Wärmewende - Für die Herrschaften zu teuer

Gesundheitsminister Karl Lauterbach fordert für Krankenhäuser Ausnahmen vom Heizungsgesetz - und bestätigt damit, wie ruinös und existenzgefährdend dieses Gesetz ist. Für Normalbürger soll es natürlich trotzdem gelten. Eine Verhöhnung des Wählers.

Wärmepumpe? Not in my backyard! Gesundheitsminister Karl Lauterbach / dpa
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Manchmal hat sogar Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach einen hellen Moment. Er erkennt nämlich völlig korrekt, dass das von Robert Habeck geplante und vom Bundeskabinett gebilligte Verbot des Neueinbaus von Öl- und Gasheizungen ruinös und existenzgefährdend ist. Er fordert nun allerdings nicht etwa einen Stopp des Gebäudeenergiegesetzes (GEG), sondern lediglich Ausnahmeregelungen für Krankenhäuser, Pflege- und Reha-Einrichtungen. Der Bild am Sonntag vertraute Lauterbach an: „Wir werden nicht zulassen, dass steigende Energie- und Heizkosten Krankenhäuser in ihrer Existenz gefährden.“ Wenn es nach ihm ginge, sollten Kliniken daher auch nach Inkrafttreten des GEG neue Gasheizungen einbauen dürfen, wenn die Investition in Wärmepumpen eine „unverhältnismäßige Belastung“ darstellen und die Aufrechterhaltung des Betriebs gefährdet wird. Außerdem will der Minister den Einrichtungen zusätzliche 2,5 Milliarden Euro zur Verfügung stellen – als Ausgleich für gestiegene indirekte Energiekosten, etwa für Wäschereien.

Über eine solche „Ausnahme“ würde sich auch so mancher private Hausbesitzer freuen, der ebenfalls durch den Einbau einer Wärmepumpe einer „unverhältnismäßigen Belastung“ ausgesetzt und in seiner „Existenz gefährdet“ wäre und der ebenfalls „gestiegene indirekte Energiekosten“ zu tragen hat. Nur wären das dann in der Summe so viele Ausnahmen, dass damit das gesamte Gesetz ad absurdum geführt würde, da diese Situation auf so gut wie alle Hausbesitzer zutreffen dürfte.

Wohlgemerkt: Die Pflicht zum Umrüsten auf neue Heizungsanlagen wie etwa Wärmepumpen wird damit begründet, dass sie mit sogenannten „erneuerbaren Energien“ betrieben werden könnten. Könnten. De facto würden sie nämlich mit Strom aus Kohlekraftwerken befeuert, da die letzten Kernkraftwerke in Deutschland soeben abgeschaltet wurden. Die Belastung der Bürger durch das GEG bis hin zum finanziellen Ruin würde also noch nicht einmal dem proklamierten Ziel, den Ausstoß von CO2 in die Erdatmosphäre zu verringern, auch nur einen Schritt näherkommen.

Enteignung, die nicht so genannt wird

Diese Politik, alles, aber auch wirklich alles dem luftigen Ideal der „Klimaneutralität“ unterzuordnen, ist schon irrsinnig genug. Dann aber auch noch einen gangbaren Weg dorthin zu versperren, den zudem die meisten unserer europäischen Nachbarn gehen, nämlich an der Kernenergie festzuhalten oder sie am besten noch auszubauen, um gleichzeitig das „Klimaziel“ auf dem Umweg über die Belastung der Bürger doch noch erreichen zu wollen – mit allen Konsequenzen wie Freiheits-, Wohlstands- und Autonomieverlust –, das kann selbst dem Wohlmeinendsten nur noch als Verhöhnung des Souveräns erscheinen, dessen Wählerstimmen die für die „Wärmewende“ Verantwortlichen an die Macht gebracht haben und der mit seiner Arbeit und seinen Steuern den Laden am Laufen hält, der aber anscheinend gerade vor der Abwicklung steht.

 

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Um auf den Hohn noch den Spott draufzusetzen, wurden weitere Ausnahmen vom Zwang zum Umrüsten auf teure neue Heizanlagen gleich in das neue GEG hineingeschrieben. So heißt es in § 55:

„Die Pflicht nach § 52 Absatz 1 besteht ferner nicht bei einem Gebäude im Eigentum einer Gemeinde oder eines Gemeindeverbandes, wenn (…) die Gemeinde oder der Gemeindeverband zum Zeitpunkt des Beginns der grundlegenden Renovierung überschuldet ist oder durch die Erfüllung der Pflicht nach § 52 Absatz 1 und die Durchführung von Ersatzmaßnahmen nach § 53 überschuldet würde …“

Auch dies ist ein schwacher Trost für jemanden, der gehofft hatte, seinen Lebensabend unabhängig von Vermietern und von staatlichen Zuwendungen in den eigenen vier Wänden verbringen zu können. Mit der unvermeidlichen Überschuldung beim Einbau einer neuen Heizungsanlage konfrontiert, bleibt ihm nur der Verkauf der Immobilie, in die er jahrelang investiert hatte, und der Umzug in eine Mietwohnung, die er sich, bei den unter anderem aufgrund der „Wärmewende“ horrend steigenden Mietkosten, nur mithilfe staatlicher Mietkostenzuschüsse wird leisten können. Das ist letztlich nichts anderes als Enteignung, welchen besser klingenden Namen man der Sache auch immer geben will.

Der Schornsteinfeger soll das Alter kontrollieren

Dabei hat der Hausbesitzer das Pech, dass seine bloße private Existenz nicht der Landesverteidigung dient, denn sonst gälte für ihn eine weitere Ausnahme gemäß § 55 GEG:

„Die Pflicht nach § 52 Absatz 1 besteht nicht für ein Gebäude, das der Landesverteidigung dient, soweit ihre Erfüllung der Art und dem Hauptzweck der Landesverteidigung entgegensteht.“

Eine Politik nach Gutsherrenart: Ausnahmen für Einrichtungen des Bundes und der Gemeinden, mögliche Ausnahmen auf Wunsch einzelner Bundesminister, deren Ressort betreffend, auf dass sich die verheerenden Auswirkungen des geplanten Gesetzes dort nicht allzu drastisch zeigen mögen, während die Hoi polloi mit Bußgeldern belegt werden, sollten sie ihre „veraltete“ Heizungsanlage nicht rechtzeitig ausgetauscht haben. Kontrollieren soll das der Schornsteinfeger. Doch halt, eine Ausnahme gibt es: Über 80-jährige Hausbesitzer sollen auch weiterhin neue Öl- und Gasheizungen einbauen dürfen. Das Alter muss dann in Zukunft wohl auch der Schornsteinfeger kontrollieren, der sich über diesen Zuwachs an Verantwortung sicher freuen wird.

Eine Erklärung dafür, warum die Leute das alles, wenn auch grummelnd, erdulden, während etwa die Franzosen schon wegen der Erhöhung des Renteneintrittsalters von 62 auf 64 Jahre in Massen auf die Straße gehen, lässt sich wohl nur durch einen tiefen Blick in die Abgründe der deutschen Seele finden. Da das bloße Erdulden allerdings auf Dauer doch aufs Gemüt schlägt, wird man sich darauf verlassen können, dass das Dulden bald in begeistertes Mitmachen übersteigert werden wird, wie man es ja auch schon während der Corona-Maßnahmen beobachten konnte. Demnächst werden also bei der zuständigen Meldestelle Anrufe wie dieser eingehen: „Mein Nachbar ist 79 und hat immer noch keine Wärmepumpe. Schauen Sie da doch mal nach.“

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