Svitlana Sushko trauert bei dem Besuch am Grab ihres jüngsten Sohnes, eines ukrainischen Soldaten, der letztes Jahr im Krieg gegen Russland getötet wurde / dpa

Ukraine-Krieg - „Das Feuer mit Benzin löschen“

Rund eineinhalb Jahre dauert der Krieg in der Ukraine bereits an. Der Historiker und Militäranalyst Markus Reisner spricht im Interview über die historische Dimension des Konflikts, „Schwarze Schwäne“ – und über Szenarien aus der Hölle.

Autoreninfo

Frank Lübberding ist freier Journalist und Autor.

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Oberst Markus Reisner ist Kommandant des Gardebataillons des österreichischen Bundesheers in Wien. Der promovierte Historiker wurde nach Ausbruch des Ukrainekriegs zu einem der gefragtesten Militäranalysten im deutschsprachigen Raum. Seit 2017 ist er Mitglied des militärhistorischen Beirats der Wissenschaftskommission beim österreichischen Bundesministerium für Landesverteidigung.

Herr Reisner, Kriegsberichterstattung hatte schon immer mit einem Problem zu kämpfen: Einerseits will sie objektiv informieren, andererseits gibt es politische Überzeugungen. Also neigt sie dazu, sich das militärische Geschehen aus der gewünschten Perspektive anzusehen. So waren alle vom Versagen der Russen in der Frühphase des Krieges überrascht. Dann gab es Ende Juni den Marsch des Wagner-Milizen-Chefs Jewgeni Prigoschin auf Moskau, womit auch niemand gerechnet hatte. Wie beeinflussen solche Ereignisse unseren Blick auf Russland?

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Keppelen Juliana | Mi., 9. August 2023 - 18:26

so ist es. Mit den zuletzt genannten Politikern gäbe es diesen Krieg nicht die hätten weit vorher schon alle diplomatischen Hebel in Bewegung gesetzt um einen Krieg zu verhindern. Mir scheint das Wort "Kompromiss" wird gerade salonfähig jedenfalls taucht es immer öfter auf.
Danke für das Interview.

da eingehen? Was wollen Sie genau verhandeln? Das sind doch immer die gleichen substanzlosen Phrasen.
Russland muss seine Kriegsmaschinerie vollständig aus der UA zurückziehen. Die territoriale Integrität der UA muss gemäß dem Völkerrecht wieder hergestellt werden. Da gibt es nichts zu verhandeln.

Wolfgang Z. Keller | Mi., 9. August 2023 - 18:59

... für dieses völlig offene, verständliche und "unideologische" Interview!
Welch unsäglicher Ideologiequark dagegen seit Kriegsbeginn tagtäglich in den "Qualitätsmedien", vor dem ich mich seit über einem Jahr durch Wegzappen, Nicht-Hinhören und Nichtlesen schütze. Vielen Dank auch an Cicero!

Sie sind nicht der einzige Cicerone, der über die bemerkenswerte Gabe verfügt, Dinge beurteilen zu können, die er/sie bewusst ausblendet und mithin eigentlich eben nicht beurteilen kann; so wie viele hier angeblich niemals ARD/ZDF schauen, aber doch genau wissen, wie einseitig man dort informiert wird.
Wie gut, dass es den Cicero gibt, wo seit dem bedauernswerten Abgang Herrn Gathmanns eigentlich niemand mehr über die Verbrechen berichtet, die russische Soldaten und Söldner seit eineinhalb Jahren systematisch in der Ukraine begehen..
Im Kommentarbereich natürlich das Übliche: ein bisschen Geschichtsrevisionismus, gepaart mit Verschwörungstheorien und Täter-Opfer-Umkehr - während ein Bundeswehrsoldat und AfD-Symphatisant für den Kreml spioniert...

