Gendern in der Schule - Sprachpolitik mit unschönen Nebenwirkungen

Die feministische Sprachpolitik hat nicht nur den Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk erobert. Auch in unseren Schulen ist sie inzwischen angekommen. Die meisten Kultusminister leisten dem Trend nur noch hinhaltenden Widerstand. Über die problematischen Folgen sehen sie geflissentlich hinweg.

Deutsch lernen leicht gemacht? / dpa
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Rainer Werner unterrichtete an einem Berliner Gymnasium Deutsch und Geschichte. Er verfasste das Buch „Fluch des Erfolgs. Wie das Gymnasium zur ,Gesamtschule light‘ mutiert“.

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Es gibt nur wenige Ministerpräsidenten, die gegen das Gendern in Schule und Verwaltung noch Flagge zeigen. Zu ihnen gehört Winfried Kretschmann, Ministerpräsident von Baden-Württemberg (Grüne): „Die Schulen müssen sich an das halten, was der Rat für deutsche Rechtschreibung vorgibt. Sonst haben wir am Ende keine einheitliche Rechtschreibung mehr. (…) Es ist schon schlimm genug, dass so viele unserer Grundschüler nicht lesen können. Man muss es denen nicht noch erschweren, indem man in der Schule Dinge schreibt, die man gar nicht spricht.“ Auch Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien (CDU) schließt die Verwendung der Gendersprache an den Schulen ihres Bundeslandes aus. Das Verbot betreffe Gendersternchen, Unterstriche und Doppelpunkte. Maßgeblich für die Schulen seien die amtlichen Rechtschreibregeln.

Berlin hatte schon unter der rot-rot-grünen Vorgängerregierung beschlossen, dass an Schulen und Universitäten maßvolles Gendern erlaubt sei, damit Frauen in den Berufen, in denen sie stark vertreten sind, „sichtbar“ seien. Berlins Schulen schreiben deshalb auch im amtlichen Schriftverkehr: „Lehrer*innen“, „Schüler*innen“. Sogar von „Hausmeister*innen“ ist die Rede, die es an den Schulen gar nicht gibt.

Vor kurzem gab es für das Gendern an Schulen sogar Schützenhilfe von einem Berliner Gericht. Es wies die Klage eines Vaters ab, der moniert hatte, dass am Gymnasium seines Kindes die amtlich verbindliche Rechtschreibung durch Genderformen unterlaufen werde. Sein Anwalt hatte sich auf eine Stellungnahme des wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages berufen, die an Klarheit nichts zu wünschen übriglässt: „Die amtliche Regelung der deutschen Rechtschreibung ist die verbindliche Grundlage des Unterrichts an allen Schulen. Dies gilt auch für Privatschulen.“ Beamte und Angestellte des Bundes und der Länder hätten deshalb, so der Anwalt, im amtlichen Schriftverkehr das Regelwerk der deutschen Rechtschreibung zu beachten. Der Direktor des Gymnasiums hatte den Lehrern ausdrücklich freigestellt, gegenderte Sprachformen zu verwenden, aber gleichzeitig festgestellt, im Übrigen gelte die amtliche Regelung. Es bleibt das Geheimnis des Gerichts, weshalb es der amtlichen Regelung der deutschen Rechtschreibung nicht zum Durchbruch verhalf, sondern dem sprachlichen Wildwuchs freien Lauf ließ.

In den meisten Bundesländern läuft es in den Schulen auf eine schizophrene Sprachspaltung hinaus. Im Unterricht und im internen Schriftverkehr, z.B. im Briefwechsel zwischen Klassenlehrer und Elternschaft, wird nach Lust und Laune gegendert, während sich die Schüler bei rechtlich relevanten schriftlichen Äußerungen wie Klausuren oder Prüfungen der amtlichen Rechtschreibregeln befleißigen müssen. Gendern für das moralische Wohlbefinden, korrekte Sprache für das amtliche Zertifikat.

