Transgender-Debatte - „Wir versuchen, die Debatte zu führen, die andere Seite will sie verhindern“

Während am Donnerstag die Eckpunkte des von der Bundesregierung geplanten Selbstbestimmungsgesetzes vorgestellt werden, wird eine Gruppe von Frauenrechtlerinnen vor der norwegischen Botschaft in Berlin protestieren. Anlass sind strafrechtliche Ermittlungen gegen eine norwegische Aktivistin, die Männer nicht als Lesben bezeichnen will. Die Biologin Antje Galuschka spricht im Interview über den Anlass ihres Protests, die große Resonanz auf einen von ihr mitverfassten Artikel in der „Welt“ und erklärt, warum sie Mitglied bei den Grünen ist, den identitätspolitischen Kurs ihrer Partei aber ablehnt.

Trommelt an vorderster Front für ein Selbstbestimmungsgesetz: Familienministerin Lisa Paus (Grüne) / dpa
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Autoreninfo

Ben Krischke ist Leiter Digitales bei Cicero, Mit-Herausgeber des Buches „Die Wokeness-Illusion“ und Mit-Autor des Buches „Der Selbstbetrug“ (Verlag Herder). Er lebt in München. 

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Antje Galuschka ist Doktor der Biologie und Mitglied der Grünen. Sie gehört zu den Autoren eines vieldiskutierten Gastbeitrags bei Welt zum Thema Trans- und Intersexualität und ist Teil eines Netzwerkes, das sich für Frauenrechte und gegen das von der Bundesregierung geplante Selbstbestimmungsgesetz engagiert. Am Donnerstag wird sie mit anderen Teilnehmern vor der norwegischen Botschaft demonstrieren, da in Norwegen gegen die feministische Aktivistin Christin Ellingsen ermittelt wird. Sie hatte unter anderem öffentlich gesagt, dass Männer keine Lesben sein können – und wurde von einem Transaktivisten angezeigt.

Frau Galuschka, am Donnerstag werden Sie mit weiteren Mitstreitern, Männer wie Frauen, vor der norwegischen Botschaft in Berlin demonstrieren. Was treibt Sie auf die Straße?

Der Anlass ist, dass Christina Ellingsen, eine norwegische Feministin, von einem Transaktivisten wegen Hassverbrechens angezeigt worden ist. Ellingsen ist die Mitgründerin und norwegische Ansprechpartnerin des Frauenrechtsnetzwerks Women‘s International Declaration (WDI). Falls es tatsächlich zu einer Anklageerhebung kommt, drohen ihr bis zu drei Jahre Haft. Das ist bisher nicht der Fall, allerdings wurde sie von der norwegischen Polizei schon mehrere Stunden verhört. Angezeigt wurde sie von einem transidenten Mann, der sich selbst als Frau, Lesbe und Mutter bezeichnet, weil sie unter anderem öffentlich gesagt hatte, dass Männer keine Lesben sind.

Welche juristische Grundlage gibt es für diese Anzeige?

Die juristische Grundlage ist, dass ihre Äußerungen möglicherweise den Tatbestand des erst seit 2020 gültigen Abschnitts 185 Buchstabe d des norwegischen Strafgesetzbuchs erfüllen könnte, der sogenannte „Geschlechtsidentität“ beziehungsweise „Geschlechtsausdruck“ gegen Hassrede schützen soll. Das Thema ist auch deshalb für uns in Deutschland interessant, weil die Grünen das Bestreben haben, ein ähnliches Gesetz zu verabschieden. Uns geht es darum, dass wir darauf aufmerksam machen, was künftig passieren könnte, wenn eine Frau sagt: „Nein, das ist ein Mann, keine Frau.“ Deswegen gehen wir auf die Straße.

Wobei man da unterscheiden muss zwischen dem von der Bundesregierung geplanten Selbstbestimmungsgesetz und einem zweiten gegen Hassrede, richtig?

Genau. Das sind zwei Themen, die aber miteinander zusammenhängen. In Norwegen gibt es bereits beides: Seit 2016 ist ein Selbstbestimmungsgesetz in Kraft, das bereits Kindern ab sechs Jahren mit Zustimmung eines Elternteils erlaubt, online ihren Geschlechtseintrag zu ändern, und 2020 wurde in dem Gesetz gegen Hassrede die sogenannte „Geschlechtsidentität“ und „Geschlechtsausdruck“ unter Schutz gestellt. Ähnliches ist, wie gesagt, auch in Deutschland vorgesehen. Die Grünen planen ebenfalls ein Gesetz gegen Hassrede, in dem die nirgends definierte „Geschlechtsidentität“ berücksichtigt werden soll. Ferner sollen am Donnerstag die „Eckpunkte“ des Selbstbestimmungsgesetzes vorgestellt werden.

