Selbstbestimmungsgesetz - Der Feind meines Feindes ist nicht zwangsläufig mein Freund

Sind konservative Muslime Verbündete im Protest gegen das Selbstbestimmungsgesetz? Eine Erwiderung auf die Initiative des LGB-Aktivisten Ali Utlu, türkischsprachige Muslime gegen dieses Gesetz zu mobilisieren.

Sie halten bestimmt nichts vom Selbstbestimmungsgesetz: Besucherinnen der Moschee Köln-Ehrenfeld / dpa
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Autoreninfo

Moritz Pieczewski-Freimuth ist Erziehungs- wissenschaftler (M.A.) und Sozialarbeiter (B.A.) in Köln. Zur Zeit ist er als Pädagoge für Gewaltschutz im Migrationsbereich tätig. Außerdem engagiert er sich in gesellschaftlichen Debatten rund um die Themen Antisemitismus, politischer Islam, patriarchale Strukturen und Migration. 

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Am 23. August 2023 beschloss das Bundeskabinett die Ablösung des Transsexuellengesetzes durch die Verabschiedung des Entwurfs zum sogenannten Selbstbestimmungsgesetz (auch „Self-ID“ genannt). Namhafte Feministinnen, organisierte Homo- und Bisexuelle, Kinder- und Jugendpsychologen, Konservative und Liberale sehen darin eine Gefahr: Der Gesetzentwurf würde der Aushöhlung von Frauenschutzräumen, einer Totalität von Befindlichkeiten, irreversiblen Geschlechtsangleichungen und dem Entzug von elterlichen Erziehungsrechten Tür und Tor öffnen.

Um auch den türkisch-muslimischen Bevölkerungsteil aufzuklären und kritische Stimmen unter ihnen zu wecken, plant der ex-muslimische Blogger Ali Utlu aus Köln eine Flyer-Kampagne, wie er vor einigen Tagen im Interview mit Cicero erzählte. In simpler türkischer Alltagssprache sollen der Gesetzentwurf und seine Folgen analog sowie digital türkischsprachigen Mitbürgern zugänglich gemacht werden. Als Ort für die Verteilung favorisiert Utlu türkische Cafés, Moscheen und Islamvereine, darunter auch die Ditib-Zentralmoschee in Köln-Ehrenfeld

Die tabulose Aufklärung türkischsprachiger Muslime in Deutschland ist ein nobles Ziel. Die Agenda von konservativen Muslimen gegen das Selbstbestimmungsgesetz könnte jedoch den liberalen und bürgerlichen Gegnern des Gesetzesvorhabens mehr Schaden als Nutzen zufügen. Denn radikale Transaktivisten und Islamisten verfügen über mehr Gemeinsamkeiten, als ihnen vermutlich lieb ist.  

Gute Gründe gegen den Gesetzentwurf 

Ein Grundsatz zur Causa Transsexualität muss ausdrücklich vorangestellt werden. Wer den Gesetzentwurf ablehnt, leugnet damit weder die Geschlechtsdysphorie als leidbringende Störung noch die Transition inklusive psychologischer Begleitung als potenziell wirksame Therapie, um Betroffenen zu helfen. Die Mehrheit der „Self-ID“-Kritiker spricht sich für eine längst überfällige Reform des Transsexuellengesetzes aus und lehnt einen entwürdigenden Umgang von transidenten Personen in Medizin und Gesellschaft ausdrücklich ab. Ihr Einspruch adressiert die aktivistische Transbewegung und keine Einzelfälle. 

Frauenrechtlerinnen beklagen, dass mit dem Selbstbestimmungsgesetz eine Rückkehr zu traditionellen Geschlechterrollen einhergehe. Durch das Eindringen biologischer Männer in Frauenräume (wie Umkleiden, WCs oder Schönheitssalons) drohe ein Anstieg misogyner Gewalt. Interessenvertretungen von Schwulen-, Lesben- und Bisexuellen, z.B. die LGB-Alliance, prangern an, gender-nonkonforme Personen, z.B. lesbisch-burschikose Frauen, bekämen durch den Transhype eingeredet, sie seien im falschen Körper und müssten sich einer Transition unterziehen, um ihre „Identität“ frei ausleben zu können. Die LGB-Bewegung sieht hierin eine neue, progressiv verkleidete Form der homophoben Konversionstherapie. Kinder- und Jugendpsychotherapeuten erkennen im Transaktivismus ein Modephänomen, das Jugendlichen vor allem in adoleszenten sexuellen Selbstfindungskrisen eine einfache, zugleich rebellische Identität liefert, die mit irreparablen körperlichen Veränderungen einhergehen kann.

