Dieses Bild ist leider nicht mehr verfügbar
() Jürgen Todenhöfer
Ein Bärendienst für den Frieden – Todenhöfer und die Taliban

Der Publizist und Friedensaktivist Jürgen Todenhöfer hat in einem Interview mit Cicero Online den Westen scharf für seine Afghanistan- und Iran-Politik kritisiert. Doch dieser verharmlost zugleich die Taliban und das iranische Regime Mahmud Ahmadinedschads, er ergreift für die falsche Seite das Wort. Eine Replik.

In der vergangenen Woche veröffentlichte Cicero Online ein Interview mit Jürgen Todenhöfer zur Verlängerung des Afghanistan-Mandats der Bundeswehr. Der Publizist und ehemalige CDU-Politiker sprach sich für einen sofortigen Abzug der Bundewehr aus. Dabei plädierte er für Verhandlungen mit den Taliban und nahm den iranischen Präsidenten Ahmadinedschad gegen den Vorwurf des Antisemitismus in Schutz. Es ist zwar durchaus anzuerkennen, dass Todenhöfer anders als viele seiner Kollegen aus Politik und Publizistik klar Position bezieht. Nur leider geht diese Klarheit an mancher Stelle auf Kosten der Wahrheit und läuft so auch dem friedens-aktivistischen Anspruch Todenhöfers zuwider. „Der Afghanistaneinsatz ist ein Terrorzuchtprogramm“, klagt Todenhöfer. Und in der Tat liegt er damit nicht gänzlich falsch. Der Struck’sche Imperativ, die Sicherheit Deutschlands würde am Hindukusch verteidigt, hat sich längst als eine nicht realitätstaugliche Hypothese entpuppt, schaut man sich die Zunahme der Terroranschläge in den westlichen Staaten an. Der Einsatz in Afghanistan hat deren Sicherheit letztlich nicht erhöht. Todenhöfer nimmt aber gleichzeitig jene aus der Verantwortung, die den Terror dann auch tatsächlich produzieren, also diejenigen, um in der Rhetorik Todenhöfers zu bleiben, die die Terroristenzucht betreiben. Jene also, die keine Skrupel haben Zivilisten in den Tod zu sprengen oder Kinder für ihre perfide Ideologie zu instrumentalisieren. Terrorismus allein als Reaktion auf Leid oder Hunger zurückzuführen, ist eine Verharmlosung, die, zu Ende gedacht, die Anwendung gewalttätiger Mittel legitimiert. Todenhöfer geht aber noch weiter. Er schießt weit über das Ziel hinaus, wenn er zu der Schlussfolgerung kommt, dass es der afghanischen Bevölkerung unter dem Talibanregime besser gegangen sei. Er sei zwar kein Freund der Taliban, schiebt er hinterher, doch die Taliban hätten ja zumindest für Sicherheit gesorgt. Mit welch menschenverachtenden Mitteln die vermeintliche Sicherheit durch die Taliban hergestellt wurde, erwähnt er aber mit keinem Wort. Fast scheint es, als seien für Todenhöfer die Menschenrechtsverletzungen der Taliban hinnehmbar, sorgen sie ja letztlich für mehr Sicherheit und Stabilität. Aus dem Anwalt der Taliban wird schließlich ein Fürsprecher Ahmadinedschads. Der iranische Präsident Ahmadinedschad hätte die Behauptung Israel von der Landkarte tilgen zu wollen nachweislich nie gemacht, behauptet Todenhöfer. Es handele sich um eine Falschübersetzung. Tatsache ist, dass die umstrittene Formulierung „wiped of the map“ auf der Homepage der iranischen Regierung publiziert wurde. Aber unabhängig vom tatsächlichen Wortlaut müssten die antisemitischen Tiraden Ahmadinedschads und das permanente Leugnen des Holocaust dem Demokraten Todenhöfer eigentlich genügen, um in Ahmadinedschad keinen Partner für den Frieden zu sehen. Todenhöfer ergreift für die Falschen das Wort. Er sieht sich in der Tradition des Humanismus und der Menschenrechte, verteidigt aber zugleich Antidemokraten. Argumentationen aber, die im Namen des Friedens Extremisten verharmlosen, schaden den wirklichen Friedensaktivisten und konterkarieren ernsthafte Friedensbemühungen. Sie tragen letztlich nicht zur Entschärfung der gegenwärtigen Situation bei. Insofern ist eine derartige Parteinahme ein Schlag ins Gesicht für jenen Teil der afghanischen Bevölkerung, der sich für ein freies und demokratisches Afghanistan ohne Taliban einsetzt und für all jene, die unter der Politik Ahmadinedschads zu leiden haben. In einem Punkt allerdings hat Jürgen Todenhöfer Recht. „Es ist an der Zeit, dass wir uns von einigen unserer Lebenslügen trennen.“ Zum Interview mit Jürgen Todenhöfer

Bei älteren Beiträgen wie diesem wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen. Wir bedanken uns für Ihr Verständnis.