Corona-Impfung bei Kindern - „Hier werden Kinder als Versuchskaninchen eingesetzt“

Die europäische Arzneimittelbehörde EMA hat grünes Licht für die Zulassung des Corona-Impfstoffs von Biontech für Kinder ab fünf Jahren gegeben. Der Münchener Kinderarzt Steffen Rabe hält das für ein verheerendes Signal. Denn junge Menschen bräuchten keine Impfung. Zudem seien die Risiken völlig unübersehbar.

Ein siebenjähriger Junge bekommt in den USA den Corona-Impfstoff verabreicht / picture alliance
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Alexander Marguier ist Chefredakteur von Cicero.

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Herr Dr. Rabe, Sie betreiben eine Kinderarztpraxis in München. Inwiefern haben Sie da überhaupt mit dem Thema Corona zu tun?

Natürlich von Anbeginn an, und zwar in mehrfacher Hinsicht. Vor allen Dingen, weil ich eben Kinder betreue, und die von Anfang an in dieser Pandemie von der Politik in willkürlicher und wissenschaftlich völlig ungerechtfertigter Art und Weise in ihren Freiheiten, in ihren Grundrechten und in ihrer kindlichen Entwicklung beeinträchtigt und beschnitten worden sind. Kinder waren es, die mit als erste in den Lockdown geschickt wurden – Schulen wurden geschlossen, Kitas ebenso. Es hat nicht lange gedauert, da mussten Kinder dann auch Masken tragen. Was für mich als Kinderarzt das größte Verbrechen ist, das wir Kindern in der bundesrepublikanischen Geschichte jemals angetan haben. Denn Kinder brauchen Gesichter, um sich in ihrer emotionalen und seelischen Entwicklung überhaupt orientieren, entwickeln und entfalten zu können. Ich möchte mir als Kinderarzt gar nicht vorstellen, was wir dieser Generation hier angetan haben. Wir werden die Früchte, dieser – wie gesagt – wissenschaftlich völlig unnötigen und politisch willkürlichen Maßnahmen noch in Jahrzehnten ernten. Das sagen uns ja auch renommierte Hirnforscher wie zum Beispiel Gerald Hüther aus Göttingen.

Hatten Sie in Ihrer Praxis schon Kinder in sehr jungem Alter, die mit dem Corona-Virus infiziert und deswegen ernsthaft erkrankt waren?

Ich sehe natürlich bei den Tests, die ich auch als Kinderarzt in meiner Praxis durchführe, hin und wieder positive Testergebnisse – das kann nicht ausbleiben bei den Unmengen an Tests, die wir speziell bei Kindern durchführen müssen. Das ist doch auch der Grund für diese vermeintlich so hohen „Inzidenzen“ bei Kindern im Moment, die reine Testinzidenzen sind. In allen anderen Altersgruppen haben wir durch die plötzlich kostenpflichtigen Tests einen Rückgang positiver Ergebnisse gesehen. Nicht bei den Schulkindern – die haben wir immer weiter getestet, und da ist natürlich deren Anteil an der Gesamttestzahl wesentlich höher geworden in dieser Zeit. Und alle haben gesagt: „Schaut, die Kinder sind die Treiber der Pandemie!“ Was nachgewiesenermaßen wissenschaftlich einfach völliger Unsinn ist. Ich habe noch nie in meiner Praxis in den 22 Monaten – und ich habe eine große Kinderarztpraxis – ein Kind gehabt, das überhaupt nur relevant an Covid erkrankt gewesen wäre, geschweige denn schwer. Und das ist ja auch gar nicht zu erwarten. Schwere Verläufe im Kindesalter sind buchstäblich eine Rarität. Bei Kindern gilt tatsächlich: Hörten wir auf zu testen, hätten wir in dieser Altersgruppe keine Pandemie, kein Problem.

Die europäische Arzneimittelbehörde EMA hat soeben grünes Licht für die Zulassung des Corona-Impfstoffs von Biontech/Pfizer für Kinder ab fünf Jahren gegeben. Wie bewerten Sie diesen Schritt als Kinderarzt?