Konservative bewerten die „Self-ID“ als Angriff auf die biologische Zweigeschlechtlichkeit und die bürgerliche Kleinfamilie. Schnittmengen zwischen bürgerlichen und liberalen Kritikern des Gesetzesentwurfes bestehen darin, dass mit dem Selbstbestimmungsparadigma eine Verabsolutierung von Gefühlen einhergehe, an die sich die Gesellschaft anzupassen habe, und biologische Fakten keine Rolle mehr spielen. 

Diesen Gegnern des Selbstbestimmungsplans geht es um den Erhalt aufklärerischer Errungenschaften sowie um die Abwehr eines neuen Totalitarismus. Wie reihen sich konservative Muslime dort ein? Welche Bündnisse bestehen bereits, und wo würde eine Zusammenarbeit der „Self-ID“-Gegner mit dem politischen Islam der Sache schaden? 

Die neuen Rechten und der Islam 

Bezogen auf Genderfragen ist das Liebäugeln von Rechtsradikalen mit Islamisten kein neues Phänomen. Deutsche Rechtsextremisten, z.B. von der Identitären Bewegung, agitieren gegen die „Self-ID“, weil sie darin eine Bedrohung traditioneller Geschlechterrollen und einen Sittenverfall der Gesellschaft wittern. Hier finden die neuen Rechten einen gemeinsamen Nenner mit dem Islam. Exemplarisch dafür steht die Buchveröffentlichung „Feindbild Islam als Sackgasse“ (2023) von Frederic Höfer im Kleinverlag „Jungeuropa“. Die Feindesliste, nach der Rechtsradikale und Muslime zusammenhalten müssten, identifiziert Höfer im „Feminismus“, „Progressismus“, in der Einschränkung elterlicher Gewalt, in „Nationalmasochismus“ und „LGTBQ-Kult“. Zusätzlich täte Deutschland ein Bedeutungszuwachs von Religion als Antithese zum „Hedonismus“ gut, um „das Vaterland“ vor dem Absturz in die „Dekadenz“ zu retten. 

Als islamistisches Äquivalent zu Höfer kann der muslimische Influencer und prominente Männerrechts-Aktivist Andrew Tate bezeichnet werden. Tate ist außerordentlich beliebt bei jungen, muslimischen Männern, aber ebenso angesagt unter sogenannten „Incels“, einer maskulinistischen Bewegung, die dem Feminismus die Schuld an der sexuellen Frustration von Männern gibt. Kennzeichnend für Tate sind seine eindringlichen Videobotschaften gegen Frauenemanzipation, LGBTQ und „verweichlichte“ Männer. Er bezichtigt liberale Männer, wie in seinem Beispiel Will Smith, ihr eigenes Grab zu schaufeln, und bejubelt den islamischen Frauenhass als Renaissance für eine neue Männlichkeit

„Stellt euch vor, ihr lebt in der muslimischen Welt: Ihr habt eine Frau, sie kocht, sie putzt, sie betrügt euch nicht, weil sie sonst gesteinigt wird. Und dann guckt ihr westliche Medien und seht, dass selbst Will Smiths Frau ihn betrügt. Würdet ihr Frauen eigene Entscheidungen treffen lassen? Oder würdet ihr sagen: Bitch, zieh die Burka an und halt die Klappe?“  

Konservatismus und rechte Positionen sind demokratisch legitimiert und haben ihren berechtigten Platz in Debatten. Islamisten und Neurechte vertreten allerdings keinen Konservatismus im bürgerlich-republikanischen Sinne, sondern berufen sich auf voraufklärerische Traditionen mit Sympathien für Blutsbande, „Ehre und Schande“ statt Rechtssubjekt, Verfassung und Nation. Dieser Unterschied darf bei der Wahl seiner Bündnispartner nicht vernachlässigt werden. 

