Antifa veröffentlichte Privatadressen von AfD-Politikern - Totalitäre Ideologie getarnt im Mantel des Antifaschismus

Die Diskussion um die Veröffentlichung von Privatadressen hessischer AfD-Politiker durch die Antifa zeigt einmal mehr das unklare Verhältnis unserer Gesellschaft zum Antifaschismus. Schuld daran ist die Umdeutung politischer Begriffe durch die Antifa selbst.

Eine Kundgebung der Antifa in Würzburg / picture alliance
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Autoreninfo

Alexander Grau ist promovierter Philosoph und arbeitet als freier Kultur- und Wissenschaftsjournalist. Er veröffentlichte u.a. „Hypermoral. Die neue Lust an der Empörung“. Zuletzt erschien „Vom Wald. Eine Philosophie der Freiheit“ bei Claudius.

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Als Mitte der Woche die Antifa Privatadressen von hessischen AfD-Politikern veröffentlichte, war die Empörung groß. Stellvertretend für viele stellte Ruprecht Polenz, ehemaliger CDU-Generalsekretär, gegenüber dem WDR klar: „Privatadressen von Politikern zu veröffentlichen, verbunden mit einer politischen Aufforderung, das ist in jeder Beziehung verantwortungslos und abzulehnen“. Und auch das Bundesinnenministerium beeilte sich die Antifa-Aktion zu verurteilen. Gewalt und Drohungen könnten „niemals ein in irgendeiner Weise akzeptables Mittel einer politischen Auseinandersetzung sein“, so ein Sprecher des Ministeriums.

Dass man sich überhaupt genötigt sah, solche Selbstverständlichkeiten zu betonen, liegt in dem reichlich unklaren Verhältnis, das man hierzulande gegenüber der Antifa pflegt. Verfolgt man die öffentlichen Debatten, könnte man den Eindruck gewinnen, dass Antifaschismus Ausdruck gehobener demokratischer Kultur ist und die aufrechte Haltung all jener, die für Menschenwürde und Menschenrechte streiten. Die Antifa wäre dementsprechend ein etwas wehrhafteres Bündnis besonders engagierter Demokraten und Menschenrechtsfreunde. Aber das ist natürlich Unsinn.

Antifa möchte bürgerliche Werte bekämpfen

Die Unklarheit hinsichtlich des Begriffs Antifaschismus beginnt schon bei seinem eigentlich politischen Gegner: dem Faschismus. Nach dem Erfolg Mussolinis in Italien einigte man sich seitens kommunistischer Theoretiker recht schnell auf eine Faschismus-Theorie nach der der Faschismus keine eigenständige politische Bewegung ist. Vielmehr seien die Faschisten so etwas wie das Rollkommando des internationalen Kapitals. Angesichts der Krise des Kapitalismus und des bald zu erwartenden Ausgreifens der russischen Revolution auf andere Länder seien die Faschisten das letzte Aufgebot einer maroden Bourgeoisie. Damit entlarve sich zugleich der Kapitalismus und das ihn tragende Bürgertum selbst als faschistisch – so in etwa die Theorie.

 

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Mit diesem Faschismus-Begriff arbeiten die extreme Linke und die Antifa im Grunde bis heute. Demnach ist jeder Vertreter bürgerlicher Werte ein Faschist und bürgerliche Institutionen und Parteien lediglich Wegbereiter eines irgendwann auch äußerlich erkennbaren faschistischen Systems. Der Kampf der RAF in den 70er und 80er Jahren etwa gründete in dieser Annahme. Dabei sahen die Terroristen ihre Aufgabe vor allem darin, dem im Grunde faschistischen Staat seine biedere Maske herunterzureißen.

Adeln des eigenen totalitären Handelns

Diese Strategie, das Label „Faschismus“ frei vom jedem historischen oder ideologischen Bezug nach Gutdünken zu vergeben, hält nicht nur bis heute an, sondern hat in den letzten Jahren ganz neue Dimensionen erreicht. Ein Faschist (gern auch Nazi) kann nun jemand sein, der zu mehr Sachlichkeit in der Klimadebatte mahnt, sich gegen Massenmigration ausspricht, das Gendern ablehnt oder den Corona-Maßnahmen der vergangenen Jahre reserviert gegenüberstand.

Diese unsinnige Verwendung des Faschismus-Begriffs hat aus Sicht der Linken zwei unbestreitbare Vorteile. Zum einen rückt sie jeden Gegner linker Politprojekte sprachlich in die Nähe des Nationalsozialismus. Das ist infam und dümmlich – aber wirkungsvoll. Zum anderen adelt man das im Grunde antidemokratische, gewalttätige und totalitäre eigene Handeln als Kampf gegen die Inkarnation des politisch Bösen. Und wo gehobelt wird, dürfen eben auch mal Späne fallen.

Diese vollkommen beliebige Verwendung des Faschismus-Begriffs hat Tradition. Denn mit der Bildung der Volksfront Mitte der 1930er Jahre nutzte vor allem Stalin den Begriff „Faschist“ um unliebsame Konkurrenten oder Gegner loszuwerden: Sozialdemokraten, Anarchisten, Liberale, Christen, Bürgerliche. An dieser inquisitorischen Verwendung des Begriffs „Faschismus“ durch die Antifa hat sich bis heute nichts geändert.

Es bedarf eines anti-antifaschistischen Grundkonsenses

Es ist daher ein Armutszeugnis der Extraklasse, dass es in den letzten Jahrzehnten gelungen ist, den Eindruck zu erwecken, der Antifaschismus sei so etwas wie die Staatsräson der Bundesrepublik. Er ist es nicht und darf es nicht sein. Denn hinter dem Begriff Antifaschismus verbirgt sich kein Kampf gegen Rassismus und Totalitarismus, sondern eine totalitäre Ideologie, deren wesentliches Element in einer Umdeutung der Begriffe besteht. Bürgerliche Werte werden als NS-nahe diskreditiert, totalitäres Denken als Ausdruck wahrer Demokratie gefeiert.

Es ist an der Zeit, einen parteiübergreifenden anti-antifaschistischen Grundkonsens zu formulieren und endlich die Alimentierung entsprechender Strukturen mit Steuergeldern einzustellen.

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