Viel mehr als Pfefferminztee - Minze – der unterschätzte Tausendsassa

Beim Schreiben dieses Textes hat unser Genusskolumnist – wie bei ihm im Sommer üblich – ein paar Tassen lauwarmen Minztee getrunken. Natürlich frisch geerntet und keineswegs mit Teebeutel fabrizierten. Ohnehin ist Minze für ihn viel mehr als nur ein Grundstoff für Tee.

Wer Minze auf Tee reduziert, dem entgeht etwas. Sie bereichert ebenso Obstsalate, Vanilleeis und Joghurtzubereitungen. / dpa
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Autoreninfo

Rainer Balcerowiak ist Journalist und Autor und wohnt in Berlin. Im Februar 2017 erschien von ihm „Die Heuchelei von der Reform: Wie die Politik Meinungen macht, desinformiert und falsche Hoffnungen weckt (edition berolina). Er betreibt den Blog „Genuss ist Notwehr“.

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Seit ich vor vielen Jahren meine Passion als Hobbygärtner für Nutzpflanzen entdeckte, gab es etliche Rückschläge zu verkraften. Man gießt zu viel oder zu wenig, die Erde oder der Standort sind nicht geeignet, Wetterextreme machen etlichen Anpflanzungen den Garaus. Irgendwann bekam ich den Tipp, dass es eine Nutzpflanze gibt, der das alles (fast) vollkommen egal ist – die Minze.

Eigentlich brauchen kleine Minze-Töpfe, die man in jedem Baumarkt oder Gartencenter und auch in vielen Supermärkten erhält, nach dem Einpflanzen nur eines: viel Platz. Im Laufe der Vegetationsperiode entwickeln sie sich zu eindrucksvollen Büschen. Falls man sie zu dicht an anderen Pflanzen gesetzt hat, werden diese gnadenlos verdrängt. Also auf dem Balkon besser in einem separaten Topf als mit Nachbarn in einem Balkonkasten. Und im Beet mit gebührendem Abstand zu allen anderen.

Minzsoße war eher abschreckend

Aber was soll man eigentlich mit größeren Mengen Minze anfangen? Meine frühen Begegnungen mit diesem Lippenblütengewächs beschränkten sich auf den unvermeidlichen Pfefferminztee, in der Regel mit Teebeuteln fabriziert. Hat mich irgendwann nicht mehr überzeugt. Zum ausgesprochenen Minze-Skeptiker wurde ich, als ich bei einem England-Aufenthalt mal die offenbar ebenfalls unvermeidliche Minzsoße zu Lammfleisch serviert bekam. Wobei ich den Eindruck hatte, dass dabei eher betagte Schafe verwendet wurden, aber das ist ein anderes Thema. Die Soße fand ich jedenfalls gewöhnungsbedürftig bis grauenvoll. Dann gab es da noch einige Süßigkeiten mit Minzgeschmack und schließlich auf Kuba den legendären Mojito, der ja ohne frische Minze gar nicht denkbar ist. Allerdings gehören Cocktails aller Art – nicht mal Mojito – nicht zu meinen bevorzugten Genussmitteln.
 

Zuletzt in „Genuss ist Notwehr“ erschienen:

Große Sortenvielfalt

Dagegen hat sich lauwarmer Tee zu meinem bevorzugten Sommergetränk entwickelt, jedenfalls tagsüber. Eine Kanne pro Tag ist Minimum. Und in diesem Bereich ist Minze inzwischen mein absoluter Favorit. Und jetzt wird es spannend. Denn Minze ist nicht gleich Minze. Es gibt unzählige Arten und Sorten, die teilweise neben dem typischen Minzgeschmack auch noch ausgeprägte andere Aromen aufweisen. Wie etwa Zitronen-, Ananas-, Erdbeer- oder Schokoladenminze. Auch der Mentholgehalt differiert erheblich. Da gibt es viel zu probieren. Natürlich eignet sich Minze auch zum trocknen. Doch frisch verarbeitet ist sie wesentlich aromatischer. Das gilt besonders für die zahlreichen Blüten, die sich während der Vegetationsphase bilden. Die sollte man übrigens schnell abschneiden, weil sie sonst den Blättern Aroma entziehen. Erwähnt werden sollte auch, dass Minze eine bewährte, vielseitig verwendbare Heilpflanze ist. Aber das nur nebenbei, denn wir sind hier schließlich in einer Genusskolumne.

Viele Einsatzmöglichkeiten

Doch wer Minze auf Tee oder Cocktails reduziert, dem entgeht etwas. Sie bereichert frisch gepresste Säfte ebenso wie Obstsalate, Vanilleeis und Zubereitungen mit Joghurt. Oder ganz einfach als schnelle Erfrischung, mit Wasser und Zitrone. Die derzeit allgegenwärtigen Wassermelonen sind für mich ohne ein paar Blätter Minze ebenfalls kaum noch vorstellbar. Doch auch das ist noch nicht alles. Minze ist ein Traumpartner für Avocados und eine aromatische Zierde für viele Reisgerichte. Und neulich kam ich in den Genuss einer Teigtasche mit Schafskäse und viel Minze. Großartig! Und wer sich mal ein bisschen mit der nordafrikanischen Küche beschäftigt, wird auf zahlreiche weitere Einsatzgebiete stoßen.

Nur die Sache mit der Minzsoße zu Lammfleisch überzeugt mich nach wie vor nicht. Aber das muss ja auch nicht sein.

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