Was hören Sie aus der grünen Ecke denn, was da konkret drinstehen soll? 

Gar nichts. Aber es gibt ja den Koalitionsvertrag und daraus lässt sich schon einiges ableiten.

Zum Beispiel?

Was das Selbstbestimmungsgesetz meines Wissens beinhalten soll, ist, dass der Personenstand und der Name ab einem Alter von 14 Jahren geändert werden können, auch ohne Zustimmung der Eltern. Ich lehne diese Möglichkeit ab, denn wir wissen, dass diese so genannte soziale Transition häufig dazu führt, dass Jugendliche irreversible medizinische Maßnahmen ergreifen, um ihren Körper ihrer gefühlten Geschlechtsidentität anzupassen. Es wird wahrscheinlich ein Offenbarungsverbot enthalten sein, also, dass zum Beispiel nicht der vergangene Name genannt werden darf (sog. „Deadname“; Anm. d. Red.). Auch könnte ein Ordnungsgeld fällig werden, wenn jemand, der offensichtlich ein Mann ist, nicht als Frau bezeichnet wird. In einem Gesetzesentwurf der Grünen aus der vergangenen Legislaturperiode war noch von bis zu 2.500 Euro die Rede. Eine Folge wäre dann, dass Frauen aus Angst vor Strafe künftig einen offensichtlichen Mann nicht aus der Frauendusche eines Fitnesstudios verweisen könnten. Oder sich selbst zurückziehen und diesen Ort meiden müssen.

Heißt zum Beispiel, dass mir eine Geldstrafe drohen könnte, wenn ich die Grünen-Politikerin Tessa Ganserer als Mann in Frauenkleidern bezeichnen würde?

Noch nicht. Denn Tessa Ganserer, der eigentlich Markus heißt, hat immer noch den männlichen Personenstand. Der ist, meinen Informationen nach, noch nicht geändert worden.

Trotzdem kam Ganserer über die Frauenquote der Grünen in den Bundestag.

Ja, aber so funktioniert die interne Frauenquote bei den Grünen, die im so genannten Frauenstatut festgeschrieben ist. Demnach gilt jede Person, so auch jeder Mann, der sich als Frau definiert, als Frau. Egal, was im Personenstandsregister steht. Daher hat es gereicht, dass Markus Ganserer öffentlich erklärt hat, eine Frau zu sein, um auf einen der ungeraden Listenplätze gesetzt zu werden, die für Frauen vorbehalten sind.

 

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Sie sind ja Doktor der Biologie. Machen wir doch kurz ein bisschen Basiswissen: Wie viele Geschlechter gibt es und wie lassen sich diese voneinander unterscheiden? 

Es gibt genau zwei biologische Geschlechter: weiblich und männlich. Das betrifft nicht nur uns Menschen, sondern von der kleinsten Blume bis zum größten Säugetier alle Organismen, die sich geschlechtlich fortpflanzen. Was weiblich, was männlich ist, lässt sich dabei klar definieren. Nämlich über Eizellen und Spermien, also die unterschiedlichen Keimzellen. Während weibliche Keimzellen groß und nährstoffreich sind, tragen männliche Keimzellen, also die Spermien, im Prinzip nur die genetische Information mit sich. Die Verschiedenartigkeit beider Keimzelltypen wird Anisogamie genannt.

Queer-Aktivisten und Transverbände sagen gleichwohl, dass es mehr als zwei Geschlechter geben soll und dass dies auch wissenschaftlich belegt sei. Welche Belege sind denn gemeint?

Meistens wird sich auf Studien und Artikel berufen, die die sogenannte Intersexualität beschreiben. Wobei ich diesen Begriff schwierig finde, weil ein Mensch, dessen Geschlechtsentwicklung abweicht, nicht zwischen Mann und Frau liegt, sondern immer das eine oder das andere ist. Was es gibt, sind rund 40 Variationen und Störungen in der Geschlechtsentwicklung, die sich klar diagnostizieren lassen. Aber diese geschlechtlichen Varianzen sind kein neues Geschlecht, weil dadurch ja keine neuen Typen von Keimzellen gebildet werden.

Können Sie Beispiele für solche Störungen bei der Geschlechtsentwicklung nennen?

