Kulturkampf in den USA - Wie Republikaner die liberalen Hochschulen erobern möchten

Es ist kein Geheimnis, dass die amerikanischen Medien eine starke politische Ausrichtung haben. Nun versuchen konservative Politiker, die amerikanische Hochschulbildung auf gleiche Weise zu beeinflussen, wie sie es bereits mit Nachrichtenmedien und Thinktanks geschafft haben.

Die Columbia University in New York / picture alliance
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Autoreninfo

Lisa Davidson ist Journalistin, freie Autorin und Podcast-Host. Sie lebt in Virginia, USA. 

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In einer perfekten Welt sollten Medien unvoreingenommen sein und über Ereignisse aus verschiedenen Perspektiven berichten, frei von persönlichen Vorurteilen oder politischen Zugehörigkeiten. Doch wer einen Blick in die Welt der amerikanischen Nachrichten wirft, wird schnell erkennen, dass unterschiedliche Medien entweder für die Republikaner oder die Demokraten Partei ergreifen. 

Das war jedoch nicht immer so. Vor allem Konservative prangerten jahrzehntelang die linke Voreingenommenheit der US-Nachrichtenmedien an. Dann nahmen sie das Problem selbst in die Hand. Die Lösung brachte die Gründung von Fox News im Jahre 1996. Denkfabriken wie die Heritage Foundation und das Cato Institute vergrößerten die Reichweite konservativer Stimmen in Amerika weiterhin und glichen die einstige liberale Ausrichtung aus. Jetzt wollen die Republikaner ein ähnliches Manöver in der amerikanischen Bildung anwenden.

Hat liberale Bildung noch Zukunft?

Allen voran ist in diesem Bestreben Floridas Gouverneur Ron DeSantis zu nennen, der von vielen bereits als republikanischer Präsidentschaftskandidat angesehen wird. DeSantis kündigte kürzlich Vorschläge zur Umgestaltung der öffentlichen Universitäten Floridas an. Dabei hat er beispielsweise ein Ende der Diversitätsprogramme und einen schwächeren Kündigungsschutz für Professoren im Sinn. Und der Umbruch ist bereits in vollem Gange. So setzte er beispielsweise schon Konservative als Leiter des New College of Florida ein, einer kleinen öffentlichen Schule in Sarasota.

Während diese Veränderungen zweifellos Auswirkungen auf die Ideologie der jeweiligen Hochschulen mit sich bringen, streiten Experten noch darüber, ob DeSantis wirklich einen landesweiten Wandel in Bewegung setzen kann. Zudem steht noch zur Debatte, in welcher Weise diese Neuausrichtung Bildung und Studenten beeinflussen könnte.  

Voreingenommenheit an US-Universitäten

Laut New York Times sind etwa 60 Prozent der Lehrkräfte an den amerikanischen Hochschulen im Grundstudium liberal oder weit links, verglichen mit knapp zwölf Prozent, die sich als konservativ oder weit rechts bezeichnen. Und diese Kluft hat sich in den letzten Jahrzehnten vergrößert. Weniger offensichtlich ist, warum das so ist. Hochschulen werden grundsätzlich als liberale Einrichtungen angesehen, was zur Folge hat, dass bereits weniger Konservative eine Anstellung anstreben. Die Einstellungsgremien selbst sind ein weiterer Faktor. Und da sich Hochschulabsolventen vorwiegend als liberal bezeichnen, fällt der konservative Nachwuchs an Universitäten überschaubar aus.
 

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Überraschenderweise hat die politische Ausrichtung der Professoren aktuell noch wenig Auswirkungen im Alltag. Denn obwohl das Lehrpersonal in erster Linie liberal eingestellt ist, wird diese Tendenz im Unterricht kaum deutlich. So liberal die Professoren auch sein mögen, ermutigen sie ihre Studenten eher, sich auch mit konservativen Standpunkten auseinanderzusetzen. Laut New York Times neigt die konservative Bewegung dazu, das Problem einer deutlichen linken Voreingenommenheit zu übertreiben. 

Dennoch sollte ein wichtiges Detail nicht unter den Teppich gekehrt werden: Die linke Voreingenommenheit der Professoren kann zu einer Selbstzensur von Studenten und Dozenten führen, die die politischen Diskussionen auf dem Campus stark einschränkt. Außerdem könnte ein Mangel an Interaktion mit konservativen Mentoren Studenten dazu bringen, die Lücke mit rechtsextremen Quellen zu füllen.

Politische Diversität regt die Meinungsbildung an

Eine größere Vielfalt an politischer Diversität könnte das Problem lösen und die Meinungsbildung fortschrittlicher Studenten anregen, wie die Soziologin Amy Binder von der University of California glaubt. Laut Binder würden konservative Studenten häufiger über gegenteilige Ideen nachdenken und diskutieren, da sie öfter von liberalen Lehrern und Studenten herausgefordert werden. Progressive Studenten machen diese Erfahrung weniger.

Die Öffentlichkeit scheint sich einig zu sein, dass das politische Ungleichgewicht an den Universitäten ein Problem ist. Eine Umfrage des Pew Research Center aus dem Jahr 2019 ergab, dass die Campuspolitik zu eingeschränkt sei, was Studenten an einer freien Meinungsbildung mit unterschiedlichen Einflüssen hindere. DeSantis könnte mit diesem Punkt in seinem Vorhaben also nicht nur konservative Wähler ansprechen, sondern auch potenzielle Wechselwähler erreichen.

Mammutaufgabe für DeSantis

Auch wenn DeSantis ein paar gute Argumente für mehr politische Diversität an den amerikanischen Hochschulen vorweisen kann, wird es schwierig, einen flächendeckenden Wandel zu erzielen. Immerhin handelt es sich um einen weitläufigen Sektor, in dem viele Professoren unbefristet angestellt sind und nicht ohne Weiteres ersetzt werden können.

Zudem herrscht in der amerikanischen Hochschulbildung eine andere Dynamik als in den Nachrichtenmedien. Liberale Medien wie CNN oder MSNBC wurden von Konservativen nicht beeinflusst, um das Gleichgewicht der Berichterstattung zu verändern. Die Republikaner haben mit Fox News lediglich ein eigenes Medium gegründet. Bei Tausenden von Universitäten, die sich über das ganze Land erstrecken, sieht das anders aus.

Debatte im Zeichen der Präsidentschaftskampagne

Um sein Ziel zu erreichen, schlägt DeSantis zwei unterschiedliche Wege ein. Einerseits arbeitet er daran, wichtige Grundsätze der allgemeinen Hochschulbildung zu ändern. Mittels einer möglichen Aufweichung der Amtszeit, der die Legislative zustimmen muss, könnte es seinen Beauftragten leichter gemacht werden, liberale Lehrkräfte zu entlassen. Andererseits konzentriert er sich gezielt auf einzelne Hochschulen wie das New College of Florida, mit deren Umgestaltung er hofft, ein Modell für eine konservative Ausbildung zu kreieren.

Selbst wenn es DeSantis nicht gelingen sollte, die Hochschulbildung zu reformieren, könnten seine Bemühungen noch einen anderen Nutzen haben: seiner erwarteten Präsidentschaftskampagne in den republikanischen Vorwahlen einen deutlichen Auftrieb zu verleihen. Und gerade das könnte für DeSantis, der, ohne bisher ein nationales Amt bekleidet zu haben, eine beeindruckend starke Ausgangsposition einnimmt, das letzte fehlende Puzzlestück sein.

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