Einfallstor Unterrichtsmaterial

Studiert man gegenwärtig verwendetes Unterrichtsmaterial der großen Schulbuchverlage, wird deutlich, dass das generische Maskulinum (der Lehrer, der Schüler) ein Auslaufmodell darstellt. Manche pädagogische Handreichungen greifen zur umständlichen Formulierung „Schülerinnen und Schüler“, die man häufig auch in Behörden findet. Andere benutzen ungeniert das Gendersternchen (Schüler*in) oder den Doppelpunkt (Polizist:in). Da das Unterrichtsmaterial der Verlage an den Schulen ein Quasimonopol besitzt, setzt sich die Gendersprache sukzessive in der Schule durch, gleichgültig wie die politische Einstellung der jeweiligen Landesregierung dazu lautet. Da viele Lehrer ihr Unterrichtsmaterial selbst erstellen, wäre eine dienstliche Kontrolle ohnehin nicht zu leisten. Das Gendern wird sich an unseren Schulen vor allem deshalb durchsetzen, weil viele Lehrer und auch Schüler darin eine moralische Verpflichtung sehen.

Gendern als Frage der Moral

Seit Jahren sind die Verfechter der Gendersprache sehr erfolgreich darin, die Verwendung einer „geschlechtergerechten“ Sprache als moralisch geboten darzustellen. Feministische Linguistinnen behaupten unverdrossen, das generische Maskulinum unserer Grammatik mache Frauen „unsichtbar“ (Beispiele: Lehrer, Schüler, Wissenschaftler). Deshalb sei es moralisch geboten, Frauen durch spezifische sprachliche Zeichen sichtbar zu machen. Schützenhilfe erhielten sie von dem Berliner Sprachwissenschaftler Anatol Stefanowitsch, der in seinem Buch „Eine Frage der Moral – Warum wir politisch korrekte Sprache benötigen“ (2018) schreibt: „Das ,generische Maskulinum‘ versteckt (…) Frauen systematisch und legt ihnen die zusätzliche Bürde auf, ständig darüber nachzudenken, ob sie in einem konkreten Fall mitgemeint sind oder nicht.“ Der Sprachforscher versteigt sich sogar zu einer Art kategorischem Imperativ, einer goldenen Gender-Regel: „Stelle andere sprachlich so nicht dar, wie du nicht wollen würdest, dass man dich an ihrer Stelle darstelle.“ Wer will sein Leben schon im sprachlichen Schatten fristen!

Sprachlich genauso sichtbar zu sein wie Männer ist ein starkes Argument, das vor allem bei meinungsstarken Schülerinnen verfängt. Ihnen gegenüber konnte ich nicht verdeutlichen, dass im generischen Maskulinum weder Frauen noch Männer im Sinne ihres realen Geschlechts gemeint sind, dass es deshalb gar nicht nötig sei, das weibliche Geschlecht in der Sprache „sichtbar“ zu machen. Die frappierende Antwort der Schülerinnen: Die gesellschaftliche Emanzipation der Frau sei wichtiger als grammatische Petitessen, die ohnehin nur wenige Eingeweihte verstünden. Sie hätten sich deshalb persönlich dafür entschieden zu gendern, wo immer es nur gehe.

Fragwürdiges Gendern in der Presse

In einer 11. Klasse eines Gymnasiums führte ich in einem Sprachkurs ein Zeitungsprojekt durch. Die Schüler untersuchten, inwieweit der deutsche Blätterwald die Gendersprache benutzt und welche Auswirkungen dies auf die Berichterstattung hat. Vorreiterin des Genderns war – wen wundert’s – die linke Tageszeitung (taz). Der Berliner Tagesspiegel folgte im Januar 2021. Inzwischen wird in verschiedenen Zeitungen fleißig mit Genderformen experimentiert. Die Frankfurter Rundschau entschied sich für den Gender-Doppelpunkt: Radfahrer:in. Die Zeit und der Spiegel versuchten sich, wie es in redaktionellen Verlautbarungen hieß, in „kreativen Lösungen“, die den Lesefluss nicht behindern und die Schönheit des Textes nicht beeinträchtigen.

