Gut essen gegen schlechte Laune - Rindfleischsuppe: Soul Food auf Deutsch

Die Welt ist offensichtlich in einem üblen Zustand. Da ist es nicht immer einfach, so etwas wie Lebensfreude zu entwickeln. Unser Genusskolumnist meint, dass eine kräftige Suppe dabei manchmal wenigstens ein bisschen helfen kann.

Eine schmackhafte Rindersuppe hilft gegen Kummer und Stress / picture alliance
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Autoreninfo

Rainer Balcerowiak ist Journalist und Autor und wohnt in Berlin. Im Februar 2017 erschien von ihm „Die Heuchelei von der Reform: Wie die Politik Meinungen macht, desinformiert und falsche Hoffnungen weckt (edition berolina). Er betreibt den Blog „Genuss ist Notwehr“.

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Dass sich unter Teilen der Erdoberfläche schlicht tickende Zeitbomben befinden, wird gerne immer wieder verdrängt. Bis mal wieder eine hochgeht. Ist aber anscheinend auch nicht so wichtig, wird bald wieder aus den Schlagzeilen verschwinden. In absehbarer Zeit wird unser Partner Türkei den Terrorkrieg gegen die Kurden im jetzt vom Erdbeben betroffenen Gebiet in Rojava (Nordsyrien) wieder fortführen. Und auch wir werden uns wieder den wichtigen Themen zuwenden: Mehr Panzer und möglicherweise bald auch Kampfflugzeuge für die Ukraine.

Doch unsere Parallelwelten haben noch viel mehr Irrsinn zu liefern. Während die Zahl der chronisch unterernährten und akut von Hungersnöten betroffenen Menschen nach einer Dekade des Rückgangs seit 2015 wieder deutlich ansteigt, streiten wir uns um aus Insekten gewonnene Proteine als Lebensmittelzutat. Und während Luxuskonzerne frohlocken, dass die Preise für Champagner und Weine aus dem Burgund gerade durch die Decke gehen, haben mehrere Milliarden Menschen keinen regelmäßigen Zugang zu sauberem Trinkwasser.

Und mittendrin gibt es bei uns einige wohlstandsverwahrloste, meist jüngere Menschen, die die ganze Erde als Abenteuerspielplatz und Party-Location begreifen. Da klebt man sich dann mal auf einer Straße fest, um das Weltklima und somit die Menschheit zu retten, um wenig später in den Ferienflieger nach Thailand zu steigen, denn, so ein Sprecher der „Letzten Generation“, das eine habe ja mit dem anderen nichts zu tun.

Nahrung für die Seele

Es ist schwierig oder gar unmöglich, sich in Zeiten des permanenten medialen Overkills von diesen Dingen einigermaßen oder gar komplett abzuschotten. Und es ist auch vollkommen normal, dass das gelegentlich aufs Gemüt schlägt, zumal wenig Anlass für die Hoffnung besteht, dass sich die Zustände auf der Welt nachhaltig zum Besseren wenden werden. Aber wir sind nun mal geboren, um unser Leben zu leben und das Beste daraus zu machen - sofern wir dazu die Chance haben. Wir brauchen dafür einen klaren Kopf, ein stabiles persönliches Umfeld und nicht zuletzt die Fähigkeit zum Genuss in all seinen Facetten. Und wir sind im globalen Maßstab privilegiert: Denn in Deutschland gibt es für alle Menschen wenigstens Trinkwasser und ausreichend Nahrung.  

Wer diese Kolumne ein bisschen verfolgt, wird wissen, dass Ernährung für mich viel mehr als reine Nährstoffzufuhr ist. Denn Nahrung ist auch was für die Seele, oder sollte es wenigstens sein. Und gerade jetzt braucht es etwas, was nicht nur wohltuend bei Krisen-, Kriegs- und Winterblues wirkt, sondern auch schwächelnden Kindern, kränkelnden Erwachsen bis hin zu Zipperlein-geplagten Senioren ein wenig Kraft und Sonne bringt. Und für diese Allroundaufgabe gibt es eine sichere Bank: Eine kräftige Rindfleischsuppe. Und die kochen wir jetzt nach Art der bayrisch-kreuzbergerischen Hausfrauenküche.  

Simple Zutaten

Ein Suppengrün (Möhren, Sellerie, Lauch. Petersilienwurzel) sorgfältig schälen. Zwei Drittel des Gemüses in grobe Stücke schneiden und zusammen mit einer geviertelten Gemüsezwiebel in einen Topf legen. Darauf werden eine Rinderbeinscheibe und ein paar bereits gesägte Rindermarkknochen gelegt. Mit Salz, Pfeffer, Liebstöckel, Oregano und Majoran würzen und mit heißem Wasser übergießen, so das alles gut bedeckt ist. Dann eine Stunde köcheln lassen. Beinscheiben und Markknochen enthalten viel Kollagen. Das macht das Fleisch nicht nur butterzart, sondern ist auch sehr gesund: für Knochen, Gelenke und Haut.

Dann nimmt man das Fleisch, die Knochen und das Gemüse raus. Letzteres kann man durch ein Sieb noch sanft ein bisschen pressen. Die Restpampe kann weg. Dann das Fleisch vom Mittelknochen lösen, die Fettränder entfernen und in Würfel schneiden. Aus den Knochen das Mark auslösen und in der Suppe verteilen.

 

Zuletzt in „Genuss ist Notwehr“ erschienen:

 

Zwischendurch haben wir das restliche Suppengrün in feine Streifen gehobelt oder sehr dünne Scheiben geschnitten. Die Suppe erneut zum Köcheln bringen, Fleisch und Gemüse für ein paar Minuten dazugeben und eventuell etwas nachwürzen. Manche setzen jetzt auch auf Muskatnuss, ist aber nicht mein Fall. Zum Schluss kommt noch gehackte Petersilie dazu.

Es fehlen noch die Suppennudeln, also keine übliche Pasta aus Hartweizengrieß, sondern Eiernudeln. Die kann man natürlich selbst machen, aber wer macht das schon – ich jedenfalls nicht. Aber mittlerweile gibt es frische, vakuumierte Nudeln in guter Qualität in fast jedem Supermarkt. Trockennudeln sind sie jedenfalls vorzuziehen. Alternativen wären Gnocchi oder Grießnockerl.

Nudeln separat garen

Die Nudeln kippen wir aber nicht einfach in den Topf, es sei denn, wir sind sicher, dass alles komplett aufgegessen wird. Denn während man die Suppe problemlos ein paar Tage in den Kühlschrank stellen kann, würden die Nudeln dabei zu einer wenig appetitlichen, eher breiigen Masse mutieren. Für die Tagesportion kochen wir sie separat in abgeschöpfter Suppenflüssigkeit, das dauert auch nur ca. drei Minuten. Und den Rest der Nudeln kann man auch einfrieren. Dass mit den separat gekochten Nudeln habe ich in Vietnam aufgeschnappt, dem Land mit der weltweit wohl am höchsten entwickelten Nudelsuppenkultur. Von der wir sehr viel lernen können. 

Jetzt kommen jedenfalls die Suppe und die Nudeln in die Schalen oder Teller. Und prompt wird es heller, wärmer, ruhiger, schöner. Glauben Sie nicht? Probieren sie es aus...   

Rindfleischsuppe

Zutaten für 4 Personen
1 Rinderbeinscheibe (500-600g)
400g Markknochen, gesägt
1 Suppengrün
1 Gemüsezwiebel
200g frische Eiernudeln
Salz, Pfeffer, Liebstöckel, Majoran, Oregano
1,3l Wasser        

    

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