Ich halte das für völlig unnötig und für ein völlig falsches Signal. Die Anzahl der Kinder, bei denen wir tatsächlich in Erwägung ziehen müssen, sie mit einem Covid-Impfstoff vor schweren Verläufen zu schützen, können wir an wenigen Händen abzählen in Deutschland. Das sind Kinder mit ganz seltenen, speziellen Risikokonstellationen. Vielleicht vor allen Dingen in ihrer eigenen medizinischen Biografie, weil sie eben Risikofaktoren haben, die das Risiko von schweren Verläufen erhöhen, oder in ebenfalls raren, besonderen Familiensituationen. Das sind aber insgesamt so wenige, dass letztendlich in diesen seltenen Fällen immer ein Gebrauch des Impfstoffs auch außerhalb der Zulassung möglich ist, ein sogenannter Off-Label-Use. Das machen wir Kinderärzte ja jeden einzelnen Tag in unseren Praxen, dass wir Medikamente auch ohne spezielle Kinderzulassung anwenden. Kurzum: Ich halte dieses Signal der EMA für verhängnisvoll, weil es ein gefährliches Signal ist und zur Verwirrung führt. Wenn die Tagesschau etwa meldet, die EMA habe den Impfstoff für Kinder empfohlen, beweist sie nur einmal mehr, dass sie den Unterschied zwischen Zulassung, für die die EMA zuständig ist, und Empfehlung, für die in Deutschland die Stiko zuständig ist, nicht verstanden hat oder nicht verstehen will. Die EMA hat lediglich den rechtlichen Rahmen geschaffen, dass die nationalen Behörden eine Empfehlung aussprechen können. An diesem Narrativ merken Sie aber, wie diese Zulassung verstanden wird, nämlich als De-facto-Empfehlung. Das halte ich als Kinderarzt für verhängnisvoll, denn Kinder brauchen keine Covid-Impfung.

Aber möglicherweise die Gesellschaft insgesamt.

Anders als gern behauptet, braucht auch die Gesellschaft keine Kinderimpfung für die immer noch als goldenes Kalb umtanzte „Herdenimmunität“. Erstens, weil Kinder bei der Übertragung dieser Erkrankung keine wesentliche Rolle gespielt haben oder spielen. Und zweitens, weil wir in dieser Pandemie mit diesen Impfstoffen, die keinen relevanten „Fremdschutz“ leisten können, ohnehin keine Herdenimmunität durch Impfen erreichen können. Kinder dürfen ihre eigene Immunität aufbauen durch das für sie so gut wie immer harmlose Durchleben der Erkrankung.

Dr. Steffen Rabe, Kinderarzt in München

Kinder ab fünf Jahren sollen nur ein Drittel der Impfstoffdosis für Erwachsene erhalten und zwei Dosen im Abstand von drei Wochen. Laut EMA ist das Vakzin Studien zufolge sicher und effektiv. Bisher seien keine schweren Nebenwirkungen festgestellt worden – allenfalls milde Reaktionen wie Fieber, Schmerzen an der Einstichstelle, Müdigkeit oder Kopfschmerzen. Die Experten hatten seit Oktober Studien der Hersteller geprüft. Ist das ausreichend, um Kindern den Impfstoff zu verabreichen?

Nein, natürlich nicht. Die Zulassungsstudien des Biontech-Impfstoffs in dieser Altersgruppe umfassen gerade mal 1.500 Kinder. Der Beobachtungszeitraum ist viel zu kurz, um wirklich die Sicherheit herstellen zu können, die wir speziell natürlich in einer Altersgruppe haben müssen, bei denen zwei Dinge zusammentreffen. Auf der einen Seite brauchen Kinder diesen Impfstoff wie gesagt überhaupt nicht, um sich selber vor der Erkrankung zu schützen – sie dürfen ihre eigene Immunität gegen Covid-19 aufbauen durch eine Infektion, die in 70 Prozent der Fälle ohne jedes Symptom und im Rest der Fälle fast immer unproblematisch verläuft. Und auf der anderen Seite muss natürlich in dieser Altersgruppe unser Anspruch an Sicherheit noch viel höher sein als bei denen, für die diese Impfstoffe eigentlich gemacht sind – nämlich für die alten Menschen mit Vorerkrankungen und einem hohen Risiko schwerer Erkrankungen. Kinder haben eine noch viel größere Lebensspanne vor sich. Wir müssten also noch viel mehr wissen über die mittel- und langfristige Sicherheit dieser Impfstoffe, bevor wir daran denken, sie in dieser Altersgruppe flächendeckend – und das bahnt und plant die EMA ja – anzuwenden. Und wir wissen nichts zur mittelfristigen Sicherheit dieser Impfstoffe; nicht einmal zur kurzfristigen. Das schreibt zum Beispiel auch die amerikanische Zulassungsbehörde. Die Food and Drug Administration hatte diesen Impfstoff schon vorher zugelassen und schreibt ausdrücklich in ihren Unterlagen, dass die Zulassungsstudien viel zu klein seien, um selbst das dramatischste Risiko etwa einer Herzmuskelentzündung abzubilden, wie wir sie von den Jugendlichen kennen und fürchten. Deswegen machen die jetzt eine Studie nach der Zulassung in der Anwendung, um zu schauen, wie häufig eine solche Myokarditis auftritt. Und das ist natürlich ein völliges Unding. Hier werden diese Kinder tatsächlich als Versuchskaninchen eingesetzt.

