
- Demokratie braucht Streit
Brexit-Chaos, Streit zwischen den USA und der EU, der Umgang mit der AfD – der politische Diskurs ist voller Widersprüche. Unser Gemeinwesen muss das aushalten und unterschiedliche Meinungen wertschätzen. Nur so kann die Spaltung der Gesellschaft verhindert werden
Beleidigungen, Hass und Hetze, Aufrufe zur Gewalt – Robert Habeck hat Anfang des Jahres daraus seine Konsequenzen gezogen. Twitter sei ein „Instrument der Spaltung“ und „kein Medium des echten Dialogs“, erklärte der Vorsitzende der Grünen und löschte seinen Account. Auch von Facebook verabschiedete er sich. Der Eindruck, dass die sozialen Medien gesellschaftliche Debatten eher verhindern als fördern, konnte auch gewinnen, wer zum Jahresbeginn den digitalen Shitstorm verfolgte, mit dem die ZDF-Reporterin Nicole Diekmann attackiert wurde. Sie hatte auf Twitter die zwei Worte „Nazis raus“ gepostet. Auch sie ist nur eine Betroffene von vielen.
Müssen wir also dem Beispiel Robert Habecks folgen und den digitalen Raum verlassen, um der gesellschaftlichen Spaltung entgegenzuwirken und um wieder gesellschaftliche Debatten führen zu können? Das wird nicht ausreichen. Schließlich mangelt es an demokratischer Streitkultur auch in der analogen Welt. Es gibt nicht zu viele, sondern zu wenige Debatten und Diskussionen in Politik und Gesellschaft. So widersprüchlich es zunächst scheinen mag, es ist der politische Streit, der die Spaltung der Gesellschaft verhindert.