US-Präsident Biden unter Druck - Kampfjets für die Ukraine?

Joe Biden will keine F-16 Kampfjets an die Ukraine liefern. Waffenlieferungen sind in der US-Bevölkerung derzeit ohnehin nicht sonderlich beliebt. Hinzu kommt, dass der US-Präsident im Zusammenhang mit verschlampten Geheimdokumenten innenpolitisch immer mehr unter Druck gerät.

Das Objekt der ukrainischen Begierde: Ein F-16 Kampfjet der Air Force / dpa
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Eva C. Schweitzer arbeitet als freie Journalistin für verschiedene Zeitungen in New York und Berlin. Ihr neuestes Buch ist „Links blinken, Rechts abbiegen“.

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Wie solide steht Amerika hinter der Ukraine im Krieg gegen Russland? Noch hat US-Präsident Joe Biden eine Mehrheit für seinen Kurs, aber sie bröckelt. Neuester Rückschlag für den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj: Biden will Kiew nicht die verlangten F-16 Kampfjets schicken. Das sagte er am Montag auf eine Frage einer Reporterin auf einer Pressekonferenz in Washington, DC. 

Biden steht in diesen Tagen ohnehin unter Druck. Dass nun das FBI sein Ferienhaus durchsucht, auf der Suche nach verschlampten Geheimdokumenten, sieht nicht gut aus. Und mit der neuen, wenngleich knappen Mehrheit der Republikaner im Repräsentantenhaus wird Biden es schwerer haben, seinen Ukrainekurs durchzusetzen. Denn von denen denken einige, es sei wichtiger, militärisch für Sicherheit an der Grenze zu Mexiko zu sorgen, über die täglich Tausende kommen.

Einige Republikaner aus der rechtspopulistischen Ecke – allen voran Marjorie Taylor-Greene, die Aufsteigerin aus dem US-Bundesstaat Georgia – haben erklärt, keinem Cent mehr an die Ukraine geben zu wollen. Sie haben zwar keine Mehrheit, aber einen wachsenden Unwillen im US-Kongress gibt es durchaus. Auch der schmale Linksaußen-Flügel der Demokraten, der Congressional Progressive Caucus, darunter Ilhan Omar und Alexandria Ocasio-Cortez, hat sich mehrfach gegen mehr Waffenlieferungen ausgesprochen. Die Linken aber sind stets kurz darauf zurückgerudert, der Parteidisziplin wegen. Biden plant nun, der Ukraine weitere 2,2 Milliarden zur Verfügung zu stellen und dazu braucht er den Kongress.

 

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Auch in der amerikanischen Bevölkerung sind diese Lasten nicht unbedingt populär, in einer Zeit stagnierender Löhne und steigender Kosten. Zwar ist Wladimir Putin selbst unbeliebt, aber nach einer Umfrage des PEW-Instituts meinen inzwischen 26 Prozent der Amerikaner, die USA gäben zu viel Geld an die Ukraine, 31 Prozent halten die Mittel für richtig, und nur 20 Prozent glauben, Amerika solle mehr geben. Das ist eine geringere Unterstützung als vor einem Jahr und um 19 Prozent weniger als bei Beginn der Invasion. Und: Bei den Republikanern sind es nun 40 Prozent, die glauben, zu viel Geld gehe in die Ukraine und der Krieg sei keine Bedrohung für Amerika. Letztlich ging ja auch der Vietnamkrieg vor 50 Jahren zu Ende, weil der Kongress den Geldhahn zugedreht hatte. Das Pentagon hätte noch lange weitergemacht. 

Die F-16, auch fliegender Falke genannt, wird von der US-Rüstungsfirma Lockheed Martin produziert. Der Jet löste die B-52 ab, die oft in Vietnam eingesetzt wurde und die das beliebteste Flugzeug der US-Airforce war, wurde aber auch in viele andere Staaten verkauft. Deshalb sind Ersatzteile problemlos in die Ukraine lieferbar, anders als bei den russischen MiG-29, mit denen die ukrainische Luftwaffe jetzt fliegt.

Standardisiertes Drehbuch

Ob Bidens Nein zu den Kampfjets das letzte Wort ist, ist höchst ungewiss. Es gebe, schreibt die New York Times, ein standardisiertes Drehbuch, nach dem diese Debatte ablaufe: Erst verlange Kiew mehr und neue Waffen, dann sage Biden erst Nein und schlage der Ukraine insgeheim vor, bei den Europäern nachzufragen. Die weigerten sich vorzupreschen und forderten von den USA, mitzuziehen. Nach einigen Monaten Zögerns gebe Biden dann nach und schicke das Geforderte.

Das sei mehrmals passiert, von den Patriot-Abwehrsystemen bis zu den modernen Abrams-Kampfpanzern. Auch da habe Biden gezögert und versprach erst kürzlich Panzer, nachdem Deutschland den Leo schicken wollte. Mit den F-16-Jets könnte es ähnlich laufen. Allerdings ist das Abrams-Versprechen eher eine Mogelpackung. Das Weiße Haus hat bereits erklärt, dass es viele Monate, wenn nicht Jahre dauern würde, bis die Abrams der Serie M1 vor Ort und einsatzbereit seien. 

Hohe Erwartungen auch an Deutschland

Auch nach diesem Auftritt des Präsidenten versicherten Stabsleute – darunter John F. Kirby, Sprecher des National Security Council – einzelnen Journalisten, dass aus Bidens Nein auch diesmal durchaus noch ein Ja werden könne. Zunächst werde es der Präsident anderen europäischen Ländern – Polen, Dänemark und den Niederlanden – gestatten, ihre F16s in die Ukraine zu schicken. 

Auch an Deutschland gibt es gleichbleibend hohe Erwartungen wie bei der Leo-Debatte, übrigens nicht nur in der US-Regierung. Die New York Times forderte kürzlich Deutschland in einem längeren Artikel durch die Blume auf, sich mit seiner Rolle als wachsende Militärmacht anzufreunden, die Bundeswehr auszubauen und generell nicht so zimperlich zu sein. Von diesem Blatt ganz neue Töne.

Skeptiker in Militärkreisen

Nicht nur in der Regierung, auch im Pentagon sind viele skeptisch, ob Biden die Ablehnung durchhält. Das könne so ähnlich laufen wie beim M1-Abrams, sagte ein (anonym bleibender) hochrangiger Pentagon-Bediensteter zur Washington Post. Das Pentagon würde gerne mehr und schneller liefern. Es hat Think Tanks und Lobbyisten auf seine Seite, etwa das Mitchell Institute for Aerospace Power Studies, das von dem ehemaligen Airforce-Generalleutnant David Deptula geleitet wird.

Es gibt in Militärkreisen aber auch Skeptiker. Der Ukraine würden die F-16 nicht viel bringen, die seien der russischen Luftwaffe nicht gewachsen, sagte Daniel Davis, ein pensionierter Offizier, der für den Think Tank Defense Priorities arbeitet. Der tritt für Zurückhaltung und für amerikanische Interessen ein. Am liebsten wäre es Washington, dass europäischen Länder die Waffen, die sie in Amerika erworben haben, in die Ukraine schicken und dann in Amerika neue Waffen nachkaufen.

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