Kinder mögen zwar nur höchst selten an Covid-19 erkranken. Doch Aussagen der EMA-Experten zufolge könnten sie dennoch schwer krank werden. Die Vorzüge der Impfung seien daher höher zu bewerten als mögliche Risiken. Bestehen die Risiken tatsächlich nur in den erwähnten „milden Reaktionen“?

Wenn wir das Risiko dieser Impfung, wie gerade eben dargelegt, überhaupt nicht einschätzen können für die Kinder aufgrund der viel zu kleinen und viel zu kurzen Zulassungsstudien: Wie soll eine solche Aussage wissenschaftlich haltbar sein, dass ein Nutzen-Risiko-Verhältnis – denn das behauptet die EMA in diesem Fall ja – positiv sei? Wenn also der Nutzen minimal ist, und ich das Risiko nicht kenne? Wissenschaftlich ist das unhaltbarer Unfug.

Das lässt den Gedanken zu, dass die Zulassung durch die EMA eher politisch motiviert ist.

Was die Motivation hinter dieser Impfstoffzulassung  und der ja zu befürchtenden Impfstoffempfehlung – zumindest für Teilgruppen – ist, darüber kann man nur spekulieren. Da diese Zulassung wie ausgeführt medizinisch nicht sinnvoll geschweige denn notwendig ist, ist der Verdacht einer politischen Motivation sicher nicht abwegig.

Kinder befinden sich im Wachstum, ihr Körper ist noch nicht voll ausgebildet. Was bedeutet das im Zusammenhang mit einer mRNA-Inpfung? Weiß man da überhaupt Genaueres? Immerhin bekommen Kinder ja auch andere Vakzine verabreicht, etwa gegen Masern, Mumps und Röteln.

Da wir hier in der Tat noch Prozesse berücksichtigen müssen wie Wachstum und Entwicklung, die wir bei Erwachsenen nicht mehr in dem Maße berücksichtigen müssen, sollte uns das bei der Zulassung eines solchen Impfstoffs noch viel, viel vorsichtiger werden lassen. Wir bräuchten tatsächlich viel größere und viel länger laufende Zulassungsstudien für solche Impfstoffe – gerade weil es sich, anders als bei den herkömmlichen Impfstoffen, etwa dem Masernimpfstoff, um eine völlig neuartige Technologie handelt, die tiefst möglich in Regulationsvorgänge des menschlichen Körpers eingreift. Nämlich auf der Ebene der Erbinformationen und deren Umsetzung in körpereigenes oder hier eben sogar körperfremdes Eiweiß. So tief greifen andere Impfstoffe nicht ein. Es geht um eine ganz neuartige Technologie, bei der wir nicht auf Analogieerfahrung mit Impfstoffen gegen andere Erkrankungen zurückgreifen können. Es gibt ja sonst keine mRNA-Impfstoffe, die flächendeckend zugelassen werden. Ich wiederhole es: Wir müssten viel vorsichtiger und viel zurückhaltender sein, als es die Politiker im Moment von den Behörden fordern.