Es gibt zum Beispiel Männer mit Mikro-Penis, was schon als Varianz gezählt wird, oder solche, die nicht auf das von ihnen gebildete Testosteron reagieren, weil ihnen die Rezeptoren fehlen. Und es gibt zum Beispiel Frauen, deren Eierstöcke nicht vollständig ausgebildet sind. Insgesamt gibt es da eine große Varianz. Aber das sind, wie gesagt, eben keine eigenständigen Geschlechter, sondern lassen sich entweder dem weiblichen oder dem männlichen Geschlecht zuordnen.

Wie häufig treten solche Störungen auf?

Die Zahlen liegen im Promillebereich. Bei 99,98 Prozent der Menschen ist die geschlechtliche Entwicklung ganz eindeutig weiblich oder männlich. Aber das ist eigentlich auch nicht das Thema.

Das wollte ich gerade sagen. Mir fällt auf, dass sich queere Aktivisten und Trans-Verbände in der Trans-Debatte gerne auch auf Intersexualität berufen. Dabei sind das doch zwei unterschiedliche Diskussionen, oder?

Genau. Ich habe das Gefühl, dass das Thema Intersexualität von Transaktivsten gerne als Einfallstor für die eigene Agenda genutzt wird. Intersexuelle wären vom geplanten Selbstbestimmungsgesetz gar nicht betroffen, beziehungsweise wären ihre Vorteile dadurch nur marginal. Jemand, der heute eine sogenannte Intersex-Diagnose bekommt, kann bereits mit einem einfachen ärztlichen Attest zum Rathaus gehen und seinen Personenstand ändern lassen, wenn er oder sie das möchte.

Während Intersexualität ein körperliches Phänomen ist, ist Transsexualität – Stichwort: Genderdysphorie – ein psychologisches Phänomen, oder?

Das kann man so sagen, ja. Betroffene leiden darunter, dass sie sich zu ihrem körperlichen Geschlecht nicht zugehörig fühlen sowie darunter, gesellschaftlichen Rollenerwartungen nicht zu entsprechen. Diese Menschen empfinden eine Inkongruenz zwischen ihrer subjektiven Wahrnehmung ihrer Geschlechtszugehörigkeit und dem gegebenen biologischen Geschlecht. Ich habe vollstes Verständnis für Menschen, die unter ihrem Körper, ihrem Geschlecht leiden und deshalb sehr große Schwierigkeiten haben, ein zufriedenes Leben zu leben. Oder wie es heute dann immer heißt: denen bei der Geburt ein falsches Geschlecht zugewiesen wurde. Wobei die Formulierung Unsinn ist. Hebammen und Ärzte sehen einfach, ob es sich bei einem Säugling um ein Mädchen oder einen Jungen handelt. Fälle, bei denen das nicht sofort eindeutig erkennbar ist, sind sehr selten. 

Sie haben gemeinsam mit vier Mitstreitern einen Gastbeitrag in der Welt veröffentlicht. Darin werfen Sie unter anderem den öffentlich-rechtlichen Medien vor, nicht ausgewogen über das Thema Transsexualität zu berichten. Hat Sie die große, vielfach auch negative Resonanz auf Ihren Beitrag überrascht?

Das war ja das erste Mal, dass ich mich in einem Artikel zum Thema zu Wort gemeldet habe. Dass es darauf große Resonanz geben wird, habe ich geahnt. Aber alles, was damit einhergegangen ist, auch, was unser Dossier betrifft, hat uns dann doch überrascht. Das hat aber gezeigt, dass es bei dem Thema großen Redebedarf gibt und wir es stärker in die Öffentlichkeit bringen müssen.

Was werfen Sie ARD, ZDF und Deutschlandradio konkret vor?

Was wir bei unseren Recherchen festgestellt haben, ist, dass im öffentlich-rechtlichen Rundfunk häufig sehr undifferenziert über das Thema Transsexualität berichtet wird. Zum Beispiel werden die negativen Folgen und Risiken einer Transition nicht deutlich genug genannt. Wir vermissen auch, dass über die Ursachen von Geschlechtsdysphorie nicht informiert wird. Denn das Leiden, mit einem Geschlecht zu leben, das man ablehnt, ist häufig ein Symptom für andere Komorbiditäten wie Angststörungen, Depressionen, Borderline-Störungen oder posttraumatische Belastungsstörungen infolge selbst erlebten oder beobachteten sexuellen Missbrauchs. Ein Großteil geschlechtsdysphorischer Jugendlicher ist im Autismus-Spektrum und hat Schwierigkeiten, einen sich verändernden Körper zu akzeptieren. Kindern zu suggerieren, ihr Körper könne falsch sein und es gäbe unkomplizierte Möglichkeiten, ein Mädchen in einen Jungen und vice versa zu verwandeln, halten wir für gefährlich, denn die Folgen von geschlechtsmodulierenden Medikationen und Operationen sind unumkehrbar.

