Hamburger Hafendeal - „Investitionen aus China müssen möglich sein“

Daniel Hosseus vom Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe erklärt, warum er in ausländischen Beteiligungen an Hafenterminals kein grundsätzliches Problem sieht. Die Diskussion um den Einstieg des chinesischen Staatskonzerns Cosco in Hamburg ist in seinen Augen zu emotional geführt worden. Intensiveres Eingreifen der Regierung erhofft sich Hosseus an anderer Stelle.

Ein Containerschiff der chinesischen Reederei Cosco Shipping liegt am Containerterminal Tollerort in Hamburg / dpa
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Felix Lill ist als Journalist und Autor spezialisiert auf Ostasien.

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Daniel Hosseus ist seit 2014 Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands der deutschen Seehafenbetriebe, der rund 150 Unternehmen der Hafenwirtschaft vereint. Zuvor führte er beim Verband Deutscher Reeder den Bereich Internationale Schifffahrtspolitik an und baute dessen Europa-Büro in Brüssel auf.

Herr Hosseus, Bundeskanzler Olaf Scholz hat zugestimmt, dass sich der chinesische Staatskonzern Cosco an einem Terminal im Hamburger Hafen beteiligt. Gut so?

Wenn es um Beteiligungen aus dem Ausland geht, muss man natürlich generell genau hinschauen, was die Bundesregierung ja auch getan hat. Grundsätzlich ist es aber überhaupt nicht ungewöhnlich, dass sich große Unternehmen bei den Terminals, die sie regelmäßig bei ihrem Warenverkehr ansteuern, auch als Anteilseigner einkaufen.

Kritische Stimmen haben betont, dass das Engagement eines chinesischen Staatskonzerns an einem Hafen besonders genau geprüft werden müsse. Der Einparteienstaat, der weltweit sein Handelsnetz ausbaut und Infrastruktur auch als Instrument zur Machtpolitik nutzt, könne damit empfindlichen Einfluss auf kritische Infrastruktur in Deutschland nehmen.

Für meine Begriffe ist diese ganze Diskussion viel zu emotional geführt worden.

Das heißt?

Daniel Hosseus / ZDS

Da wurde im Prinzip gesagt: „Der Hafen wird verkauft.“ Aber in Wahrheit geht es hier um einen Anteil an einer einzelnen Betriebsgesellschaft, nicht um Grund und Boden oder Hardware. Im Hamburger Beispiel, oder entsprechend auch in Bremen oder Rostock, ist und bleibt der Grund und Boden im Besitz des Landes Hamburg, verwaltet durch die Hamburg Port Authority. Die vermietet und verpachtet diese Flächen dann, im Fall des Containerterminals Tollerort an die HHLA, die dann über eigene Geräte wie Kräne und so weiter verfügt. Und da will sich Cosco beteiligen.

Also auch an Hardware, nämlich den Kränen.

Okay, die Kräne, das stimmt. Bei Hardware dachte ich an Dinge wie die Hafenbahn, Schleusen und Brücken.

Und darin sehen Sie kein Risiko? Ist die Kritik nicht plausibel, dass im Falle einer weiteren Verschlechterung der Beziehungen zu China mögliche Sanktionen gegen Peking umso schwieriger durchzuhalten wären, je stärker der chinesische Besitz an wichtiger deutscher Infrastruktur ist? Das haben wir im Fall von Russland und den Gaspipelines doch gerade erlebt.

Man sollte hier wissen, dass es noch weitere Terminals und weitere Betreiber von Containerterminals gibt, allein schon in Hamburg. Darüber hinaus gibt es Gesetze, an die sich hier alle halten müssen. Ein ausländischer Besitzer eines Hafenbetriebs könnte weder den Warenfluss unterbinden noch Sanktionen übergehen. Und es ist nunmal so, dass China ein sehr wichtiger Handelspartner für Deutschland ist. Umgekehrt ist Deutschland aber auch ein sehr wichtiger Handelspartner für China. Deshalb wollte sich das Schifffahrtsunternehmen Cosco mit dieser Investition einen wichtigen Platz im Hamburger Hafen langfristig sichern. So eine Investition ist auch als Verpflichtung von chinesischer Seite zu verstehen.

 

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In Taiwan, das sich von der chinesischen Regierung in Peking immer wieder bedroht fühlt, besteht die Sorge, dass Unternehmen aus Taiwan durch solche Beteiligungen verdrängt werden, sofern Taiwan weiter auf seiner Unabhängigkeit besteht.

