Versagen von Parteien und Medien - Der aufhaltsame Aufstieg der AfD

Der breite Unmut in der Bevölkerung über Habecks Heizungsdiktat und die anhaltende Migrationskrise kannte in den Umfragen zuletzt nur einen Nutznießer: die AfD. Doch auch die mediale Diffamierung der Normalbürger mit ihren Sorgen treibt viele Bürger in die Arme der Protestpartei.

Besucher einer Wahlkampfveranstaltung der AfD / dpa
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Malte Heidorn ist als Referent im Deutschen Bundestag tätig. Er ist Mitglied der Partei Die Linke. 

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Die AfD ist so populär wie nie. Friedrich Merz hatte versprochen, er wolle sie „halbieren“. Der Kanzler sieht in ihr eine „Schlechte-Laune-Partei“. Die Reaktion der Bundesregierung, bei der der Mehrheit der Bürger das Lachen längst vergangen ist, könnte nicht selbstgerechter sein. Umfrageergebnisse von 19 Prozent für die AfD müssten ein Alarmsignal für alle Bundestagsparteien sein. Wie stark muss die AfD eigentlich noch werden, damit die Politik aufwacht? 

Klima, Krieg, Migration – in Kernfragen der Politik werden die Positionen eines Großteils der Bevölkerung beiseite gewischt, vielfach moralisch abgewertet. Das ist der Sessellift nach oben für die AfD, die momentan gar nichts tun muss. Man stelle sich vor, sie hätte charismatische und sympathische Parteivorsitzende. Zum Glück teilt sie diesen Personalmangel mit den anderen Parteien.

Derzeit reicht ihr, dass im Land vielfach Debatten gewälzt werden, die mit den realen Problemen der Leute wenig zu tun haben. Der Normalbürger steht allein und verlassen im Parteienspektrum. Da ist die Tendenz zur AfD oft Notwehr und verzweifelter Denkzettel. Auch die Medien haben ihren Anteil. Der Meinungskorridor in Deutschland verengt sich von Krise zu Krise – Flüchtlinge, Corona, Ukraine.  

Habecks Heizdiktat: Frühjahrsgeschenk an die AfD

Die Debatte um Habecks Heizdiktat war das Frühjahrsgeschenk an die AfD. Selten haben Regierungspläne so viel Angst und Ablehnung im Land verbreitet. Bis heute weiß niemand, welche Heizungsregeln ab 2024 gelten sollen. Das ist ein Komplettversagen der Ampel, bei der die FDP bisher Schlimmeres verhindert hat. Die Wärmewende der Regierung wird als Spitze des Eisbergs einer seit Jahren verkorksten Klimapolitik wahrgenommen, die maximal die Preise treibt und minimal das Klima schützt.

Schon die Einführung der CO2-Steuer 2021 hat den Bürgern gezeigt, wie teuer und ineffektiv Klimaschutz betrieben wird. Diese grüne Rechnung, die ausschließlich dem Normalbürger präsentiert wird, ist ein ständiger Wasserstrom auf die Mühlen der AfD. Die Leute wollen Natur und Umwelt schützen und tun dies auch. Sie sind mehrheitlich für eine vernünftige Klimapolitik, aber sie reagieren allergisch auf die Hybris, mit Wärmepumpen die weltweite Klimakrise stoppen zu wollen, aber nicht einmal die Fische in der Oder schützen zu können. 

Der russische Krieg gegen die Ukraine tobt seit 16 Monaten, und ein Ende ist nicht in Sicht. Deutschland hat seinen anfänglich zurückhaltenden Kurs verlassen und liefert immer mehr Waffen an die Ukraine. Etwa die Hälfte der Bevölkerung lehnt dies ab und glaubt nicht, dass Waffenlieferungen den Krieg beenden. Millionen Menschen haben Angst vor einer weiteren Eskalation, einem Dritten Weltkrieg. Es klaffen Welten zwischen den Selenskyj-Festspielen in Politik und Medien einerseits und der Antikriegsstimmung in der Bevölkerung andererseits.  

