Bei Bundesregierung abgeblitzt - AKW-Betreiber wollte günstigen Strom für die Industrie liefern

Der Betreiber des bayerischen Kernkraftwerks Isar 2 stand bis vor wenigen Wochen für Gespräche über eine Wiederinbetriebnahme bereit. Doch die Bundesregierung ging nicht darauf ein. Nun hat er aufgegeben.

Das Kernkraftwerk Isar 2 in Niederbayern ging 1988 ans Netz / dpa
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Daniel Gräber leitet das Ressort Kapital bei Cicero.

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Der Betreiber des niederbayerischen Kernkraftwerks Isar 2, Preussen-Elektra, hat Mitarbeitern zufolge in den vergangenen Monaten versucht, mit der Bundesregierung über eine mögliche Wiederinbetriebnahme der Anlage ins Gespräch zu kommen. Man habe wiederholt signalisiert: Wenn es politisch gewünscht ist, sei man gesprächsbereit. Im Zusammenhang mit der aktuellen Diskussion um einen subventionierten Industriestrompreis sei diese Gesprächsbereitschaft nochmals bekräftigt worden. Doch die Regierung habe daran kein Interesse gezeigt.

So stellte es Preussen-Elektra-Chef Guido Knott am 25. Oktober in einer Videoansprache an die Mitarbeiter des im April stillgelegten Atomkraftwerks dar, wie mehrere Teilnehmer gegenüber Cicero bestätigten. Knott sei nicht ins Detail gegangen. Er habe die gescheiterten Gesprächsversuche erwähnt, um zu erklären, weshalb das bisherige Vorgehen, das Kraftwerk trotz Atomausstieg betriebsbereit zu halten, nicht mehr fortgesetzt würde.

Wiederinbetriebnahme nun „definitiv vom Tisch“

Offiziell sagt das Unternehmen nichts dazu. „Ein Weiterbetrieb von KKI 2 ist für uns kein Thema mehr. Wir konzentrieren uns nun voll und ganz auf die Vorbereitung des Rückbaus des KKI 2“, teilte eine Preussen-Elektra-Sprecherin lediglich mit. Ähnlich äußerte sich Guido Knott bereits bei einer Vor-Ort-Informationsveranstaltung, die am Abend nach seiner Mitarbeiteransprache stattfand. Das Thema Wiederinbetriebnahme sei nun „definitiv vom Tisch“, sagte er dort.

Allerdings wurde Knott in einem Interview mit dem Bayerischen Rundfunk etwas deutlicher: „Wir haben natürlich mit den Entwicklungen, die sich in den letzten Monaten aufgetan haben, ein Stück Hoffnung gehabt. Selbstverständlich hätten wir die Anlage noch gerne länger am Netz gehalten. Wir hätten damit einen Beitrag leisten können für eine klimaneutrale Stromversorgung. Und wir hätten vielleicht tatsächlich auch eine Brücke bauen können in das erneuerbare Zeitalter“, sagte er am Rande der Informationsveranstaltung. Das sei aber politisch nicht gewünscht gewesen.

 

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Preussen-Elektra ist eine Tochtergesellschaft des Energiekonzerns Eon. Auch Eon-Chef Leonhard Birnbaum hat mehrmals klargemacht, dass er den deutschen Atomausstieg für einen Fehler hält. Dass man sich bei Preussen-Elektra noch Monate nach dem politisch beschlossenen Aus Hoffnungen auf einen Meinungswechsel gemacht hat, war bisher nicht bekannt. Welche Gesprächsversuche es dazu mit welchen Ministerien gab, ließ Guido Knott in seiner Mitarbeiteransprache offen.

Milliardensubventionen statt Atomstrom

Während Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) die energieintensive Industrie lieber mit Milliardensubventionen statt mit günstigem Strom aus den verbliebenen deutschen Kernkraftwerken retten will, zeigte sich Finanzminister Christian Lindner (FDP) offener.

„Man kann doch nicht gleichzeitig 30 Terawattstunden klimafreundliche, günstige Kernenergie abschalten – als politische Entscheidung – und dann auf der anderen Seite sagen: Jetzt heben wir die Schuldenbremse auf und die Effekte subventionieren wir runter zulasten der finanziellen Stabilität dieses Landes. Das wäre keine kluge Politik“, lehnte Lindner diesen Sommer die Industriestrompreis-Idee seines Kabinettskollegen ab. Und seine Fraktion forderte später sogar, die noch einsatzfähigen deutschen Atomkraftwerke vor dem Abriss zu retten.

„Ein totes Pferd“

Doch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) machte daraufhin klar: „Das Thema Kernkraft ist in Deutschland ein totes Pferd.“ Mit dem Ende der Nutzung habe auch der Abbau der noch bestehenden Atomkraftwerke begonnen. Falls man neue bauen wollte, „bräuchte man 15 Jahre und müsse pro Stück 15 bis 20 Milliarden Euro ausgeben“.

Das war Anfang September. Dass zu diesem Zeitpunkt zumindest ein Betreiber, nämlich Preussen-Elektra, mit der Bundesregierung über eine mögliche Wiederinbetriebnahme sprechen wollte, erwähnte Scholz nicht. Er erweckte stattdessen den falschen Eindruck, dass die abgeschalteten Anlagen nicht mehr zu reaktivieren seien.

Ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums teilte nun auf Nachfrage mit, Kontakte mit Preussen-Elektra zu einem möglichen Weiterbetrieb von Isar 2 seien „hier nicht bekannt“. Und: „Der Atomausstieg ist gesetzlich festgelegt und vollzogen.“

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