Nicht alle Gender-Lösungen geben sich so moderat. Einige sind geradezu abstoßend. Mitunter wird die weibliche Form nämlich nur benutzt, wenn das Wort in der öffentlichen Wahrnehmung positiv konnotiert ist: Klimaaktivist*in, Virolog*in, Krankenpfleger*in. Bei Attentäter und Straftäter werden gerne weiterhin männliche Formen verwendet. Wer beim Gendern nach dem Gehalt der Substantive selektiert, führt die Intention der Gendersprache ad absurdum. Diese dient feministischen Linguistinnen ja gerade dazu, das (grammatisch korrekte) generische Maskulinum durch das (neu erfundene) generische Femininum zu ersetzen. Wenn man bei anstößigen Wörtern wie Kinderschänder oder Serientäter doch auf die maskuline Form zurückgreift, gibt man zu erkennen, dass es gar nicht um eine frauenfreundliche Grammatik geht, sondern um die Bewusstseinslenkung der Bevölkerung: Frauen sind die Guten, Männer die Bösen.

Die Irrtümer der Gendersprache

Als Germanist widerstrebt mir das Gendern unserer Sprache grundsätzlich. Diesem Konzept liegt der Irrtum zugrunde, in der Form der Substantive bilde sich das Geschlecht derer ab, die sie benennen. Simple Beispiele können dies widerlegen. Die Führungskraft ist grammatisch weiblich, und zwar auch dann, wenn es sich um einen Mann handelt. Die Leiter hat eine männliche Endung, aber einen weiblichen Artikel. Der Mond ist in Deutschland männlich, in Italien weiblich. Gibt es im Kosmos zwei Monde? Bei der Sonne ist es umgekehrt. Das generische Geschlecht geht eigene Wege, die mit dem realen Geschlecht (Sexus) nichts zu tun haben. Im Russischen heißt der Mann „muzhchina“, hat also eine weibliche Endung. Wie müsste hier gegendert werden?

Der Schriftsteller Eugen Ruge, der als DDR-Bürger die ideologischen Sprachregelungen der SED über sich ergehen lassen musste, hat in einem Zeit-Beitrag die Absurditäten der Gendersprache trefflich beschrieben: „Dass der Läufer grammatisch männlich ist, kommt nicht daher, dass Frauen im Patriarchat nicht laufen durften, sondern weil Substantive, die auf -er gebildet werden, fast immer männlich sind. Die Leiche ist nicht weiblich, weil nur Frauen sterben, sondern weil Substantive auf -e in der Regel weiblich sind.“ Ergo: Das biologische Geschlecht hat mit dem grammatischen Geschlecht nichts zu tun.

 

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Vollends absurd wird es, wenn Gattungsbezeichnungen durch das Partizip Präsens ersetzt werden. Ein Student ist jemand, der an der Hochschule eingeschrieben ist und einen akademischen Abschluss anstrebt. Ein Studierender ist jemand (Frau oder Mann), der gerade am Schreibtisch sitzt und einen biologischen Essay über das Verschwinden der Schmetterlinge schreibt. Wenn der Student mit seinen Kommilitonen in der Kneipe zecht, bleibt er ein Student. Ein Studierender ist er in der Kneipe hingegen nicht, es sei denn, er studierte die Speisekarte. Auf die Spitze des Unsinns trieb es die frühere grüne Umwelt- und Verkehrsministerin von Berlin, Regine Günther. Im Dezember 2020 meldete ihre Behörde, dass es im Jahr 2020 „insgesamt 17 tote Radfahrende“ gegeben habe. Man traut den Grünen ja einiges zu. Dass sie aber die Auferstehung von den Toten zustande bringen und tote Radfahrer wieder „fahrend“ machen, übersteigt dann doch alle Erwartungen.