Naumanna | Mi., 9. August 2023 - 19:00

Der Krieg dort ist eine Katastrophe. Außerdem werden Russen und Ukrainer nun für Jahrzehnte verfeindet sein. Die Folgen für beide Seiten werden eine irrsinnig lange Aufarbeitungszeit kosten. Es hätte niemals so weit kommen dürfen.
Hinter dem Konflikt dort stecken natürlich die Amerikaner und ganz sicher hat Macron Recht, wenn er eine eigenständige europäische Sicherheitspolitik fordert.
Es ist auch total unverständlich, dass die Sprengung von Nordstream I und II keine Folgen für die Verursacher hat. Hier wird die Energieversorgung Europas gekappt - ohne Folgen für die Täter. Völlig unmöglich.
Danke für den aufschlussreichen Artikel.

alessandro laporta | Do., 10. August 2023 - 12:38

Antwort auf von Naumanna

...da stimme ich ihnen voll zu. Dass die die Russen und Ukrainer wahrscheinlich auf Jahrzehnte verfeindet sein werden, da werden Sie wohl auch recht haben. Dass hier die Amerikaner dahinter stehen, ich denke, da fallen Sie auf typische russische Propaganda Narrative rein.
Dieser Krieg ist von Putin und seinen imperialistischen Wahnvorstellungen vom Zaun gebrochen worden und von Niemandem sonst. Alles andere sind schlicht und einfach Lügengeschichten, die offensichtlich gerade in Deutschland immer und immer wieder verfangen. Es gibt keinen Grund und keine Rechtfertigung für diesen Krieg. Wie oft muss man das hier noch schreiben.
Die UA ist ein souveräner Staat und kann seinen eigenen Weg gehen. Das hat Moskau schlicht und einfach zu akzeptieren.
Zum Thema NS 1+2: Wie wollen Sie jemanden zur Verantwortung ziehen, wenn der Verursacher nicht wirklich zweifelsfrei feststeht? Außerdem hätte NS 2 niemals gebaut werden dürfen. Ich finde es absolut ok, dass diese Pipelines out of order sind.

Eckhard Lüth | Mi., 9. August 2023 - 20:21

Es ist immer wieder erstaunlich bei diesen Analysen, das die Bewohner nicht vorkommen, sondern zu einer Art Verhandlungsmasse werden. Will heißen, dass bei einem eingefrorenen Konflikt, die Menschen die vorher von den jetzt besetzten Gebieten lebten, einfach abgeräumt werden. Hab in unserem kirchlichen Flüchtlingsheim genug von Ihnen kennengelernt. Keine Heimat, Verlust des Habs und Guts usw. Neuanfang. Bei den meisten im Westen. Funktioniert weil wir wegen des lieben Friedens die Flüchtlinge nehmen. Zurück in die russische Hölle, die ja nicht der vergnüglichen Dantes gleicht will ja keiner. der die Russen erlebt hat. Die besetzten Gebiete werden so dauerhaft russifiziert mit "diktaturgeilen, unzivilisierten Menschen" (Zitat eines Ukrainers, der einige Monate in Mariupol ausgehalten hat) neu besiedelt. That is live...

Bernd Windisch | Mi., 9. August 2023 - 22:47

Es ist immer wieder ein Genus Ihnen bei der Arbeit über die Schulter schauen zu dürfen. So macht Cicero Spaß!

Christoph Kuhlmann | Do., 10. August 2023 - 05:40

Russland muss sich darüber im Klaren sein, dass es den Westen auf den großen Krieg vorbereitet. Wenn irgendetwas Europa dazu bringt, seine Ressourcen für die Rüstung aufzuwenden, dann der Ukrainekrieg. Gleichzeitig schwächt er die russische Armee und die Wirtschaft, die sie trägt. Die Lücken in den Lagern mit schweren Waffen werden immer größer. Für die T62, die man inzwischen restauriert, reichen Leopard 1 allemal. Russland kann in seinem einzigen Panzerwerk, ca. 20 T90 im Monat bauen. Wie viele werden in Europa gebaut? Der Staatshaushalt geht zum ersten Mal ins Minus und die Öleinnahmen sinken. Will man sich von einer despotischen Kleptokratie mit dem BIP Italiens noch jahrzehntelang mit Atomwaffen bedrohen lassen? Oder wird man ihm das Wasser abgraben. Der letzte schwarze Schwan in den 90ern war der Ölpreis, seitdem hat die russische Wirtschaft keine wesentlichen Fortschritte gemacht. Dieser Krieg ist zunehmend eine Kalkulation aus Psychologie und Ökonomie.

