„Wirtschaftswunder“ und „strikt gegen Inflation“ - Kanzler der unhaltbaren Versprechen

Erst versprach Olaf Scholz ein neues Wirtschaftswunder, nun verspricht er auch noch, die Inflation unter Kontrolle zu bringen. Dabei kann er dagegen wenig tun. Allenfalls könnten er und seine Minister dafür etwas lassen. Das fällt ihnen erfahrungsgemäß sehr schwer.

Bundeskanzler Olaf Scholz / dpa
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Ferdinand Knauß ist Cicero-Redakteur. Sein Buch „Merkel am Ende. Warum die Methode Angela Merkels nicht mehr in unsere Zeit passt“ ist 2018 im FinanzBuch Verlag erschienen.

 

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Die Erwartung eines neuen „Wirtschaftswunders“ durch die grüne „Transformation“, die Bundeskanzler Olaf Scholz im Frühjahr mehrfach äußerte, könnte schon bald eine ähnliche Wirkung entfalten wie Helmut Kohls Versprechen „blühender Landschaften“ an die Bürger der neuen Länder. Kohl hatte es allerdings seinerzeit mit einer ausgesprochen regierungskritischen Presse zu tun, die ihm jedes fragwürdige Wort immer wieder vorhielt und dadurch seine Glaubwürdigkeit bei den Bürgern untergrub. Da haben Scholz und Co. weniger zu befürchten. Die ökonomischen Fakten alleine aber dürften schon ihre Wirkung entfalten.

Dass ein solches Wirtschaftswunder angesichts der enormen Belastungen für energieintensive Betriebe und Privathaushalte nicht zu erwarten ist, legt eigentlich schon der gesunde Menschenverstand nahe. Wer an diesem zweifelt, kann sich die enttäuschende Erkenntnis aber auch von Ökonomen und Fachverbänden holen. In der deutschen Industrie herrscht, wie die FAZ zusammenfasst, „alles – nur keine Goldgräberstimmung“. Das Statistische Bundesamt hat mittlerweile auch bestätigt: zwei Quartale eines sinkenden Bruttoinlandsproduktes hintereinander – das nennt man Rezession.  

Auf solche Daten angesprochen, reagieren Regierungspolitiker gern mit dem Verweis auf die üble Weltlage und Faktoren, auf die sie keinen Einfluss haben. Russlands Krieg, Weltkonjunktur und ähnliches. In Scholzens Worten: „Es kommt eben gerade ganz viel zusammen.“ Allerdings tut es das auch für andere, vergleichbare Länder. Nun meldet aber gerade die Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) eine Erholung der Weltwirtschaft – nur nicht in Deutschland. Könnte also vielleicht doch etwas mit der desaströsen Politik der Bundesregierung zu tun haben. Selbst dem sanktionsbeschwerten Russland geht es kaum schlechter als Deutschland.

Die OECD-Aussichten für Deutschland: Stagnation bei anhaltend hoher Inflation. Aus der Ökonomen- in die Alltagssprache übersetzt: Verarmung.

 

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Damit wären wir beim zweiten ökonomischen Versprechen, das Scholz nun gibt. Zuletzt etwa bei seinem Auftritt bei RTL. Die Inflation sei eine „ganz große Herausforderung“, deswegen werde man „strikt dagegen vorgehen“, sagte er. Das dürfe „nicht außer Kontrolle geraten ... Aber wir haben den Eindruck, dass wir das auch schaffen werden.“  

Die uralte Tugend des Maßhaltens wäre angesagt

Er blieb den Zuschauern eine Erklärung schuldig, wie „wir“ das schaffen wollen und worauf sein Eindruck beruhe. Denn letztlich kann er nur wenig dagegen tun. (Auf die Leitzinsen, die wichtigste Stellschraube der Inflationsbekämpfung, hat die Bundesregierung schließlich keinen, zumindest keinen unmittelbaren Einfluss.) Es ginge auch gar nicht ums Tun, sondern eher ums Gegenteil. Er und seine Minister sollten einfach vieles lassen: vor allem alles, was viel Geld der Steuerzahler beziehungsweise der Staatsschuldner kostet. Die uralte Tugend des Maßhaltens ist fast das einzige Mittel von Politikern gegen Inflation. Seit Ludwig Erhard hat das kaum ein deutscher Regierungschef mehr ernsthaft versucht.

Diese einfache Botschaft hatte auch die neue Chef-Ökonomin der OECD, Clare Lombardelli, bei der Vorstellung der oben genannten Prognose den Regierungen mitzuteilen: „Wir wollen nicht, dass die Verschuldung immer weiter ansteigt. Das macht die Länder weniger widerstandsfähig.“

Das Nichtstun, jedenfalls das kostenneutrale, aber fällt Regierungspolitikern meist ungemein schwer, wie die Verweigerungshaltung der Bundesministerien angesichts der Einsparungswünsche des Finanzministers wieder belegen.

Scholz hat nun die Aufgabe selbst übernommen. Er hat also jetzt Gelegenheit zu zeigen, ob es ihm ernst ist mit dem „strikt dagegen vorgehen“. Die Aussicht aber, dass nun ausgerechnet die Ampel mit ihrer erwiesenen Lust am Ausbau des Staatsapparates als Regierung des Maßhaltens und der Inflationsbekämpfung in die Geschichte eingehen wird, ist höchst unwahrscheinlich. Wahrscheinlicher ist, dass Scholz seinem ersten unhaltbaren Versprechen eines Wirtschaftswunders nur ein zweites der Inflationsdämpfung hinzufügte.

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