Thomas Mertens, Vorsitzender der „Ständigen Impfkommission“ (Stiko), hat sich dahingehend geäußert, die Rolle der Kinder in der Coronapandemie-Bekämpfung werde „von manchen überbetont“. Warum stehen Kinder dann überhaupt auf der Agenda, wenn es ums Impfen geht?

Auch das ist eine Frage, zu der man nur spekulieren kann. Medizinisch gesehen, müssten Kinder beim Impfen gegen Covid-19 gar nicht auf der Agenda stehen. Sie waren aber von Anfang an im Zentrum der Maßnahmen, obwohl sie nie im wissenschaftlich-medizinischen Focus dieser Pandemie standen. Das ist es ja, worunter wir diese Kinder so haben leiden sehen – mit dieser unendlichen, so nie gekannten Flut an schweren und schwersten psychischen Problemen und Erkrankungen. Das sagen Ihnen alle Kinderpsychologen, alle Kinderpsychiater, alle kinderpsychiatrischen Kliniken, die einen Ansturm erleben, der völlig beispiellos ist. Wohlgemerkt: Diese Maßnahmen bei Kindern waren und sind wissenschaftlich unnötig. Wir brauchen keine Masken in Schulen, wir brauchen keine Massentests in Schulen. Kinder spielen in dieser Pandemie, und da gebe ich Thomas Mertens völlig recht, wissenschaftlich eine von Anfang an völlig untergeordnete, politisch aber von Anfang an völlig überbewertete Rolle. Kinder, Kindeswohl und Kinderrechte haben in unserem Land offenbar einen extrem geringen Stellenwert. Und vor allem haben sie keine laute Lobby. Das ist das Problem.

In Israel wurde schon mit dem Impfen bei Kindern im Alter von fünf Jahren an begonnen. Insofern gibt es ja bereits Erfahrungswerte, wenn auch in geringem Ausmaß. Besteht da also eine gewisse Sicherheit, wenn es auch in Deutschland demnächst mit Kinderimpfungen losgehen sollte?

Nein, definitiv nicht. Israel beginnt jetzt sozusagen mit der letzten Patrone im Gürtel die Abwehr einer dort gerade beginnenden fünften Welle, weil der Booster dies offenbar nicht vermag. Da werden jetzt eben auch noch die Kinder geimpft. Und auch in den USA laufen die Kinderimpfungen seit knapp einem Monat. Und selbst wenn uns die Zahlen sagen, dass dort jetzt seit nicht einmal einem Monat bereits 18 Millionen Kinder geimpft worden sind, existiert aufgrund der Kürze der Zeit keine relevante Erfahrung. Das sagt Ihnen jeder Pharmakologe: Die Erfahrung mit einem neuen Medikament in einer neuen Patientengruppe über drei bis vier Wochen ist unbedeutend. Denn eines haben uns diese Impfstoffe von Anfang an gelehrt: dass nämlich ihr Nebenwirkungsprofil sich sehr stark in einzelnen Bevölkerungsgruppen manifestiert und unterscheidet.

Inwiefern?

Nehmen Sie zum Beispiel bei den Virus-Vektorimpfstoffen diese viel diskutierte Sinusvenenthrombose. Wenn Sie die auf die Gesamtbevölkerung aller zu Impfenden beziehen, ist deren Häufigkeit nicht stark erhöht. Wenn Sie die aber bei den Frauen unter 55 Jahren betrachten, haben wir dramatische Zahlen. Für mich als Kinderarzt ist natürlich vor allen Dingen diese völlig dramatische Häufung der Herzmuskelentzündungen bei den männlichen Jugendlichen zwischen 16 und 25 das zentrale Thema. Das Risiko liegt bei mindestens 1 : 5000. Das ist beispiellos. Ich kann Ihnen kein anderes Medikament und auch keinen anderen Impfstoff nennen, der eine so schwere Erkrankung, eine so schwere Nebenwirkung hätte wie eine Herzmuskelentzündung mit einer auch nur vergleichbar hohen Häufigkeit.

Bevor in Deutschland auch Kinder eine Corona-Impfung erhalten können, muss zunächst die Stiko grünes Licht geben. Allerdings tat man sich in diesem Gremium schon mit Impfungen für Zwölfjährige nicht ganz leicht. Rechnen Sie damit, dass die Stiko am Ende dennoch ihr Plazet gibt?