Gibt es weitere Punkte?

Wir üben auch Kritik daran, dass biologische Fakten im Kontext Geschlecht falsch dargestellt werden. Es gibt weder eine Vielgeschlechtlichkeit noch ist das Geschlecht ein Spektrum. Das beobachten wir auch bei Berichten der privaten Sender, aber anders als diese haben die öffentlich-rechtlichen Sender einen Bildungsauftrag, der zur Ausgewogenheit verpflichtet. Und genau diese Ausgewogenheit vermissen wir.

Gleichwohl hat Ihnen der Queer-Beauftragte der Bundesregierung, Sven Lehmann, als Reaktion auf Ihren Gastbeitrag unter anderem Transphobie vorgeworfen. Ist das derzeit die gängige Art und Weise, wie diese Debatte geführt beziehungsweise eigentlich nicht geführt wird?

So kommt es mir vor, ja: Wir versuchen, die Debatte zu führen, die andere Seite will sie verhindern. So schrieb der Vorstand vom Netzwerk Wissenschaftsfreiheit im Anschluss an dessen diffamierenden Text Herrn Lehmann einen offenen Brief. Es war die Fortführung der Debatte. Unter anderem wollten der wissen, ob das die offizielle Haltung der Regierung sei. Lehmann hat bis heute nicht geantwortet. Was für ein Statement gegenüber der Wissenschaft! Dafür hat er – was rechtlich äußerst fragwürdig ist – seinen Welt-Beitrag auf den offiziellen Ministeriumsaccount gestellt. Parallel dazu starten die von der Bundesregierung 2021 mit über 400.000 Euro geförderte Bundesvereinigung Trans* und weiteren Interessenvertretungen eine Petition, in der sie die Medien auffordern, unseren Mitautor und Kritiker Dr. Alexander Korte (Kinder und Jugendpsychologe; Anm. d. Red.) nicht mehr zu veröffentlichen. Im Klartext fordert sie also dazu auf, kritische Berichterstattung zu unterlassen. Steuergelder werden dazu benutzt, die eigenen Bürgerinnen und Bürger mundtot zu machen. Das ist keine Debatte – das ist ein politischer Skandal.

Was war eigentlich die Initialzündung, dass Sie beschlossen haben, sich mit ihrem Blick auf das Thema nach vorne zu wagen?

Ich war nie besonders aktivistisch. Ich bin Biologin, Mutter zweier Kinder und habe mein ganz normales Leben gelebt. Dann bin ich auf diesen Bericht über J.K. Rowling gestoßen. Sie wurde als transphob bezeichnet, weil sie öffentlich darauf hingewiesen hatte, dass Personen, die menstruieren, Frauen sind. Dass sie dafür so massiv angefeindet wurde, war für mich die Initialzündung, mich näher mit dem Thema zu beschäftigen. Auch, weil ich dachte: „Gut, es gibt eben Dinge zwischen Himmel und Erde, mit denen ich mich noch nicht befasst habe.“ Und die Biologin in mir dachte: „Vielleicht gibt es ja tatsächlich Studien oder neue wissenschaftliche Erkenntnisse, die zeigen, dass sich das biologische Geschlecht auch anders als über die Keimzellen definieren lässt.“ Ich habe aber keine gefunden und bin dann irgendwann auf Eva Engelken zugegangen.

Frau Engelken ist – wie Sie – Mitglied bei den Grünen und beschäftigt sich schon länger sehr kritisch mit dem Thema. Wie alleine stehen Sie beide mit ihren Positionen denn innerhalb der Partei? 

Schwierig zu sagen. Die Funktions- und Mandatsträger der Grünen sind in der Regel sehr für das Selbstbestimmungsgesetz. Wir erleben auch immer wieder in den verschiedenen Arbeitsgruppen, dass gesagt wird, Transfrauen seien Frauen und daran werde nicht gerüttelt. Und dass jeder Mensch selbst über seine Geschlechtsidentität entscheiden solle. Da gehe ich sogar mit, also bei der Identität, aber das ist nicht mein Punkt. Ich lehne es ab, dass eine subjektiv empfundene und nicht überprüfbare Geschlechtsidentität die Basis für Gesetze sein soll, die Auswirkungen auf alle haben werden, ganz besonders auf Mädchen und Frauen. Wenn ich das Thema an der Basis anspreche, stelle ich gleichwohl immer wieder fest, dass einfache Mitglieder oder auch Gemeinderäte bei dem Thema sehr uninformiert sind. Wenn ich dann schildere, welche Folgen ein Selbstbestimmungsgesetz haben könnte, und welche Folgen ähnliche Gesetze in anderen Ländern bereits haben, wollen das viele erst gar nicht glauben. Ich werde angeguckt, als würde ich den Leuten irgendwelche Lügen auftischen.