Gendern ist sozial ungerecht

Die Propagandisten der Gendersprache ignorieren, dass der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) das Gendern ablehnt, weil es den Umgang sehbehinderter Menschen mit unserer Sprache erschwert. So müssen Sonderzeichen wie Sterne, Unterstriche und Doppelpunkte in der Brailleschrift als solche gekennzeichnet werden, was den Lesefluss erschwert. Ähnlich kritisch sehen es auch Sprachlehrer des Goethe-Instituts, deren Sprachunterricht für Menschen mit Migrationsgeschichte durch das Gendern komplizierter wird. Flüchtlinge haben es ohnehin schwer genug, die deutsche Sprache, die zu den schwierigsten europäischen Sprachen gehört, zu erlernen. Aber auch Deutsche, die in der Schule ihre Muttersprache nur schlecht gelernt haben und deshalb auf die „Leichte Sprache“ angewiesen sind, werden in ihrem Sprachgebrauch behindert. Von den sechs Millionen funktionalen Analphabeten in unserem Land, die alphabetisiert werden müssen, gar nicht zu reden.

Das Gendern ist ein elitäres Projekt, das Angehörige der intellektuellen Mittelschicht benutzen, ohne zu bedenken, dass es viele Menschen in unserem Lande gibt, denen schon der Umgang mit der Normalsprache schwerfällt. Der Germanist Fabian Payr schreibt dazu in seinem Bestseller „Von Menschen und Mensch*innen“ (2021): „Der elitäre Sprachumbau mit seinen Wurzeln im akademischen Milieu wird zu einem Integrationshindernis für Migranten. Auch Menschen aus bildungsfernen Milieus werden durch komplizierte Sprachkonstrukte aus dem öffentlichen Diskurs ausgeschlossen.“ Durch das Eliteprojekt der Gendersprache wird Kindern mit Deutsch als Zweitsprache der schulische und berufliche Aufstieg erschwert. Auch Legastheniker und Menschen mit geistigen Einschränkungen wird das Erlernen der Sprache schwer gemacht. In der Leserbriefspalte einer Zeitung fand sich die bestürzende Frage einer Grundschullehrerin: „Wurde Gender erfunden, um Kinder mit Lern- und Sprachschwächen zusätzlich zu deprimieren und sie auszusortieren?“

Vermintes Gelände: Flüchtlinge oder Geflüchtete

Während des großen Flüchtlingszuzugs der Jahre 2015/16 kam in Flüchtlingsinitiativen der Wunsch auf, das Wort Flüchtling zu vermeiden. Feministische Aktivistinnen störten sich daran, dass das Wort keine weibliche Form kennt. Andere monierten die Verniedlichung, die in der Endsilbe „…ling“ stecke. Auch die vermeintlich negative Konnotation von Flüchtling war einigen Initiativen ein Dorn im Auge. Sie dachten dabei an Wörter wie „Schädling“, „Eindringling“ und „Fiesling“. Diesen negativ besetzten Wörtern wollten sie den Flüchtling dann doch nicht beigesellen. Solche Verdammungsurteile verdanken sich einer selektiven Wahrnehmung unseres Wortschatzes. Man findet darin nämlich auch den Schmetterling, den Säugling und den Liebling. Das Wort Flüchtling befindet sich also in bester Gesellschaft.

Als der Sprachbann über das Wort Flüchtling gesprochen war, war ein passendes Substitut schnell gefunden: das Partizip Perfekt „Geflüchtete“. Es verbreitete sich wie ein Virus mit hoher Ansteckungsgefahr. Den Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk hat es längst erobert; den Aktivisten in der Helferszene geht es flüssig über die Lippen. Dass sich der Duden-Verlag, der sich neuerdings einer feministischen Sprachpolitik befleißigt, diesen Vorschlag zu eigen machte, wundert einen nicht. Unter dem einschlägigen Stichwort schreibt der Duden: „Geflüchtete“: „weibliche Person, die aus politischen, religiösen, wirtschaftlichen oder ethnischen Gründen aus ihrer Heimat geflohen ist“.

Mit den Flüchtlingen aus der Ukraine hat die weibliche Form tatsächlich ihre Berechtigung gefunden, sind sie doch zu 80 Prozent Frauen mit Kindern. Bei den Flüchtlingen aus Nahost, dem Maghreb und Afghanistan sind es zu 70 Prozent junge Männer, was der weiblichen Duden-Form eine gewisse Ironie verleiht. Die Verwirrung, die der Duden stiftet, entsteht nur, weil das Sprachwerk ignoriert, dass beim generischen Maskulinum das reale Geschlecht der Gemeinten gar keine Rolle spielt.