Angstpädagogik gegen Frühsexualisierung 

Ein bei religiösen Fundamentalisten beliebtes Argument lautet, der Transkult leiste einer Frühsexualisierung von Kindern Vorschub. Weit hergeholt scheint dies nicht, denn hierzu gibt es eindrückliche Beispiele, wie auch Ali Utlu in seinem Interview bei Tichys Einblick darlegt:  

„Wenn es Schulbücher gibt, in denen von Analsex gesprochen wird, bei Sieben- oder Achtjährigen, dass Schulklassen irgendwelche Drag-Queen-Veranstaltungen besuchen, wo Drag-Queens sexuelle Handlungen andeuten. (…) Das sind jetzt noch Beispiele aus den USA, aber auch in München gab es ja schon die Lesung einer Drag-Queen namens „Big Clit“.“ 

Zum Begriff Frühsexualisierung sollte gesagt werden: Es benötigt keine „Drag-Queens“, um Kinder „früh“ zu „sexualisieren“. Die Banalität kindlicher Sexualität entdeckte die Psychoanalyse nach Sigmund Freud.  Das Nuckeln am Daumen, die Liebe zur eigenen Cousine in Kindheitsjahren oder Doktorspiele mit Freunden legen Zeugnis über die infantile Sexualität ab. Frühkindliche Sexualität ist etwas Natürliches, das nicht skandalisiert werden muss. Problematisch wird es dort, wo Externe versuchen, Kindern genitale Sexualität beizubringen, obwohl diese psychosexuelle Entwicklungsstufe erst in der Adoleszenz autark einsetzt. 

Muslimische Eltern werden zunehmend Angstpädagogik ausüben

Dennoch: Sind es nicht gerade religiöse Fundamentalisten im Allgemeinen und konservative Muslime im Besonderen, die Kinder hypersexualisieren? Zu denken ist hier an Missbrauchsskandale in der katholischen Kirche und „Knabenliebe“ (Päderastie) im Priesteramt. Phänomene, die im islamischen Kulturkreis keine Seltenheit darstellen, das „Bacha Bazi“-Ritual afghanisch-islamischer Stämme zur sexuellen Ausbeutung von Jungen, die gleichgeschlechtliche Penetration von Jungen durch Jungen als Akt der Machtausübung, die Genitalverstümmelung als eine „harmful traditional practice“ zur Auslöschung weiblicher Sexualität (nicht selten kurz nach der Geburt), die Beschneidung von Jungen, das Kinderkopftuch, die Frühehe oder autoritär-patriarchale Erziehungsmethoden, die Mädchen einhämmern, dass ihr Geschlechtsmerkmal „Quell der Sünde“ ist.

Bei all den Ritualen haben wir es mit Symptomen einer Übersexualisierung bei gleichzeitiger Desexualisierung in der muslimischen Sexualmoral zu tun. Sie verfolgen das Ziel einer sexuellen Tabuisierung durch Unterdrückung, um „bloß nicht auf falsche Gedanken zu kommen“, und erreichen dabei das blanke Gegenteil: eine permanente Sexualisierung der Kindesentwicklung. 

 

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Die Frage ist also, wozu die Warnung vor Frühsexualisierung durch das Selbstbestimmungsgesetz bei konservativen Muslimen führt. Wie Utlu anmerkt, haben ihm türkische Bekannte mitgeteilt, nach Erlass des Gesetzes unmittelbar auswandern zu wollen. Neben dieser drastischen Reaktion ist mit einer verstärkten Abschottung muslimischer Kinder gegen den Sexualkundeunterricht und einer Absenz bei Klassenausflügen zu Projekttagen, erzwungen durch ihre Eltern, zu rechnen. Konservative Eltern werden zunehmend eine Angstpädagogik ausüben, die ihre Kinder auf noch größere Distanz zur deutschen Gesellschaft einschwört. Die Furcht vor dem Selbstbestimmungsgesetz trifft in diesen Kreisen auf ein sexualfeindliches Ressentiment, das panikartig die geistigen und physischen Parallelgesellschaften verstärken wird. 

Starre Rollenbilder sind keine Lösung 

Lesbische, schwule und bisexuelle Gegner des Gesetzentwurfs betonen, keine Überschneidungen mit der Transszene zu haben, da diese gegen das Interesse homosexueller Präferenzen agiert: Sexuelles Begehren ist keine bloße Identität, gleichgeschlechtliche Liebe funktioniert nur im biologisch-binären Geschlechtersystem, und die Transition ist eine folgenschwere, eindimensionale Antwort, um dem „Gender-Trouble“ der gewöhnlichen Homo- und Bisexuellen zu entkommen. Die Differenzen zwischen L(esbians), G(ays), B(isexuals) und T(rans) sowie Q(ueers) führten mittlerweile zu einer ausgeprägten Spaltung der Bewegung. In den Augen der Trans- und Queer-Community gilt die LGB-Alliance als Ansammlung „alter weißer Männer“ und „privilegierter rechter Homos“. 

