Cicero Jugend-Serie „Contra Woke” - Gewerkschafter Manuel Ostermann: „Wir Polizisten müssen das Versagen der Regierung ausbaden“

Immer mehr werde die Polizei zum Prellbock des politischen Versagens, sagt der Polizeibeamte und Gewerkschafter Manuel Ostermann (DPolG). Im Interview spricht er zudem über die Gewaltbereitschaft des migrantischen Milieus und absurde Rassismus-Vorwürfe aus dem linken Lager.

„Die Verrohung in unserer Gesellschaft hat stark zugenommen“, sagt Ostermann / dpa
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Autoreninfo

Clemens Traub ist Buchautor und Cicero-Volontär. Zuletzt erschien sein Buch „Future for Fridays?“ im Quadriga-Verlag.

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Die Medien sind in den letzten Jahren daran gescheitert, ein Bild der jungen Generation zu zeichnen, das mit der Wirklichkeit übereinstimmt. Wir möchten die Debatte über die Generation Z daher nicht länger identitätspolitisch motivierten Redaktionen überlassen. Denn junge Menschen bewegt mehr als Fridays for Future, Body Shaming und Black Lives Matter.

Die Cicero Jugend-Serie „Contra Woke“ möchte all jenen jungen Menschen eine Stimme geben, die dem vorherrschenden woken Zeitgeist nicht entsprechen, aber gehört werden müssen, um die echte Lebensrealität und die wahren Sorgen der jungen Generation zu verstehen. Sie möchten selbst einen Artikel einreichen? Gerne, schreiben Sie uns hierfür eine Mail an: redaktion@cicero.de.

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Der 33-jährige Manuel Ostermann ist Polizeibeamter und Personalratsvorsitzender. Als erster stellvertretender Bundesvorsitzender der DPolG Bundespolizeigewerkschaft und Mitglied im Bundesvorstand der Deutschen Polizeigewerkschaft setzt er sich für die Interessen der Polizeibeamten in Deutschland ein. Außerdem ist er Mitglied der CDU.

Herr Ostermann, warum haben Sie sich nach der Schule für den Polizeiberuf entschieden?

Mein Onkel, der Polizeibeamter ist, hat mich als kleines Kind mit auf die Polizeiwache genommen. Damals ist meine Faszination für die Polizei entfacht worden. Es mag sich zwar etwas schnulzig anhören, aber ich wollte schon in frühsten Jahren für Recht und Gesetz einstehen. Man kannte damals immer den Dorf-Sheriff und den habe ich bewundert. Ich konnte mir niemals einen anderen Beruf vorstellen als den des Polizisten und bin sehr froh, dass dieser Kindheitstraum in Erfüllung gegangen ist.

Haben sich Ihre Erwartungen an den Beruf erfüllt oder mussten Sie einen Realitätsschock erfahren?

Als ich 2010 bei der Polizei angefangen habe, waren die Probleme noch gar nicht derart präsent. Jedoch hat sich in den vergangenen 13 Jahren so viel zum Negativen verändert, dass man als Polizist mittlerweile der Prellbock vieler Gesellschaftsschichten ist. Wir müssen allzu oft das ausbaden, was Regierungsverantwortliche verzapft haben. Heutzutage müssen Polizisten ein sehr dickes Fell haben, denn die Verrohung in unserer Gesellschaft hat gefühlt stark zugenommen.

Manuel Ostermann / privat

Sie sprechen davon, dass sich in den vergangenen 13 Jahren vieles zum Negativen verändert hat. Auf welche Gründe führen Sie diese Entwicklung zurück?

Der Grund liegt für mich offen auf der Hand. Es fing damit an, dass die Politik die Verrohung der Sprache vorgelebt hat. Wir erleben in unseren Parlamenten und in den Parteien aktive Diskreditierungskampagnen gegen die Polizei. Verfälschte und tendenziös geschnittene Videosequenzen werden meist durch linke Aktivisten in den sozialen Medien genutzt, um die Polizeiarbeit gezielt in Verruf zu bringen. Dann erleben wir, dass Politiker insbesondere aus den Reihen der Grünen und der Linken oftmals nichts Besseres zu tun haben, als mit pauschalen Vorurteilen an die Medien heranzutreten.