Helmut Sandmann | Do., 10. August 2023 - 06:09

Ob unsere Politiker dieses Interview lesen, unwahrscheinlich. Scholz haette ich am ehesten noch zugetraut Verhandlungsinitiativen anzustossen aber er hat ja andere Probleme. Frau Baerbock ist keine Diplomatin, eine totale Fehlbesetzung als Aussenministerin, das beweist sie immer wieder. Man kann fuer die Menschen auf beiden Seiten der Front nur hoffen dass es schnellstmoeglich zu Verhandlungen kommt damit dieses unsinnige Blutvergissen aufhoert.

Urban Will | Do., 10. August 2023 - 06:52

Vergleich.
Oberst Reisner ist sein Beginn des Krieges eine der wenigen Instanzen, von denen objektive und vor allem unabhängige, politisch neutrale Beiträge zu diesem Krieg kommen.
Anders als irgendwelche „Geheimdienst – Informationen“, nach denen die russische Armee schon seit Monaten am Boden liegen müsste.
Immer wieder bringt er den Vergleich mit WK 1, was in vielerlei Hinsicht bemerkenswert ist. Es gab auch damals keinen „Hauptschuldigen“, sondern, wie in Clarks genialem Buch „Die Schlafwandler“ beschrieben, eine Konstellation von Unfähigkeit und Blindheit, aus der der Krieg dann hervorbrach.
Ähnlich kann man die Zeit vor 2014 oder 2022 in Bezug auf d Politik ggü Russland sehen.
Nun ist der Krieg aber da und wie lange er noch dauern, wieviele Tausend Menschen noch sterben werden, hängt gewiss nicht nur davon ab, ob die Armee des zum Dämon erklärten Putin vollständig besiegt/vertrieben oder er gar abserviert wird.
Denn – so Reisner richtig – irgendwann gibt es „kein zurück“ mehr.

Jochen Rollwagen | Do., 10. August 2023 - 08:32

Gebt der Ukraine endlich die F-16 (oder - falls irgendjemand wie immer "Bedenken" hat oder "besonnen" sein will die F-14 oder die swedischen Gripens oder die französischen Raffal) dann ist der Krieg in 4 Wochen vorbei.

Albert Schultheis | Do., 10. August 2023 - 10:45

Antwort auf von Jochen Rollwagen

Der Rollwagen ist nicht mehr zu stoppen! Sie sehnen sich geradezu danach, dass Berlin, die Pfalz endlich zum Kriegsszenario überkippt! Vor 1,5 Jahren habe ich bereits geschrieben, dass Russland diesen Krieg nicht verlieren wird, weil es ihn nicht verlieren darf. Seitdem schieben die Nato und Leute wie Sie die Roten Linien mit jedem Tag nach oben! Was glauben Sie, wie lange das eine Atommacht mitmacht?
'45 haben sich die USA entschlossen, die Atombombe 2mal einzusetzen - mit der lapidaren Begründung, es sollten keine weiteren junge amerikan. Männer mehr sterben. Warum eigentlich 2 Bomben? - Also, F-16, was sonst? Wie sonst wollen wir erleben, wie weit Putin bereit ist mitzugehen?

hier Satire?
Gewiss, man schickt da den Super – Panzern ein paar Fliegerstaffeln hinterher und die Ukrainer, Alleskönner vom Dienst, in ein paar Wochen schnell mal ausgebildet, hocken sich rein und ballern die paar lahmen Suchois, Migs und was die Russen sonst noch haben, vom Himmel.
Und fertig ist die Laube.
Und wenn es halt nicht klappt, dann kann man ja obendrauf noch Atomwaffen liefern, oder?
Irgendwann wird man die Russen doch wohl klein kriegen.
Doch, ja, sehr überzeugend. So löst man Konflikte, vor allem die, um deren Entstehung man sich keine Gedanken machen möchte.
Die Amis sind da Spezialisten.
Denn was nicht passt, wird passend gemacht, gelle? So bei Georg W's Irakkrieg.
Denn wie wir alle wissen, es gibt auf der Welt derlei verschiedene Arten von „Opfern“.
Wenn man Glück hat, zählt man zu den „guten“ und steht auf der "richtigen Seite" der amerikanischen/westlichen Kanonenrohre, nämlich dahinter.
Was den toten jungen Ukrainern allerdings auch nicht viel bringt.

Sie sind einfach gesagt: Ein politischer Idiot! Und - ein militärischer Computerspiel-Sofastratege mit Realitätsverlust .