Hubert Zitt - Der Weltenreisende

Hubert Zitt, Dozent und Ingenieur für Elektrotechnik, unterzieht die Technik aus „Star Trek“ und „Star Wars“ einem Realitätscheck. Vier solcher Vorträge waren geplant, mittlerweile sind es über 400. Seine Auftritte sind Kult geworden.

Hubert Zitt ist Dozent für Informatik und Systemtechnik an der Hochschule Kaiserslautern / Bernd Hartung
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Autoreninfo

Björn Eenboom ist Filmkritiker, Journalist und Autor und lebt im Rhein-Main-Gebiet.

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Dieser Mann weiß Science von Fiction zu trennen. Der promovierte Ingenieur für Elektrotechnik Hubert Zitt kennt die Welten aus „Star Trek“ und „Star Wars“ wie kaum ein anderer. Tagsüber befasst sich der 59-jährige Dozent an der Hochschule Kaiserslautern in Zweibrücken mit Informatik und Systemtechnik. Abends hebt Zitt als Vortragsredner ab in die unendlichen Weiten futuristischer TV- und Kino-Erzählungen.

Im Planetarium in Mannheim, wo sonst Astrophysiker wie Nobelpreisträger Reinhard Genzel über schwarze Löcher referieren, sorgt Zitt mit seinem aktuellen Programm über die mysteriöse Macht der Jedi-Ritter in „Star Wars“ für ein volles Haus. Aus der Nachmittagsvorstellung entsteigt er einem Meer aus bunten Lichtschwertern, die die Kinder ihm zum Abschied entgegenstrecken. „Ist das nicht cool?“, fragt Zitt und isst erst einmal eine Banane, um sich für den Abendvortrag zu stärken. 

Science Fiction im Realitätscheck

Angefangen hat alles 1996 als Weihnachtsvorlesung, um der Studentenschaft mit seinem Wissen aus „Star Trek“ einen unterhaltsamen Jahresausklang zu bescheren. Geplant waren vier Vorlesungen, heute ist die Vierhundertermarke längst geknackt. Zitts Vorträge sind Kult. Unternehmen wie Google, Banken oder das Bundesministerium für Bildung und Forschung lassen sich von den Science-­Fiction-Ideen inspirieren.

Auf der jährlich stattfindenden FedCon, der Federation Convention, der größten „Star Trek“- und Science-Fiction-­Veranstaltung Europas in Bonn, hat Zitt Starpotenzial. Anfangs traten die Schauspieler auf der großen Bühne auf und Zitt im kleinen Nebensaal. Doch das Interesse, mehr über die technologischen und philosophischen Hintergründe zu erfahren, wurde immer größer. Der Veranstalter musste tauschen. Seitdem spricht „Captain Zitt“, wie seine Fans ihn nennen, vor knapp 3000 Zuschauern. 
 

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Wenn es darum geht, die Technik aus „Star Trek“ einem Realitätscheck zu unterziehen, verlässt er sich auf die Gesetze der Physik. So bleibt der Warp-Antrieb, mit der das Raumschiff Enterprise mit Überlichtgeschwindigkeit in die Weiten des Weltraums katapultiert wird, reine Fiktion. Selbst wenn die Gesetze der Relativitätstheorie nicht verletzt würden, wäre für die nötige Krümmung des Raumes ein Energieaufwand von zahlreichen Sonnenmassen nötig, so Zitt.

Ein ähnliches Energieproblem besteht bei der Teleportation von Menschen. „Beam me up, Scotty?“ Eher Fehlanzeige – und lässt den Dozenten nachdenklich werden. „Das Beamen wirft für mich die zutiefst philosophische Frage auf, ob es ethisch vertretbar ist, einen Menschen in seine Bestandteile zu zerlegen, ihn also zu töten, und die Person anschließend mit den zuvor gesammelten Informationen an einem anderen Ort wieder zusammenzusetzen und lebendig werden zu lassen.“ 

Klar getrennte Welten für „Captain Zitt“

Andere Techniken wie der Kommunikator, den Captain Kirk in „Star Trek“ benutzt, inspirierte die Firma Motorola Mitte 1990er Jahre dazu, das erste Klapphandy zu designen. Drahtlose Kommunikation mit Headsets, wie sie Kommunikationsoffizierin Uhura verwendet, ist genauso Realität geworden wie das Sprechen mit Computern. In der näheren Zukunft sieht Zitt Verbesserungen in der Entwicklung humanoider Roboter und holografischer Projektionen von 3-D-Objekten, die mit Gesten gesteuert werden. „Eine vereinfachte Form des Holodecks könnten wir in nicht allzu ferner Zukunft im heimischen Wohnzimmer erleben. Die Bildschirme werden so flach wie eine Tapete und uns neben Streamingdiensten mit verschiedensten Informationen versorgen.“

Spannend wird es, wenn es ans Rechnen geht. So erklärt Zitt die Newtonschen Gesetze nicht mit Massenpunkten, sondern mit den Raumschiffen der Enterprise und der Klingonen, um die Energie auszurechnen, wenn die Raumschiffe aufeinander zufliegen. „Es sind die gleichen Rechnungen, aber sie machen wesentlich mehr Spaß.“ Mit seinem Gespür für Zahlen fallen ihm auch allerlei Fehler auf. Wenn es im Maschinenraum kracht und blitzt und es heißt, dass gerade hundert Giga-Elektronen-Volt freigesetzt worden sind, wird Zitt hellhörig. Denn die Energiemenge ist eher im Bereich von Knopfzellen anzusiedeln. Bei aller Liebe zur Fantastik zieht Zitt klare Grenzen. „Das sind zwei Welten. Das eine ist die Vermittlung von Grundlagen im Bereich Elektrotechnik und Informatik. Und das andere ist das Visionäre. Es gibt Schnittstellen, aber für mich sind es dennoch zwei getrennte Sichtweisen.“ 

Die Pause ist um. Nun erklärt Zitt im Kuppelbau des Planetariums die Macht in „Star Wars“. „Die Macht ist eine Erfindung. Wenn man sich weit aus dem Fenster lehnt, könnte man es damit erklären, mental das Higgs-Feld auf der Elementarteilchenebene zu beeinflussen. Ich bin fest davon überzeugt, dass es noch viele Dinge gibt, die wir noch nicht verstanden haben.“

 

Dieser Text stammt aus der Januar-Ausgabe des Cicero, die Sie jetzt am Kiosk oder direkt bei uns kaufen können.

 

 

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