Welche Vorkommnisse oder Folgen meinen Sie? 

Zum Beispiel das, was Frau Ellingsen passiert. Dass Frauen gezwungen werden sollen, wider besseres Wissen etwas als Tatsache zu akzeptieren. Da wird massiv in die Meinungsfreiheit eingegriffen, wenn Frauen nicht mehr öffentlich sagen dürfen, dass sich Männer zwar als Frauen fühlen können, aber dennoch keine sind, und diese transidenten Männer kein Zugang zu Frauenräumen und -rechten ermöglicht werden soll. Was wir in anderen Ländern auch sehen, ist, dass gerade Frauen, die verletzlich sind und nicht ausweichen können, sehr stark von solchen Gesetzen betroffen sind. Ich denke da zum Beispiel an Frauengefängnisse in Großbritannien, in Kanada oder in den USA, in die sich – je nach Gesetzeslage – teilweise Männer verlegen lassen können. Einfach, weil sie behaupten, sie seien eine Frau. Das gilt dann mitunter auch für Sexualstraftäter, die dann in Frauengefängnissen Frauen bedrängen. Solche Fälle gibt es bereits. Man kann sie zum Beispiel auf der Internetseite transcrimeuk.com nachlesen.

Die Gegenkritik würde wohl lauten, dass dies nur Einzelfälle sind.

Auf der einen Seite werden Einzelfälle quasi zur Staatsdoktrin erhoben, aber auf der anderen Seite sollen sie keine Rolle spielen? Ja, was denn nun?! Hier kollidieren die Interessen unterschiedlicher Gruppen miteinander, und jede Gruppe muss angehört werden. Aber genau das passiert nicht. Im Gegenteil. Denken Sie zum Beispiel an den Sport: Transidente Männer dringen immer offensiver in den Frauensport ein, wo sie dann die ersten Plätze belegen, weil die Mädchen und Frauen keine Chance gegen Jungen und Männern haben. Der jüngste Fall ist der eines transidenten Mannes Ende 20, der den ersten Platz bei einem Skateboard-Event vor einem 13-jährigen Mädchen belegt hat. Aber es gibt zum Beispiel auch den Fall, dass sich Schwimmerinnen beschwert haben, dass sie sich gemeinsam mit Will beziehungsweise Lia Thomas, einem transidenten Mann, umziehen müssen. Als Reaktion darauf wurde die Situation nicht etwa verändert, sondern den Mädchen wurde psychologische Hilfe angeboten. Das zeigt: Frauen und Mädchen wird da gar nicht zugehört und ihre Bedenken werden kleingeredet. Uns wird die Chance genommen, uns gegen übergriffige Männer zur Wehr zu setzen.

Was genau erwarten Sie sich eigentlich von der Demo am Donnerstag? Wie viele Leute werden kommen?

Wir werden keine große Gruppe sein, denn schließlich ist Donnerstag für die meisten ein ganz normaler Arbeitstag. Unsere Demonstration im Bereich der Nordischen Botschaften in Berlin beginnt um 11 Uhr. Alle, die kommen möchten, sind herzlich eingeladen, ein Statement zu setzen, gegen Gesetze, die die Meinungsfreiheit und die Wissenschaftsfreiheit einschränken sollen. Perspektivisch wollen wir eine Regelmäßigkeit etablieren und auch in anderen Städten ähnliche Demonstrationen organisieren, um den Menschen bundesweit die Thematik vorzustellen. Parallel zu unserer Kundgebung werden die Bundesfamilienministerin und der Bundesjustizminister auf der Bundespressekonferenz die Eckpunkte des geplanten Selbstbestimmungsgesetzes vorstellen.

Letzte Frage: Wann treten Sie also bei den Grünen aus?

(lacht) Gar nicht. Denn tief im Inneren habe ich ein grünes Herz. Und die Grünen vertreten ja nicht nur diese Identitätspolitik, sondern ich sehe eben auch, was an der Basis alles gemacht wird. Gerade auf kommunaler Ebene engagieren sich die Grünen erfolgreich für den Umwelt- und Klimaschutz. Außerdem weiß ich, dass es viele Grüne gibt, die bei der Identitätspolitik meiner Meinung sind. Die möchte ich weiter unterstützen und ihnen eine Stimme geben. Die kann ich nicht alleine lassen.

Das Gespräch führte Ben Krischke.

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