Dabei sprechen sie den Polizeibeamten in ihrem ideologischen Eifer das ab, was sie bei jedem anderen Menschen zurecht lautstark fordern: die Unschuldsvermutung. Dieses von Feindseligkeit durchdrungene Vorgehen einiger Politiker führt leider indirekt zu einer Legitimation der verbalen und non-verbalen Gewalt gegen Polizeibeamte. Nach teilweiser brutaler Gewalt gegenüber Polizeibeamten erfolgt nicht selten von genau diesen Politikern eine geheuchelte Mitleidsbekundung, die für meine Kollegen wie ein Schlag in die Magengrube sind. Denn viele linke Politiker sagen zwar, dass Sie auf der Seite der Polizei stehen würden, aber leben es im Alltag nicht – mit massiven Auswirkungen für die Einsatzkräfte.

Können Sie konkrete Beispiele nennen, die Sie und Ihre Kollegen verärgert haben?

Es gibt unglaublich viele Beispiele von Diffamierungen gegen Einsatzkräfte. Schauen Sie: SPD-Chefin Saskia Esken schwadronierte pauschal von latentem Rassismus innerhalb der Sicherheitsbehörden. Vize-Kanzler Habeck nannte die Polizei ein „Rollkommando“. Grünen-Politikerin Renate Künast diskreditierte Einsatzkräfte nach einem Schusswaffengebrauch in einer lebensbedrohlichen Einsatzlage. Und die Grüne Jugend möchte uns in Teilen gleich ganz abschaffen und fordert „Sozialarbeiter statt Polizei“.  Das ist der Dank dafür, dass wir alltäglich für die Sicherheit dieses Landes unseren Kopf hinhalten.

Haben Sie als Polizist selbst schon Gewalt und Feindseligkeit gegen Sie erleben müssen?

In meiner Laufbahn musste ich bereits miterleben, wie auf meine Kollegen und mich Molotow-Cocktails und Steine geworfen wurde. Ein mir immer noch sehr präsenter und gefährlicher Einsatz war zum Beispiel im Hambacher Forst. Dort wurden seitens der sogenannten Klimaaktivisten versteckte Mistgabeln als Fallen gegen die Polizeibeamten aufgestellt, metallische Geschosse auf Einsatzkräfte gefeuert und manipulierte Baumstämme auf meine Kollegen herabgelassen. Das hätte mitunter tödlich enden können. Sie hätten den Hass dieser Menschen gegen die Polizei sehen müssen. Sich als moralische Instanz inszenieren zu wollen und gleichzeitig mit dem Menschenleben der Polizeibeamten zu spielen, passt einfach nicht zusammen.

Außerdem erleben wir, dass Gewalteskalationen heute nicht mehr nur auf Fußballspielen oder Großdemonstrationen passieren. Die Entmenschlichung der Polizeibeamten findet heute im Einsatzalltag statt und kann sich jederzeit in nackte Gewalt gegen uns ausdrücken. Wir haben es mit drei zentralen Spannungsfeldern zu tun: der heimtückischen linken, islamistischen und rechten Gewalt und der immer häufiger auftretenden Gewalt durch junge Männer in Problembezirken. Diese haben zumeist keinerlei Hemmungen, brutale Gewalt gegen die Sicherheitskräfte einzusetzen. Messerattacken sind dabei eine traurige Realität, mit der sie beinahe alltäglich konfrontiert werden.

Fühlen sich Ihre Kollegen als Polizisten durch die Ampelkoalition gut vertreten?

Nein, überhaupt nicht. Die aktuelle Ampelkoalition ist aus sicherheitspolitischer Perspektive mit die schlechteste Bundesregierung, die wir hätten haben können. Wir haben als DPolG mehrfach darauf hingewiesen, wo die Missstände derzeit liegen. Doch wir sind immer auf taube Ohren gestoßen. Bundesinnenministerin Faeser kann sich auf die Fahnen schreiben, die Bundespolizei finanziell, materiell und gesetzlich komplett vor die Wand zu fahren. Das sehen wir insbesondere im aktuellen Haushaltsentwurf für 2024, sowie beim Bundespolizeigesetz.

 

Zuletzt in der Jugend-Serie „Contra Woke“ erschienen:

 

Man bekommt zunehmend das Gefühl, dass in der Ampelregierung in Teilen eine regelrechte persönliche Abneigung gegen die Polizei herrscht. Anstatt den Einsatzkräften den notwenigen Respekt entgegenzubringen, installiert das Bundesinnenministerium gesetzliche Regelungen, die gegenüber den Polizisten ein gigantisches Misstrauen zum Ausdruck bringen. Die Kontrollquittungen, die Kennzeichnungspflicht und der eingesetzte Polizeibeauftragte sind der Beleg und sind darüber hinaus rein ideologisch begründet. Wir brauchen eine Kehrtwende um 180 Grad, denn zurzeit erweist die Regierung der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland einen Bärendienst.

