Kabarettistin Monika Gruber - Die große Gruberin büxt aus

Die Kabarettistin und Schauspielerin Monika Gruber macht ihrer Wut auf die Politik der Ampelregierung öffentlich Luft – dafür wird sie angefeindet.

Monika Gruber brachte die Demonstration in Erding ins Rollen / Katharina Baumann
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Autoreninfo

Ben Krischke ist Leiter Digitales bei Cicero, Mit-Herausgeber des Buches „Die Wokeness-Illusion“ und Mit-Autor des Buches „Der Selbstbetrug“ (Verlag Herder). Er lebt in München. 

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Am Anfang steht ein einzelner Mann mit einem Schild. Weil Franz Widmann, Inhaber eines Optikerladens im bayerischen Erding, genug hat von der Heizungspolitik der Ampelregierung, stellt er sich eines Tages allein auf einen Platz in seiner Heimatstadt und protestiert: „Stoppt die Heizungsideologie“. 

Ein Bild seines Protests landet später in der Zeitung. Normalerweise wäre das alles vermutlich versandet. Doch es kommt anders. Denn erstens ist die Wut auf die Energiepolitik der Bundesregierung groß. Und zweitens ist Widmann ein Bekannter der bayerischen Kabarettistin und Schauspielerin Monika Gruber, die nahe Erding aufgewachsen ist und bis heute dort lebt.
Gruber beschließt, Widmann zu unterstützen und mit ihm und ein paar Freunden eine echte Demonstration zu organisieren. Dafür trommelt sie unter anderem in ihrer Canasta-Chatgruppe um Unterstützung. Ihre Nachricht wird weitergeleitet und verbreitet sich wie ein Lauffeuer – bis nach Österreich. 

Gruber wird zur Zielscheibe des Hasses

Am Ende werden in Erding am 10. Juni gut 13.000 Menschen demonstrieren. Der bayerische Bauernpräsident hält eine Rede, der bayerische Ministerpräsident Markus Söder ebenso – und wird teilweise mit Pfiffen und „Hau ab!“-Rufen bedacht. Auch sein Vize Hubert Aiwanger (Freie Wähler) spricht und schimpft derart bierzelttauglich auf die Ampelregierung, dass es „Zugabe!“-Rufe gibt. 

Cicero trifft Monika Gruber wenige Tage später in einem Hotel im österreichischen Innsbruck, wo sie am Vorabend einen Auftritt mit ihrem Kabarettprogramm „Ohne Worte“ hatte. Es wird ein dreistündiges Gespräch voller Emotionen. Grubers Freude ist groß, dass sie so viele Leute mobilisieren konnte. Ihre Wut auf vor allem die Grünen aber ist es ebenso. Auch ihre Trauer, dass nicht nur Ampelpolitiker und deren Unterstützer sie und die Demonstranten mit sämtlichen Zuschreibungen strafen, die das Diffamierungsrepertoire zu bieten hat: „Querdenker“, „Verschwörungsideologen“, „Rechtextremisten“. Auch ein ehemaliger Weggefährte Grubers beschimpft sie im Internet.

 

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„Uns sofort reflexartig als ,rechts‘ oder gar als ,Demokratiefeinde‘ zu framen, empfinde ich als Verunglimpfung und infam“, sagt sie. Die Demonstranten und sie hätten lediglich von „ihrem demokratischen Recht“ Gebrauch gemacht. „Allein welcher Hass bisweilen abgesondert wird, weil man eine andere Meinung hat als jene, die dem anderen genehm ist, finde ich wirklich erschütternd.“ 

Ist es das wert?

Die 52-Jährige kennt die einschlägigen Reflexe einer halbkaputten Debattenkultur bereits. Dem deutschen Kabarett etwa diagnostiziert Gruber, die sich „konservativ-liberal“ nennt, einen „unüberwindbaren Graben“ infolge der Flüchtlingskrise 2015 /16. Damals habe sich die Branche aufgespalten in „vermeintlich links“ und „vermeintlich rechts“. Als sie während der Corona-Pandemie viele Maßnahmen der beiden Bundesregierungen kritisierte, wurde sie angefeindet. Ebenso dafür, dass sie sich regelmäßig über den linksgrünen Zeitgeist lustig macht: über das Gendern oder über die Frage, mit welchen Pronomen jemand angesprochen werden möchte. Für Gruber sind all das Phänomene einer urbanen Minderheit: „Das sind auf dem Land keine Themen, die interessieren.“

Und mit dem Land kennt sie sich aus: Gruber ist als älteste Tochter auf einem Bauernhof aufgewachsen. Ihr Bruder führt den Betrieb noch immer im Nebenerwerb. Sie sei, sagt sie, ein braves und schüchternes Kind gewesen, aber regelmäßig ausgebüxt. Ihre Mutter habe deshalb den Hof eingezäunt, weil sie Angst hatte, der „kleinen Gruberin“ könnte etwas passieren. Im Hotel in Innsbruck bestellt die „große Gruberin“ noch einen Cappuccino, während Lounge-Musik aus den Boxen dudelt. Sie sagt: „Abgehauen bin ich trotzdem, weil die Mama der Nachbarskinder, die Königseder Rosa, den besten Kirschstreuselkuchen der Welt gemacht hat.“

Am Abend desselben Tages, das Gespräch ist seit Stunden vorüber, berichtet ein Online-Portal darüber, dass eine weitere „Heizungsideologie“-Demons­tration mit bis zu 100.000 Menschen wegen des „Heizungskompromisses“ innerhalb der Ampelregierung abgesagt worden sei. Franz Widmann, der Erdinger mit dem Schild, bestätigt das auf Nachfrage. Monika Gruber aber wird von der Meldung überrascht. Doch sie zeigt sich kämpferisch. Man werde „die weitere Entwicklung sehr genau beobachten“ und, wenn nötig, „den Protest wieder aufnehmen“.

Der Aufwand, die Risiken, der Hass: Ist es das alles wirklich wert? „Mir ist es das wert, ja“, sagt Gruber. Und weiter: „Ich möchte nicht irgendwann sagen müssen, dass ich der ökonomischen und gesellschaftlichen Zerstörung meiner Heimat tatenlos zugeschaut habe.“ 

 

Dieser Text stammt aus der Juli-Ausgabe von Cicero, die Sie jetzt am Kiosk oder direkt bei uns kaufen können.

 

 

 

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