Pantisano zeigt Julian Reichelt an - Queermannsheil

Der Queer-Beauftragte Berlins, Alfonso Pantisano, macht mit hanebüchenen Strafanzeigen Jagd auf zeitgeistkritische Journalisten. Damit will er zweifellos ein Exempel statuieren. Das ist schon ziemlich irre.

Einer von den Guten: Alfredo Pantisano / dpa
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Autoreninfo

Ben Krischke ist Leiter Digitales bei Cicero, Mit-Herausgeber des Buches „Die Wokeness-Illusion“ und Mit-Autor des Buches „Der Selbstbetrug“ (Verlag Herder). Er lebt in München. 

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„Ehrliche Frage: Deuten die Zuckungen dieses Menschen, das Tic-artige Salutieren, das sinnbefreite Nach-links-und-rechts-Schauen (das sitzt doch erkennbar niemand 😂) sowie das hysterische Lachen darauf hin, dass er ein psychisches oder ein Drogen-Problem oder beides hat?“, twitterte am Montag ein gewisser Peter Dabrock – Rechtschreibfehler im Original – und verlinkte dazu ein Video des ehemaligen Bild-Chefs Julian Reichelt, der derzeit mit seinem Medien-Start-up Vius, das unter anderem die Nachrichtenseite nius.de betreibt, für Schlagzeilen sorgt.

Also einerseits, weil die Nachrichtenseite de facto Schlagzeilen produziert, so machen das Nachrichtenseiten eben. Andererseits, weil der neue Queer-Beauftragte Berlins, ein gewisser Alfonso Pantisano, meint, dass Pressefreiheit gesinnungsfolgsam und zeitgeistgebunden sein sollte. Und auch meint, dass, wer gegen diesen bunten Vorsatz verstößt, mit Strafanzeigen eingeschüchtert gehört

Reichelt hatte das Hissen der Regenbogenflagge vor dem Berliner Polizeipräsidium in einem Tweet kritisiert und dies unter anderem als „Solidarität“ für eine „totalitäre Ideologie“ bezeichnet. Für Pantisano genug Provokation, um Reichelt Volksverhetzung nicht nur zu unterstellen, sondern ihn deshalb sogar anzuzeigen. Auch der obligatorische Post im Internet, in dem er sich seiner Tat rühmt, durfte da freilich nicht fehlen. So machen das die Guten eben. 

Grundgesetz? Kann man machen

Dabrock wiederum, eingangs erwähnt, ist ein deutscher evangelischer Theologe und Professor für Systematische Theologie mit dem Schwerpunkt Ethik an der Universität Erlangen. Er war mal Mitglied des Deutschen Ethikrates und zeitweise dessen Vorsitzender. Und ich saß am Montag nur ein bisschen verwundert vor meinem Smartphone angesichts der Tatsache, dass sich Dabrock äußerte, wie er sich äußerte, zu einer Reaktion Reichelts auf die Strafanzeige, der seine berechtigte Wut darüber in ein Video gegossen hat. 

Verwundert deshalb, weil sich hier jemand aus dem universitären Umfeld, der sich mit ethischen Fragen auskennen sollte, also Dabrock, meint, sich auf infantilem Niveau an der Diskussion drumherum beteiligen zu müssen. Nur ein bisschen verwundert aber wiederum deshalb, weil man es in Dabrocks Kreisen, also rund um den Ethikrat, bekanntermaßen nicht so hat mit den Grundrechten, was während der Corona-Pandemie mehrfach offenbar wurde. Für solche Leute ist das Grundgesetz nicht universell gültig, sondern eben nur eine ungefähre Orientierungshilfe. Prädikat: „Kann man machen, muss man aber nicht.“ 

Postfaktischer Firlefanz

Reden wir mal Klartext: Der Vorstoß des Queer-Beauftragten Pantisano – dem Vernehmen nach mit Rückendeckung des Berliner Senats – ist die nächste Stufe eines mindestens teilweise staatlich orchestrierten Gesinnungsterrors, der nach meiner Wahrnehmung mit der Aussage der Familienministerin Lisa Paus, „Transfrauen sind Frauen, deshalb sehe ich da keinen Erörterungsbedarf“ (in der Diskussion um das umstrittene Selbstbestimmungsgesetz), begonnen hat, dazu führt, dass mittlerweile wieder politische Bekenntnisflaggen (diesmal in Regenbogenfarben) vor öffentlichen Gebäuden gehisst werden und jetzt in einen offensichtlichen Angriff auf die Presse- und Meinungsfreiheit mündet. 
 

Passend zum Thema: 

Dabei geht es nicht nur um den einen Tweet von Julian Reichelt, auch andere Journalisten will Pantisano einschüchtern. Judith Sevinc Basad, die zum Reichelt-Team gehört, ebenfalls direkt. Auch die wurde vom Queer-Beauftragten wegen Volksverhetzung angezeigt, weil sie gewagt hat, eine Dokumentation zu drehen, in der sie sich kritisch mit dem Trans-Phänomen auseinandersetzt („Trans ist Trend: Wie eine Ideologie unser Land verändert“).