Verharmlosung eines existentiellen Schicksals

Die deutsche Sprache ist eindeutig, präzise und sie verzeiht keine Fehler. Die eifrigen Sprachreiniger bedenken nämlich nicht, dass die Bedeutung der Wörter Geflüchtete und Flüchtlinge grammatisch-semantisch keinesfalls identisch ist. Das Partizip Perfekt „geflüchtet“ verwendet man im Deutschen, um eine situativ bedingte, temporäre Ortsveränderung zu bezeichnen. Ein junges Mädchen kann also seiner Mutter erzählen: „In der Disco war es so heiß, dass ich schon nach einer Stunde ins Freie geflüchtet bin.“ Damit ist sie eine Geflüchtete, aber kein Flüchtling. Ein Junge kann seinem Klassenlehrer berichten: „Tut mir leid, dass ich die Hausaufgaben nicht gemacht habe. Aber ich habe zurzeit Liebeskummer und bin deshalb das ganze Wochenende in eine Traumwelt geflüchtet.“ Auch in eine virtuelle Welt kann man flüchten und wird auch hier zum Geflüchteten – nicht aber zum Flüchtling. Nach der Krawallnacht an Silvester 2022 war im Berliner Tagesspiegel zu lesen, die Mieter einer Wohnanlage in Neukölln seien, als ein Reisebus vor ihrem Haus in Brand geriet, vorsorglich aus ihren Wohnungen geflüchtet. Kein vernünftiger Mensch würde behaupten, sie seien nun Flüchtlinge.

Ein Flüchtling ist ein Mensch – Mann, Frau oder Kind –, der durch Krieg, Verfolgung, Hunger, Naturkatastrophen oder Epidemien gezwungen ist, seine Heimat dauerhaft zu verlassen. Der existentielle Zwang und die oft lebenslange Vertreibung aus der Heimat fehlen bei den „Geflüchteten“ vollständig. Die politisch korrekte Sprachreinigung beim Wort Flüchtling ist ein schönes Beispiel dafür, wie eine gute Absicht mitunter das genaue Gegenteil bewirkt: Die Vokabel „Geflüchtete“ führt zu einer Verharmlosung und Banalisierung eines Tatbestandes, der für die betroffenen Menschen so schrecklich ist, dass sich eine Verniedlichung verbietet. Kein vernünftiger und human denkender Mensch würde bei den Juden, die vor dem Holocaust aus Deutschland geflohen sind, von „Geflüchteten“ sprechen. Und wenn er es täte, würde er sich aus dem seriösen Diskurs verabschieden.

Professionelle Verbände bevorzugen den Begriff Flüchtling

Vor kurzem hat das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR klargestellt, dass es „das Wort Geflüchtete als abwertend“ betrachte und nicht benutzen wolle. Ein Flüchtling hingegen genieße laut Genfer Flüchtlingskonvention Schutz vor Verfolgung. Die UNHCR hält den Begriff „Geflüchtete“ für banal, weil „wir doch alle schon einmal vor irgendwas geflüchtet sind“. Der Gebrauch dieses Begriffes rücke die Elendsflüchtlinge zudem in zynischer Weise in die Nähe von Straftätern, die vor der Polizei „geflüchtet“ sind. Die Organisation „Pro Asyl“ sprach sich bereits 2016 für den Begriff „Flüchtling“ aus, weil er die durch internationale Vereinbarungen gewährleisteten Rechte besser garantiere als das banale Wort „Geflüchtete“. Diejenigen, denen das Schicksal der Flüchtlinge aus den Kriegs- und Hungergebieten dieser Welt am Herzen liegt, sollten zum treffenden Wort Flüchtling zurückkehren. Und all denen, die unsere Sprache für eine vermeintlich gute Sache verbiegen, sei das Wort von Kurt Tucholsky ans Herz gelegt: „Das Gegenteil von gut ist nicht böse, sondern gut gemeint.“

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