Habeck über islamischen Antisemitismus - Der Wirtschaftsminister rettet die Ehre der Bundesregierung

Robert Habeck sagt in seiner Twitter-Rede gegen den Antisemitismus in Deutschland, was andere zu sagen versäumten. Umso peinlicher stehen nun die Außenministerin, der Bundespräsident und auch der Kanzler da.

Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz / picture alliance
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Autoreninfo

Ferdinand Knauß ist Cicero-Redakteur. Sein Buch „Merkel am Ende. Warum die Methode Angela Merkels nicht mehr in unsere Zeit passt“ ist 2018 im FinanzBuch Verlag erschienen.

 

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Wirtschaftsminister Robert Habeck hat gestern Abend sein Ressort verlassen und im meist eher drögen politischen Betrieb für einen seltenen Hier-stehe-ich-Moment gesorgt. Kein Terminkalender und kein taktischer Zweck zwangen ihn zu dieser knapp zehnminütigen Rede, die er nur über den Twitter-Kanal seines Ministeriums verbreitete. Es ging nicht um Wirtschaft oder Energie. Es ging um Israel und den Antisemitismus in Deutschland.

Man merkt ihm an, dass die Worte, die er spricht, lange in ihm gebrodelt haben, vermutlich auch wegen der gesagten und ungesagten Worte anderer Politiker und Parteifreunde. Zum Beispiel des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier, der auch Ex-Außenminister ist, und seiner grünen Nachfolgerin Annalena Baerbock, die Steinmeiers desolate Halbherzigkeit und sein Taktieren gegenüber Israel beziehungsweise jenen fortsetzt, die den Staat der Juden vernichten wollen und dies mit einem Massenmord gerade belegten.

„Es gibt nicht die eine Sichtweise in dieser furchtbaren Situation. Das hab’ ich ja auch vor den Vereinten Nationen deutlich gemacht“, sagte Baerbock, die damit die Enthaltung Deutschlands in der Uno-Vollversammlung gegenüber einer anti-israelischen Resolution rechtfertigte. Man muss sich das verdeutlichen: Deutschlands Regierung, die das Existenzrecht Israels als Staatsräson behauptet, drückt sich vor einem eindeutigen „Nein“ zu einer Resolution, die den Hamas-Terror gegen Israels Bürger nicht verurteilt.

Die Angst der Juden, ihre Kultur und Religion zu zeigen, ist zurück

Habeck rettete dagegen mit seinem Internet-Auftritt die Ehre der Bundesregierung gegenüber Israel und den Juden hier und anderswo auf der Welt. „Die öffentliche Debatte ist seit dem Angriff aufgeheizt, mitunter verworren“, sagt er vermutlich mit Blick auf diese Baerbock-Worte. „Ich möchte mit diesem Video einen Beitrag leisten, sie zu entwirren. … Der Satz ,Israel ist deutsche Staatsräson‘ war nie eine Leerformel. Und er darf auch keine werden. Er sagt, dass die Sicherheit Israels für uns als Staat notwendig ist. … Es war die Generation meiner Großeltern, die jüdisches Leben in Deutschland und Europa vernichten wollte. Die Gründung Israels war danach, nach dem Holocaust das Schutzversprechen an die Jüdinnen und Juden. Und Deutschland ist verpflichtet zu helfen, dass dieses Versprechen erfüllt werden kann. Das ist ein historisches Fundament dieser Republik. Die Verantwortung unserer Geschichte bedeutet genauso, dass Jüdinnen und Juden in Deutschland frei und sicher leben können.“

Die Angst der Juden, ihre Kultur und Religion offen zu zeigen, sei nun zurück in Deutschland. Jüdische Eltern erzählten ihm, dass sie ihren Kindern rieten, keine Kette mit einem Davidstern zu tragen, und Angst vor Taxi-Fahrern hätten. „Die jüdischen Gemeinden warnen ihre Mitglieder, bestimmte Plätze zu meiden – zu ihrer eigenen Sicherheit. Und das heute hier in Deutschland, fast 80 jahre nach dem Holocaust.“

Ein ziemlich klarer Vorwurf gegen Parteifreunde wie Baerbock

„Während es schnell große Solidaritätswellen gibt, etwa wenn es zu rassistischen Angriffen kommt, ist die Solidarität bei Israel rasch brüchig“, sagte Habeck. „Dann heißt es, der Kontext sei schwierig. Kontextualisierung darf hier nicht zu Relativierung führen.“ Das ist ein ziemlich klarer Vorwurf gegen Parteifreunde wie Baerbock und das eigene politische Milieu der Grünen, beziehungsweise ihr politisches Vorfeld in der sogenannten Zivilgesellschaft. Viele Klimaschützer hatten sich allenfalls verhalten zu Israel bekannt, manche, etwa Greta Thunberg, sogar offen Parolen verbreitet, die auch für den Vernichtungswillen palästinensischer Terroristen gegen Israel stehen.

 

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Zu Anfang seines Auftritts blieb die Herkunft der anti-jüdischen und anti-israelischen Ausschreitungen in Deutschland unerwähnt. Habeck wird dann aber deutlich. „Das Ausmaß bei den islamistischen Demonstrationen in Berlin und anderen Städten ist inakzeptabel.“ Er fordert eine „harte politische Antwort – auch von den muslimischen Verbänden“. Zu wenige von ihnen, und „manche zu zögerlich“, hätten sich von den Taten der Hamas distanziert, sagte Habeck. Muslime müssten sich „klipp und klar von Antisemitismus distanzieren, um nicht ihren eigenen Anspruch auf Toleranz zu unterlaufen“. Das Verbrennen von Israel-Flaggen und das Preisen von Hamas-Terror sind Straftaten, stellte Habeck klar, und sollten zur Abschiebung führen.

Man muss Habeck für diesen Auftritt Dank und Anerkennung zollen. Erst recht, wenn man seine Wirtschaftspolitik für grundfalsch und sogar verheerend für dieses Land hält. Er, der von der Außenministerin in einem berühmten gemeinsamen Auftritt vor der Bundestagswahl öffentlich abgekanzelt wurde, hat dieser nun endgültig als vollkommen überfordert erwiesenen Frau gezeigt, was sie versäumt hat. Aber auch ihrem auf ganzer Linie mit seinen außenpolitischen Haltungen (ob gegenüber Putins Russland oder gegenüber den islamistischen Akteuren des Nahen Ostens) als gescheitert erwiesenen Vorgänger, dem heutigen Bundespräsidenten. Steinmeier oder Kanzler Scholz hätten eine solche Rede schon längst halten müssen. Dass sie es nicht wollen oder können, ist nicht nur peinlich, sondern deprimierend und erschütternd.

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