In der Öffentlichkeit wird seit Jahren über neue Kriminalitätsentwicklungen im Zuge der Migrationskrise seit 2015 diskutiert. Haben Sie das Gefühl, dass die Bundesregierung diese Probleme offen genug benennt?

Viele Problementwicklungen werden insbesondere unter linken Politikern wissentlich tabuisiert und ignoriert. Mit der 2015 beginnenden und anhaltenden Migrationskrise haben die Tatbestände gegen Leib und Leben und die sexuelle Selbstbestimmung enorm zugenommen. Die Politik muss sich endlich ehrlich machen: Wir erleben mit der Zunahme an Migranten in unserem Land einen starken Anstieg an Kriminalität. Das wüsste auch die Politik, wenn sie einen Blick in die Statistiken werfen würde. Viele Frauen trauen sich vor lauter Angst nachts gar nicht mehr allein, die öffentlichen Verkehrsmittel zu benutzen oder auf Großveranstaltungen zu gehen. Nichts anderes also als ein völlig inakzeptabler kollektiver Freiheitsverlust.

Doch diese Debatten werden insbesondere im linken Lager zu ideologisch geführt. Sobald wir Polizisten die veränderte Sicherheitslage ungeschönt thematisieren, wird uns seitens der Politik mit absurden Rassismus-Vorwürfen begegnet. Es ist unfassbar viel zu tun für die Kommunen, die Länder und insbesondere den Bund: Wir müssen den Vollzug der Ausreiseverpflichtung von fast 350.000 Menschen forcieren, die Abschiebehaftplätze erweitern und der Bundespolizei nach dem Aufenthaltsgesetz mehr Zuständigkeiten geben. 

Erleben Sie im migrantischen Milieu eine besonders hohe Gewaltbereitschaft und Respektlosigkeit gegenüber den Einsatzkäften?

Schauen Sie doch allein auf die Ereignisse an Silvester. Der Beschuss von Feuerwerkskörpern ist nichts anderes als ein akuter Angriff auf Leib und Leben. Die Debatte um die Silvesternacht ist ohnehin völlig irre. Natürlich ist es dieses Jahr „friedlicher“ gewesen als im vergangenen Jahr. Doch schauen Sie sich die Bedingungen an: Es sind doppelt so viele Einsatzkräfte auf den Straßen gewesen und trotzdem waren die Gewaltdelikte fast gleichbleibend. Das ist kein Erfolg. Es ist ein Armutszeugnis, das als Erfolg zu verbuchen. Wenn das die neue gesellschaftliche Realität ist, erleben wir eine unfassbare Schieflage in Deutschland, die uns um die Ohren fliegen wird.

Das hat auch damit zu tun, dass die Repressionen schlicht und ergreifend viel zu lange dauern. Die Strafe muss auf dem Fuße folgen. Das bedeutet aber auch, dass die Gerichtsbarkeit vernünftig ausgestattet ist. Über Jahrzehnte hinweg hat die Politik den schlanken Staat installiert. Ein gigantischer Personalmangel bei einem immer größeren Anstieg der Bürokratie ist das Resultat. Dieses Milieu nimmt unseren Rechtsstaat nicht mehr ernst, da es viel zu häufig die Erfahrung machen konnten, dass Gewalttaten folgenlos blieben.

Ist das nicht zutiefst frustrierend für Sie und Ihre Kollegen?

Ja, es ist eine ungemeine Frustrationserfahrung. Zu sehen, dass wir seitens der Politik im Stich gelassen werden und gesellschaftliche Schieflagen ausbaden müssen, macht zunehmend wütend. Wir Polizisten sind allerdings absolute Überzeugungstäter und möchten die freiheitlich-demokratische Grundordnung unseres Landes verteidigen. Wir werden uns in unserer Begeisterung für den Beruf nicht abbringen lassen.

Mit all Ihren Erfahrungen und den veränderten gesellschaftlichen Verhältnissen: Hätten Sie sich nochmal für den Beruf des Polizisten entschieden?

Das ist eine spannende Frage. Ich sage ganz deutlich: ja. Ich hätte mich wieder für den Job entschieden und bereue keine einzige Sekunde. In meiner aktuellen Rolle als Polizeigewerkschafter kann ich mich für meine Kollegen einsetzen. Das ist eine sehr erfüllende Aufgabe. Die Mehrheit der Bevölkerung steht vollkommen hinter den Polizeikräften in diesem Land. Als Polizeigewerkschafter kann ich mich dafür stark machen, dass meine Kollegen die Wertschätzung erhalten, die sie durch ihren täglichen Dienst für die Gesellschaft verdient haben.

Das Gespräch führte Clemens Traub.

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