In den Narrativen von konservativen Muslimen kommt diese Spaltung schlicht nicht vor. Traditionelle Muslime zwangskollektivieren Lesben, Schwule und Bisexuelle unter ein und derselben Flagge des Regenbogens, wo auch Transsexuelle und queere Aktivisten eingeordnet werden. Die Regenbogenfahne ist für fundamentalistische Muslime eine Projektionsfläche verschiedener Ängste, etwa vor einer „Verschwulung“, „Feminisierung“ und „moralisch verkommenen“ Generation. Im Islam ist Homosexualität eine Sünde, die in den Herkunftsgesellschaften mit Folter, Gefängnis- oder der Todesstrafe verfolgt wird. Homosexualität wird als gemeinschaftsschädigend, unmännlich, pervers und nicht der Reproduktion der muslimischen Umma förderlich verachtet. Sie gilt als Teufelswerk oder ansteckende Krankheit. Sachliche Kritik sowie Differenzierung zwischen Transidentität und Homosexualität finden im Alltagsislam nicht statt, was folgende Beispiele zeigen. 

Am 2. September 2023 jährt sich der Todestag des Transmannes Malte C., der auf dem Christopher Street Day in Münster 2022 lesbische Frauen schützen wollte und dabei von einem tschetschenischen Muslim ermordet wurde. In Berlin berichtet die Gruppe „Ehrlos statt wehrlos“ über einen spürbaren Anstieg von transfeindlichen, homophoben und antisemitischen Gewalttaten durch muslimische Jugendbanden. Aktuell äußern die Betreiber einer LGBTQ-Bar in Berlin Sicherheitsbedenken über die Eröffnung einer Flüchtlingsunterkunft in unmittelbarer Nachbarschaft zum Club. Konservative Muslime führen keine Debatte, sondern schüren Hass, der sich in skrupellosen Gewalttaten artikulieren kann. Ob Schwule, Transsexuelle oder Juden – diese Feindbilder gelten als Laster „westlicher Verführungen", gegen deren Verschwörung Muslime sich zu „verteidigen“ haben. 

Konservative Muslime sind keine TERFs

In ähnlicher Distanz wie die LGB-Alliance zum Transkult stehen klassische Frauenrechtlerinnen (sogenannte TERFs – Trans-Exclusionary Radical Feminist) zum transaktivistischen Queerfeminismus. Feministinnen der zweiten Welle wie die Harry Potter Autorin J.K. Rowling oder die Islamkritikerin Ayaan Hirsi Ali kritisieren die Transideologie als postmoderne Form des Verschwindens der Frau. Dies geschieht etwa, indem man ihnen ihre Schutzräume (Toiletten, Frauengefängnisse oder Frauenhäuser) nimmt, sie zu „Cis-Frauen“, „Breastfeeders“ oder „Bonuslöchern“ degradiert und jedem biologischen Mann per Sprechakt die Option einräumt, sich als Frau zu identifizieren. Die spezifisch weibliche Erfahrung des Frauseins und die Unterdrückung der Frau – nicht trotz, sondern wegen ihres biologischen Geschlechts (z.B. durch Leihmutterschaft oder den „Gender Pay Gap“) – wird somit liquidiert. 

Einstige Errungenschaften der Frauenrechtsbewegung unterminiert der Transaktivismus: Während es erklärte Sache des Feminismus war, Mädchen (ob „Barbie-Girl“ oder Fußballerin) in der Selbstentfaltung als junge Frau zu fördern, schlägt der Transaktivismus ins Gegenteil um. Transfrauen (zu Frauen transistierte Männer) stellen in vielen Fällen eine reaktionäre, entwürdigende Karikatur von Frauen dar. Die Frauenrolle des Transaktivismus tritt als kitschig, affektiert, klischeehaft und hochemotionalisiert auf. Wo einst die Erkenntnis „biologisches Geschlecht (sex) ungleich soziales Geschlecht (gender)“ galt, kehrt mit der „Self-ID“ die volle Identität zurück: „Wie man sich fühlt, so muss man sein; wie man ist, so muss man sich fühlen“ (Magnus Klaue).