Öffentlich-rechtlicher Rundfunk spaltet das Land

Auch die angeblich vierte Gewalt im Staat muss sich hinterfragen, welche Verantwortung sie für den Aufstieg der AfD trägt. Besonders auffällig war zuletzt die mediale Diffamierung von Normalbürgern, die für Frieden, Diplomatie und Verhandlungen auf die Straße gingen, sowie die mediale Hofierung einer Klimakleber-Sekte, die Normalbürger verachtet und sich jetzt nach fast einem Jahr Nötigung darüber beschwert, wenn der Rechtsstaat endlich Grenzen setzt. 

In der aktuellen Verfassung ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk kein Bollwerk gegen Rechts, keine Säule der Demokratie, sondern er spaltet das Land. Die Rundfunkgebühren sind für kleine und normale Einkommen zu hoch. Zwang erhöht nicht die Akzeptanz. Die Rundfunkgebühren sind sozial ungerecht, weil alle dasselbe zahlen – ob Millionär oder Müllwerker. Gehälter und Pensionen bei den Öffentlich-Rechtlichen sind unverschämt hoch. Es ist niemandem zu erklären, warum Tom Buhrow deutlich mehr verdient als Olaf Scholz. Ein verantwortlicher Umgang mit dem Geld der Gebührenzahler steht mehr denn je in Frage – Stichwort RBB, aber auch anderswo.

 

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Programm und Auftrag stehen nahezu täglich im Widerspruch. Die Ausgewogenheit der Berichterstattung wird zu Recht von immer mehr Bürgern bezweifelt. Intendantenposten dürfen nicht Versorgungsposten für ehemalige Regierungssprecher sein. Die Öffentlich-Rechtlichen scheitern an den Krisen unserer Zeit und liefern derzeit mehr Argumente gegen sich als gegen die AfD. Wir brauchen eine grundlegende Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, und keinen Cent mehr! Die Vollkaskomentalität, die faktisch ein Fass ohne Boden ist, muss enden. 

Eine weitere Großbaustelle, die die AfD nährt, ist das Thema Zuwanderung. Hier erleben die Bürger eine Situation, die sich nicht substanziell von der des Jahres 2015 unterscheidet. Eine rationale Debatte, wie viele Flüchtlinge das Land verträgt und wie viel Zuwanderung die Menschen hierzulande akzeptieren, gibt es nicht. 2022 kamen etwa 1,3 Millionen Flüchtlinge nach Deutschland, vorwiegend aus der Ukraine. Das Land ist überfordert. Wohnraum, Schul- und Kitaplätze sind knapp. Die Strukturen vor Ort sind am Limit und vielerorts weit darüber hinaus. Die Bundesregierung schaut weg, und die Kommunen müssen um jeden Euro betteln. Zu einer ehrlichen Debatte gehört: Begrenzung und Kontrolle sind die unabdingbaren Voraussetzungen für Humanität, sichere Fluchtwege und Freizügigkeit innerhalb der EU. 

Normalbürger muss im Mittelpunkt der Politik stehen

Weimar wiederholt sich nicht? 1933 wiederholt sich nicht? Gerade diejenigen, die gern in Sonntagsreden beteuern, dass Demokratie und Freiheit immer wieder verteidigt werden müssen, sind auffällig leise. Noch wählen zwei Drittel aus Enttäuschung über andere Parteien die AfD, nicht aus Überzeugung. Das Verhältnis droht sich immer mehr umzukehren. Die Rechtsentwicklung ist kreuzgefährlich. Die aktuellen 19 Prozent sind nicht der erste Warnschuss. In Brandenburg, Sachsen und Thüringen könnte die AfD im kommenden Jahr stärkste Partei werden. Was dann?  

Politik und Medien dürfen sich nicht weiter von der Bevölkerung entfernen. In zentralen Fragen muss das, was in Bundestag und Hauptstadtredaktionen läuft, mit dem Leben und Erleben der Menschen im gesamten Land etwas zu tun haben und in Beziehung stehen. Und es braucht eine Strategie der ausgestreckten Hand in Richtung AfD-Wähler. Zu dem Teil der Wählerschaft, den man noch zurückgewinnen kann. Mit einer ausbalancierten Politik der Vernunft, die den Normalbürger – die Mehrheit des Landes – in den Mittelpunkt rückt und Wahrheiten nicht länger rechts liegen lässt. 

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