US-Präsidentschaftswahl - Ist Biden zu alt für eine weitere Präsidentschaft?

Joe Biden ist der älteste Präsident der US-Geschichte. Sein Alter ist auch ein wiederkehrender Diskussionspunkt, wenn es um seine Präsidentschaftskandidatur 2024 geht. Denn die Amerikaner sind sich weitgehend einig: Biden ist zu alt für eine weitere Amtszeit.

Joe Biden bei einem Pressetermin / dpa
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Autoreninfo

Lisa Davidson ist Journalistin, freie Autorin und Podcast-Host. Sie lebt in Virginia, USA. 

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Altersdiskriminierung mag am Arbeitsplatz verboten sein, doch wenn es um ihren Präsidenten geht, nehmen die Amerikaner kein Blatt vor den Mund. Aktuelle Meinungsumfragen zeigen deutlich, dass das Volk der Meinung ist, Joe Biden sei für eine Wiederwahl schlichtweg zu alt.Dabei ist Bidens Alter nicht nur ein willkommenes Fox-News-Argument, sondern schon seit langem ein vorherrschendes Thema in den Wohnzimmern vieler Amerikaner – von Republikanern und Demokraten. 

Während laut einer aktuellen Umfrage von Associated Press-NORC 77 % der Befragten sagten, Biden sei zu alt, um noch vier Jahre im Amt zu bleiben, sprachen sich 89 % der Republikaner und 69 % der Demokraten gegen eine Wiederwahl aufgrund des Alters des aktuellen Präsidenten aus. Diese Ansicht wird von allen Altersgruppen vertreten.

Wie alt ist zu alt?

Im Falle einer Wiederwahl würde Biden am Ende seiner zweiten Amtszeit 86 Jahre alt sein. Der Republikaner Ronald Reagan, der den bisherigen Rekord als ältester US-Präsident hält, beendete seine zweite vierjährige Amtszeit 1989 im Alter von 77 Jahren. Auf die Frage, welche Wörter ihnen bei der Erwähnung Bidens in den Sinn kommen, nannten 26 % der Amerikaner Bezeichnungen wie „alt“, „alternd“ und „veraltet“, während 15 % Assoziationen wie „langsam“ und „verwirrt“ erwähnten. 

Und obwohl Bidens wahrscheinlicher Gegner im Jahr 2024, Donald Trump, nur drei Jahre jünger ist, hat die Öffentlichkeit nicht annähernd den gleichen Eindruck von dem 77-jährigen ehemaligen Präsidenten. Entspannen sollte sich Trump trotzdem nicht. Denn während sich die Bevölkerung keine Sorgen um Trumps Alter macht, zeigen Umfragen, dass viele Amerikaner ihn mit Verbrechen und Korruption assoziieren

Harris ist keine gute Option

Trumps rechtliche Sorgen spielen Biden sicherlich in die Karten, doch sie helfen ihm nicht unbedingt, seine Wähler davon zu überzeugen, dass er fit genug für eine zweite Amtszeit ist. Die plausibelste Lösung des Problems wäre, den Fokus auf Vizepräsidentin Kamala Harris zu legen. Doch laut Washington Post sei diese mit einer Zustimmungsrate von nur 39,5 % noch weniger beliebt als Biden selbst. 

Harris hat viele lobenswerte Qualitäten, aber Tatsache bleibt, dass sie es nicht geschafft hat, im Land oder auch nur innerhalb ihrer eigenen Partei Fuß zu fassen. Ihre Positionen und Kommentare zur Migrationssituation in den USA wurden beispielsweise von beiden Seiten kritisiert. Einige halten sie für zu weich, während andere meinen, ihr Ansatz sei unmenschlich und ineffektiv. Kritiker argumentieren zudem, dass es Harris an einer klaren und präzisen politischen Agenda zu den wichtigsten Themen mangelt, was es Wählern schwer macht, ihre Prioritäten und Positionen zu verstehen.

Wachsende Nervosität

Biden versucht währenddessen auf die Altersbedenken mit Humor zu reagieren. Laut Politico brachte er die heikle Situation bei einem Korrespondenten-Dinner im Weißen Haus mit einem selbstironischen Alterswitz auf den Punkt: „Ich glaube an den ersten Verfassungszusatz, und das nicht nur, weil mein guter Freund Jimmy Madison ihn geschrieben hat.“ Bei einem anderen Auftritt betonte er kürzlich, dass Weisheit mit dem Alter kommt. Es mag etwas Wahres dran sein, doch viele Bürger beobachten seine öffentlichen Auftritte mit wachsender Nervosität.
 

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Bevor man sich selbst eine Meinung zu Bidens Situation machen kann, sollte man beachten, dass die Bedenken über sein Alter auf mehreren Argumenten aufbauen. Einerseits macht sich das Volk um die körperliche Gesundheit des Präsidenten Gedanken. Im Juni 2021 stolperte Biden als er die Treppe der Air Force One hinaufging. Und im März 2023 wurde er für mehrere Tage ins Krankenhaus eingeliefert, nachdem er positiv auf COVID-19 getestet worden war.

Einige Wähler sorgen sich aber auch um Bidens geistige Schärfe. Er hat sich bereits in zahlreichen Reden und Interviews Patzer geleistet, ist über seine eigenen Worte gestolpert oder wusste schier nicht, wie er auf Fragen und Anweisungen reagieren sollte. Kritiker gehen sogar so weit, zu behaupten, er wisse gar nicht, worum es eigentlich ginge. Viele Amerikaner glauben zudem, dass der US-Präsident eine junge und dynamische Führungspersönlichkeit sein sollte, die die Zukunft des Landes repräsentiert. Sie befürchten, dass Biden als Achtzigjähriger nicht in dieses Bild passt. Dank der zunehmend skurrilen Auftritte Bidens steht Fremdschämen gleichzeitig mehr denn je auf der Tagesordnung.

Lieber jung als alt

Es ist deutlich, dass die Amerikaner klar die Meinung vertreten: Weg mit dem Alten, her mit dem Neuen – oder eher mit dem Jungen. Doch dieser Sinneswandel bezieht sich keinesfalls ausschließlich auf Präsidentschaftskandidaten. Der Trend wird auch in Bezug auf den Kongress und den Obersten Gerichtshof deutlich. Laut Associated Press befürworten insgesamt knapp zwei Drittel der Erwachsenen in den USA eine Altersgrenze für Kandidaten für das Präsidentenamt und den Kongress sowie ein obligatorisches Rentenalter für Richter. 

Konkret befürworten 67 % der Befragten, dass Richter des Obersten Gerichtshofs bis zu einem bestimmten Alter in den Ruhestand gehen müssen, 68 % befürworten Altersgrenzen für Kandidaten für das Repräsentantenhaus und den Senat und 66 % für das Präsidentenamt. 

Letztendlich liegt die Entscheidung, ob Biden oder ein anderer Präsidentschaftskandidat wiedergewählt wird oder nicht bei der Bevölkerung. Dabei sollten aber nicht nur die Bedenken bezüglich des Alters, sondern auch in Bezug auf Erfahrung, Temperament und Qualifikationen abgewogen werden.

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