Mit der klassischen Genusskultur in der Advents- und Weihnachtszeit hat das natürlich wenig zu tun. Aber dafür bleibt ja noch die nächste Ausgabe dieser Kolumne, und da wird richtig zugelangt. Versprochen!


Cavolo nero
(Zutaten für 4 Personen)

500g Cavolo nero (Rohgewicht)

1 geh. El Creme fraiche

2-3 Knoblauchzehen

3 El Olivenöl

Salz, Pfeffer
 
 

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