Viele weitere Journalisten und sonstige Kritiker, die sich dem Trans-Hype ebenfalls nicht ergeben wollen, soll das wohl ebenfalls eine Lehre sein, indirekt nämlich: meiner Wenigkeit inklusive. Unwahrscheinlich, dass Pantisano juristisch damit durchkommt, wenn Sie mich fragen, aber alarmierend ist der Vorgang allemal – weil er ein Warnschuss ist an alle, die keine Lust auf staatlich geförderten postfaktischen Firlefanz haben.

Eine Frau als Katze

Wegen mir, das schrieb ich bereits an anderer Stelle, soll sich jeder identifizieren als das, was er sein möchte. Wer bin ich, um jemandem vorzuschreiben, was er fühlen soll? Ich las sogar mal von einer jungen Frau, die behauptete, eine Katze zu sein. Toleranz ist etwas Grundliberales, aber auch nicht zu verwechseln mit Akzeptanz. 

Denn erstens heißt das nicht, dass ich oder wir die Realität des einen als unsere eigene Realität anerkennen müssen. Zweitens hört bei mir der Spaß auf, wenn es an die Kinder geht; wenn man versucht, ihnen frühstmöglich einzureden, im falschen Körper geboren zu sein, damit sie sich irgendwann den Penis oder die Brüste amputieren lassen. Und drittens bin ich schlicht nicht bereit, jedes pathologisch fragwürdige Kollektiv von Gleichgefühlten als schützenswerte Minderheit anzuerkennen. Anders formuliert: Man wird nicht zum Baum, indem man sich als Baum fühlt. 

„Du Hetero-Sau!“

Aber zurück zu Pantisano: Der hat Frauen, die gegen das Selbstbestimmungsgesetz aufbegehren, schon als „Hündinnen“ bezeichnet. Im Netz macht derzeit ein Bild die Runde, wie der Queer-Beauftragte Berlins lächelnd eine Postkarte in die Kamera hält, auf der „Du Hetero-Sau!“ steht. Dass so ein Typ überhaupt zum staatlich alimentierten Inquisitor, pardon, Beauftragten ernannt wird, ist für sich genommen schon ein Skandal. Dass der gleiche Kerl jetzt von Staates Segen loszieht und Journalisten, die ihm nicht passen, mit hanebüchenen Strafanzeigen drangsaliert, ist vor allem ziemlich irre.

Machen wir uns nichts vor: Pantisano und jene, die ihm für diesen Angriff auf die Presse- und Meinungsfreiheit auch noch applaudieren, sind an einer offenen, demokratischen Gesellschaft überhaupt nicht interessiert. Und weil dem so ist, weil diese Leute notfalls durch Einschüchterung erzwingen wollen, dass man sich ihrem postfaktischen Gedöns bedingungslos unterwirft, soll hier jetzt öffentlich ein Exempel statuiert werden. Die Objekte seiner ersten Einschüchterung – Erich Mielke wäre stolz, keine Frage – hat er sogar ziemlich klug gewählt. 

Im Regenbogenreichstag

Denn eigentlich müsste jetzt der große Aufschrei der Medienbranche kommen. Das große „So nicht, Freundchen!“. Auch und gerade von jenen Journalisten, die sich tagein, tagaus mit jeder Menge Gratismut und Warnungen vor autoritären Tendenzen irgendwo anders auf der Welt zu profilieren versuchen. Eigentlich.

Weil die Medienbranche aber – nicht durch die Bank, aber breit genug – eine ziemlich rückgratlose Mischpoke aus Opportunisten ist und Reichelt ohnehin der Lieblingsfeind sich selbst als progressiv wähnender Journalisten, die in meiner Zunft in der Überzahl sind und deren Tätigkeit nah dran ist an Pressearbeit für den linksgrünen Zeitgeist, bleibt dieser Aufschrei freilich aus. 

Ich jedenfalls werde all die supersensiblen Mahner in anderen Angelegenheiten irgendwann an ihr Schweigen erinnern, wenn irgendein Regenbogengelehrter wie, sagen wir, Peter Dabrock in fünf Jahren im Regenbogenreichstag steht und vor versammelter Personenschaft mit ernstem Blick erläutert, warum es aus ethischer Sicht durchaus vertretbar ist, kritische Journalisten ins Gefängnis zu werfen, was beim Tatbestand der Volksverhetzung ja passieren kann – oder sie in irgendeiner regenbogenrepublikanischen Botschaft zu zersägen. Gut, Letzteres war jetzt ein bisschen übertrieben. Wobei, wer weiß das schon?! Ist aber auch egal. Hinterher will es eh keiner gewesen sein. Hinterher waren alle von Anfang an im Widerstand. Das kennen wir schon. 

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