Da komme ich auf mein voriges Argument zurück. Tollerort ist nur eines von mehreren Terminals, an denen Container umgeschlagen werden. Die taiwanesische Containerlinie Evergreen, die übrigens in einem Reedereiverbund mit Cosco fährt, nutzt eine andere Anlage im Hamburger Hafen. Außerdem geht es hier um eine Beteiligung von nur 24,9 Prozent, womit der Einfluss tatsächlich begrenzt ist. Ich glaube auch nicht, dass das Wohl und Wehe von Taiwan am Hamburger Hafen hängt. 

Cosco hält auch in anderen Häfen Europas größere Anteile, in Piräus sogar als Mehrheitseigner. Dort wird berichtet, dass praktisch nur noch chinesische Waren verschifft werden. Die regionale Wirtschaft profitiere außerdem wenig von der chinesischen Beteiligung.

Welche Waren importiert und exportiert werden, entscheiden doch nicht die Hafenunternehmen, sondern die Kunden, die Importeure und Exporteure in den Ländern, zwischen denen der Handel stattfindet. 

Machen Sie es sich damit nicht etwas einfach? Auch die Hafenbetriebe haben doch Einfluss darauf, wie Handel abläuft.

Eigentlich nicht. Ein Containerumschlagbetrieb ist kein Handelsunternehmen, ist nicht am Kauf und Verkauf von Ware beteiligt. Der Hafenbetrieb holt die Ladung vom Schiff und packt sie auf die Bahn, den LKW oder ein anderes Schiff. Oder umgekehrt. Ganz generell müssen Auslandsinvestitionen aus einem Drittstaat aber möglich sein. Die konkreten Investitionen müssen in jedem Einzelfall geprüft werden. Aber grundsätzlich muss das möglich sein. Da würde ich auch China einbeziehen. 

Müsste dieses Prinzip dann nicht zumindest beidseitig angewendet werden? Gerade Hafenbetriebe, die auch Ihrem Verband angehören, klagen doch öfter darüber, dass es sehr schwierig ist, sich entsprechend an Hafenterminals in China zu beteiligen, um sich auch dort einen Platz zu sichern.

Ja, das ist ein legitimes Anliegen. Dieses Thema ist ja schon lange Gegenstand von Verhandlungen mit China. Das ist vorrangig aber ein Problem der EU, dies zu adressieren und entsprechende Vereinbarungen zu treffen. 

Ihr Verband hat vermehrt betont, dass massiv in die Infrastruktur investiert werden müsse, damit Deutschland seinen neuen Herausforderungen gerecht werden kann. Wenn man dringend Geld benötigt: Wird man da womöglich etwas nachlässig bei der Prüfung, wo das Geld herkommt?

Nein. In Tollerort geht es einfach um den Wunsch aus Hamburg, einen wichtigen Kunden langfristig an sich zu binden, indem man ein Engagement unter bestimmten Bedingungen zulässt. Das halten wir grundsätzlich für sinnvoll. Bei unserer generellen Forderung nach mehr Investitionen geht es uns aber vielmehr um die den Häfen vor- und nachgelagerte Infrastruktur wie Schienen, Straßen, aber auch LNG-Terminals und so weiter. Hier muss allerdings die öffentliche Hand massiv investieren, denn die Infrastruktur gehört zur Daseinsvorsorge. Damit wir es zum Beispiel schaffen, mehr Verkehr auf die Schienen zu bringen, wie es im aktuellen Koalitionsvertrag vorgesehen ist, muss noch viel mehr Geld in die Hand genommen werden als gegenwärtig. Hier geht es auch um den Standort Deutschland.

Das Szenario eines schwindenden Standortvorteils wurde auch von den Verfechtern des Hamburger Deals mit Cosco verwendet. Ganz ehrlich: Für wie gut halten Sie den Standort Deutschland für den Handel?

Europaweit ist unser großer Vorteil derzeit die noch gute Infrastrukturanbindung der Häfen an Straßen und insbesondere Schienen. Den müssen wir allerdings dringend weiter ausbauen. Dafür mangelt es momentan an Geld für Investitionen. Und ein weiteres Problem ist die oft jahrelange Zeit, dies es braucht, um Investitionsvorhaben auch genehmigen zu lassen. 

Das Gespräch führte Felix Lill.

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