Wären Selbstentfaltung, Gleichberechtigung und Schutz vor patriarchalen Machtansprüchen Forderungen, mit denen Feministinnen bei konservativen Muslimen Zuspruch erlangen würden? Wohl kaum. Um die Beantwortung der Frage „What is a woman?“ müssen sich Alice Schwarzer und Marie Luise Vollbrecht mit Muslimen zumindest nicht streiten. Diese Frage weiß die muslimische Gemeinschaft eindeutig zu beantworten. Weil die Geschlechterapartheit ein zentrales Merkmal der islamischen Sexualmoral darstellt, ist Geschlechterfluidität hier ein No-Go. Die Bevorzugung von Söhnen, der Kult ums unberührte Jungfernhäutchen bis zur Hochzeitsnacht, getrennte Bereiche in der Moschee, das Kopftuch für Frauen, die familiäre Wertevermittlung nach innen durch die Mutter und die Repräsentation nach außen durch den Vater: All diese Verhaltensnormen seien stichpunktartig angemerkt, um die patriarchale Ungleichbehandlung der Geschlechter in muslimischen Communitys zu verdeutlichen. Kurz gesagt: Fundamentalistische Muslime wissen, was Frauen sind, weil sie diese in ihrer Sexualität kontrollieren und unterdrücken.  

Brothers* and sisters* in crime 

Transaktivismus und Islam teilen eine außerordentlich heteronormative, homophobe und binäre Geschlechtermatrix. Beiden Bewegungen liegt ein reaktionäres Frauenbild mit fixen Vorstellungen von Weiblichkeit und typisch „weiblichem“ Habitus zugrunde. Der Trans-Trend führt durch sprachliche Erniedrigungen und mit einer von 80% empirisch signifikant höheren „Verwandlung“ von Mädchen in Jungen zur Auslöschung von Frauen. Hierfür wendet der politische Islam Instrumente wie die Burka oder die systematischen Privilegierungen von Männern im öffentlichen Raum an. Homosexuellen rät etwa die Islamische Republik Iran, eine Geschlechtsumwandlung durchzuführen, um die binäre Heterosexualität wiederherzustellen und der Hinrichtung zu entkommen. Im Westen transistieren homosexuelle Jungs und Mädchen, um geschlechtlichen Identitätskrisen zu entgehen. 

Die liberale Gesellschaft hat es bei Transaktivisten und Akteuren des politischen Islam mit totalitären Ideologien zu tun. Beide Bewegungen nötigen die Zivilgesellschaft, den Befindlichkeiten ihrer „betroffenen“ Mitglieder autoritär Folge zu leisten. Durch den Minderheitenstatus sowie gefühlte und echte Diskriminierung genießen beide Communitys eine Opferrolle, die geschickt genutzt wird, um politische Sonderrechte mit besonderer Wehleidigkeit einzufordern. 

Liberale, Konservative sowie Bürgerrechtsbewegungen von Frauen, Schwulen und Lesben haben ausreichend gute Gründe gegen das Selbstbestimmungsgesetz auf ihrer Seite. Für ihren Protest benötigen sie weder den Antimodernismus der Neuen Rechten noch die reaktionäre Sexualmoral des konservativen Islam. Tabufreie, volle Aufklärung, ohne Angst vor der ganzen Wahrheit ist eine ehrwürdige Aufgabe und sollte allen zuteilwerden. Zusätzlich sollte Aufklärung im Sinne der dezidiert bürgerlichen Aufklärung stattfinden und somit humanistische Ideale verfolgen. Dies bedeutet, Menschen zur sexuellen Mündigkeit, individuellen Urteilsfähigkeit und Eigenverantwortung zu bestärken. Angstpolitik und Panikmache sind das Gegenteil davon. Konsequenterweise müsste Ali Utlu dem Flyer folgenden Passus hinzufügen: „Schließt weder Kinder noch Frauen ein, sondern ermutigt sie, sich mit ihrem Geschlecht selbstbewusst zu entwickeln. Mädchen bleiben Mädchen, auch wenn sie Skateboard fahren, zum Thaiboxen gehen oder Frauen lieben. Jungs bleiben Jungs, auch wenn sie Emotionen zeigen, sich die Nägel lackieren oder schwul sind.“ 

Abschließend sei eine liberale Weisheit ins Gewissen gerufen, nach der jedes politisches Bündnis darauf geprüft werden muss, ob die gestärkte Macht sich irgendwann gegen einen selbst richten kann. Gemeint ist hier selbstredend die Gefahr des politischen Islam. 

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