Wahlpanne bei der SPÖ - Von Giraffen und sonstigen Hindernissen

Der SPÖ ist bei der Wahl des neuen Parteivorsitzenden eine gewaltige Panne passiert: Der zum Sieger erklärte Hans Peter Doskozil wurde eigentlich nur Zweiter. Nicht die einzige Clowneske, die das Bild einer von sich selbst überforderten Partei zeichnet.

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Autoreninfo

Ben Krischke ist Leiter Digitales bei Cicero, Mit-Herausgeber des Buches „Die Wokeness-Illusion“ und Mit-Autor des Buches „Der Selbstbetrug“ (Verlag Herder). Er lebt in München. 

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„Der ehemalige Verteidigungsminister und burgenländische Ministerpräsident Doskozil erhielt am Samstag bei einem außerordentlichen SPÖ-Bundesparteitag in Linz 53 Prozent der Stimmen der rund 600 Delegierten. Doskozil setzte sich damit gegen den Traiskirchener Bürgermeister Andreas Babler und einen weiteren Mitbewerber durch“, schrieb ich in einem Beitrag am Montag über die österreichischen Sozialdemokraten und eine Wahl am Wochenende, bei der Hans Peter Doskozil zum neuen Parteivorsitzenden gewählt wurde. Also angeblich.

Als abends mein Telefon klingelte – da befand ich mich bereits im wohlverdienten Feierabend –, stellte sich die Sache dann plötzlich sehr anders dar. Die Deutsche Presse-Agentur meldete um 17.20 Uhr: „Schwere Panne bei Wahl: Neuer SPÖ-Chef in Österreich war nur Zweiter.“ Denn: „Bei der Auszählung seien die Stimmen vertauscht worden, sagte die Leiterin der Wahlkommission, Michaela Grubesa. Bei dem Parteitag in Linz ging also der linke Parteirebell Babler (50) als Sieger mit 53 Prozent der Delegiertenstimmen hervor, und nicht der für seine restriktive Migrationspolitik bekannte Doskozil mit 47 Prozent.“

Kein Land braucht eine solche Regierungspartei

Dass es zu Wahlpannen kommen kann, weiß der aufmerksame Deutsche spätestens seit der vergeigten Berlin-Wahl im September 2021. Die Folgen sind bekannt: Der Ver­fas­sungs­ge­richts­hof des Lan­des Ber­lin er­klär­te die Wahl schließlich für un­gül­tig, weil gleich gegen mehrere Wahlgrundsätze verstoßen worden war. Aus der Wiederholungswahl ging schließlich die CDU als stärkste Kraft hervor, weshalb Berlin jetzt einen christdemokratischen Bürgermeister hat. 

Die Panne in Österreich setzt aber noch einen drauf. Schließlich war die SPÖ – die aus den österreichischen Nationalratswahlen im kommenden Jahr gerne als stärkste Kraft hervorgehen würde – nicht einmal in der Lage, Wahlstimmen im Rahmen einer parteiinternen Abstimmung, die sie selbst organisiert hat, richtig zuzuordnen. Ein Vorgang, der nicht wenige österreichische Wähler ins Grübeln bringen dürfte. Denn seien wir mal ehrlich: Kein Land braucht eine Regierungspartei, die an einer Aufgabe scheitert, die so simpel ist, dass sie sogar ein dressierter Affe meistern könnte. 

Streit um die K-Frage

Apropos Tierreich: Tatsächlich ist die Wahlpanne vom Wochenende nicht die einzige SPÖ-Clowneske der vergangenen Monate. Sie passt eher ins Bild einer von sich selbst völlig überforderten Partei. Dafür muss ich kurz ausholen: Der Wahl vom Wochenende war ein heftiger interner Disput vorausgegangen, der bisweilen auch öffentlich ausgetragen wurde. Ein Streit innerhalb der SPÖ, der sich im Prinzip an der K-Frage entzündete.
 

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Doskozil, Landeshauptmann des Burgenlandes, wollte Kanzlerkandidat werden für die Nationalratswahl im kommenden Jahr. Die nun abgewählte Parteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner wollte das auch, und damit nicht zuletzt österreichische Politikgeschichte schreiben, weil sie – vorausgesetzt, die SPÖ setzt sich 2024 durch – die erste weibliche Regierungschefin hätte werden können.

Das Problem: Weder der eine noch die andere hatte ausreichend Rückendeckung von den eigenen Genossen. Manchem SPÖler ist Doskozil schlicht zu rechts. Rendi-Wagner wiederum machte als Quereinsteigerin in die Politik eine nicht immer glückliche Figur. Aus dieser Gemengelage entstand eine Art Kandidatenvorschläge-Ur-Liste, die der finalen Wahlliste vom Wochenende vorausgegangen war. Auf der standen zeitweise 80 mögliche Kandidaten. Darunter eine Giraffe

Erstmal den Schlamassel korrigieren

Doch wie dem auch sei: Der neue SPÖ-Vorsitzende heißt also nicht Doskozil, sondern Andreas Babler. Also theoretisch. Denn der wiederum brach angesichts der Wahlkorrektur vom Montag nicht gerade in Jubelschreie aus. Im Gegenteil. Babler, der als Außenseiter in diese Wahl gegangen war, fordert eine endgültige Überprüfung der Delegiertenstimmen, bevor er die Wahl annehmen könne, ließ er wissen. Nicht, dass sich am Ende noch herausstellt, dass die Giraffe zu unrecht von der finalen Wahl ausgeschlossen wurde, lässt sich ergänzen.  

Babler jedenfalls muss, sollte die Wahl dann doch irgendwann fix sein, als neuer Parteivorsitzender erstmal den Schlamassel korrigieren, der am Wochenende angerichtet wurde. Anschließend darf dann innerhalb der SPÖ endlich über Handfestes diskutiert werden. Beispielsweise über den künftigen Kurs der Partei. Babler hat sich vor der Wahl vom Wochenende übrigens selbst als „Marxist“ bezeichnet und dürfte es damit als seine zentrale Aufgabe sehen, der SPÖ wieder einen strikt linken Kurs zu verordnen, was auch heißt, sich ein stückweit von der Realpolitik zu verabschieden. Verständlich, sollten jene, die für Doskozil stimmten, aber genau darauf keine Lust haben. Es könnte lustig bleiben bei der SPÖ. 

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