Wenn Sie die Stiko-Empfehlung für Jugendliche ganz genau und auch ein bisschen zwischen den Zeilen lesen, dann ist der entscheidende Grund für die Stiko-Empfehlung der Impfung für Jugendliche letztendlich der, dass die Stiko gesagt hat: Wir müssen die Jugendlichen schützen vor der sozialen Isolation und vor dem Ausschluss vor sozialer Teilhabe. Was für ein Armutszeugnis unserer Politik, dass eine Impfkommission eine auch in dieser Altersgruppe medizinisch unnötige Impfung als Schutz vor sozialer Ausgrenzung und Diskriminierung empfehlen muss. Der von mir sehr geschätzte kinderärztliche Kollege Rüdiger von Kries im Münchener Universitätskinderklinikum, übrigens ein Stiko-Mitglied seit vielen Jahren, hat das neulich im Bayerischen Rundfunk sehr schön auf den Punkt gebracht. Er hat einfach gesagt: Wir müssen die Jugendlichen nicht vor Covid schützen, wir müssen die Jugendlichen vor den Politikern schützen. Und diese Herausforderung sehe ich bei den Kindern in noch viel höherem Maße. Ich hoffe inständig, dass die Stiko sich sehr lange Zeit lässt und am Ende keine allgemeine Impfempfehlung für Kinder in diesem Alter ausspricht. Alles andere wäre mit einer evidenzbasierten Medizin nicht vereinbar – und das entspräche nicht dem Stil der Stiko von Thomas Mertens.

In Ihrer Praxis nehmen Sie selbst Impfungen bei Kindern vor  – allerdings erst nach einem ausführlichen Beratungsgespräch. Was raten Sie Eltern in der derzeitigen Situation?

Ich bin bisher noch nicht konfrontiert worden mit dem Wunsch nach einer Impfung bei Kleinkindern. Ich impfe aber in meiner Praxis sehr wohl den Biontech-Impfstoff – und zwar nach ausführlicher Aufklärung auch bei Jugendlichen, die mich darum bitten. Aber diese Jugendlichen bitten mich ausnahmslos nie darum, weil sie Angst vor der Erkrankung oder um ihre Großeltern hätten. Sondern weil ihnen von der Politik über bald zwei Jahre hinweg ihre Grundrechte entrissen worden sind und sie jetzt aufgrund eines brüchigen Versprechens hoffen, mit der Impfung ihr „altes Leben zurückzubekommen“. Sie werden von der Politik zur Impfung erpresst. Es ist ein Armutszeugnis, aber mein Credo ist es, letztendlich immer den Wunsch und den Willen derjenigen zu respektieren, die nach einer ausführlichen und ergebnisoffenen Impfberatung auf Augenhöhe eine Entscheidung fällen. Aber wie gesagt: Die Motivation ist durchweg nicht der Gesundheitsschutz, sondern Argumente wie „Mein Sport ist mir so wichtig, ich muss weiter trainieren dürfen.“ Nur um klar zu machen, dass ich grundsätzlich kein Impfgegner bin: Ich impfe in meiner Kinderarztpraxis jeden einzelnen Tag. Sie glauben gar nicht, wieviel Geld ich jeden Monat nur für Impfstoffe an meine Apotheke überweise!

Halten Sie es für möglich, dass es am Ende heißt, Schulbesuch nur noch bei Impfnachweis? Auch bei Grundschülern?

Bisher hat es die Stiko in ihrer Empfehlung für Jugendliche ganz klar so formuliert, dass es nicht sein darf, dass die soziale Teilhabe an den Impfstatus geknüpft wird. Und dankenswerterweise haben sich auch nochmal alle kinderärztlichen Fach- und Berufsverbände in den letzten Tagen ebenso klar in diesem Sinne positioniert. Aber das sind halt die Experten – und die werden nur dann gehört, wenn es der Politik gerade in den Kram passt. Wenn es gerade nicht in den Kram passt oder zu lange dauert, dann machen Gesundheitsminister mit Banklehre oder einem Politologiestudium die Impfempfehlung eben einfach selber – wie im Sommer bei der Impfung für Jugendliche.

Das Gespräch führte Alexander Marguier.

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