Colombo Port City in Sri Lanka - Milliardenschweres Luftschloss made in China

Die geplante Hafenstadt Colombo Port City sollte Manhattan in seinem futuristischen Antlitz nacheifern. Von dem milliardenschweren Projekt ist aber auch zehn Jahre nach Baubeginn nichts zu sehen. Wie so oft in der Vergangenheit, wenn chinesische Investoren in Sri Lanka das große Glück versprachen.

Eine Luftaufnahme zeigt die Colombo Port City in Sri Lanka / picture alliance
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Philipp Mattheis ist Herausgeber von BlingBling, einem wöchentlichen Newsletter über Bitcoin, Geld und Freiheit. Von November 2019 bis März 2021 war er Ostasien-Korrespondent von Stern und Capital in Shanghai.

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Die Luft hängt schwer und schwül über der Colombo Port City, einer 270 Hektar großen, mit Sand aufgeschütteten Fläche vor den Toren der Hauptstadt Sri Lankas. Eine Grafik der South China Morning Post, einer Zeitung aus Hongkong, zeigt ein futuristisches Manhattan in den Subtropen. 2011 begann das Projekt. Nur seit Jahren ist da nichts außer einem Haufen Sand und ein paar Baukränen. Zur Zwischennutzung hat man eine Golf-Shooting-Range und einen Quad-Park errichtet. 

„Am Wochenende spielen hier die Chinesen“, sagt ein kleiner, rundlicher Mann, der Golfschläger verleiht. Knapp die Hälfte des aufgeschütteten Landes gehört bereits einer chinesischen Firma, die hier eine Sonderwirtschaftszone für internationale Unternehmen errichten will. Die „Colombo Port City“ ist ein überdimensioniertes chinesisches Projekt, das der 500.000-Einwohner-Stadt einen hypermodernen Anstrich geben soll. 2017 lagen die Kosten bei 15 Milliarden US-Dollar.

Sri Lanka liegt strategisch günstig

Mit dem Einstieg eines chinesischen Unternehmens in den Hamburger Hafen scheint all dies erstmal wenig zu tun zu haben. Sri Lanka ist weit weg, ein Schwellenland – und verfügt, anders als die EU, nicht über die Hebel, Einfluss auf China auszuüben. Es kann aber helfen, dabei das große Bild nicht aus den Augen zu verlieren.

Sri Lanka, an der Südspitze Indiens gelegen, ist vom chinesischen Festland mehr als 5000 Kilometer Luftlinie entfernt. Die Insel aber befindet sich strategisch günstig auf halbem Weg zwischen Ostasien und dem rohstoffreichen Afrika sowie dem Persischen Golf – eine der wichtigsten Handelsrouten der Welt. Aus der Sicht Pekings ergibt es durchaus +Sinn, dem 22-Millionen-Staat besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Genau dafür dient die „Neue Seidenstraße“ – so der wohlklingende Name jenes Projekts, mit dem China seinen Einfluss auf Asien ausdehnt.

Seit 2013 will die kommunistische Partei mit Krediten und Entwicklungsprojekten neue Absatzmärkte schaffen. Der Plan sieht etwa vor, die globalen Handelsströme von den Weltmeeren wieder zurück auf den eurasischen Kontinent zu lenken. Mit chinesischem Geld in Form von billigen Krediten sollen die zentralasiatischen Länder ihre Infrastruktur ausbauen und gleichzeitig ihre Märkte für chinesische Waren öffnen. Die Länder, so stellte Peking sich das vor, sollten sogar ihre wirtschaftlichen Entwicklungspläne mit China koordinieren. Dafür gründete man Ende 2015 eigens die Asian Infrastructure Investment Bank (AIIB), um die Projekte zu finanzieren. Das Finanzierungsvehikel steht mittlerweile in direkter Konkurrenz zur Weltbank.

Chinesen möchten Abhängigkeiten schaffen

In den vergangenen Jahren hat Peking knapp eine Billion Dollar in Infrastrukturprojekte in Asien, Afrika und Europa investiert; chinesische Zugstrecken und Autobahnen durchziehen Zentralasien. Ein Korridor durch die von Uiguren bewohnte Region Xinjiang führt über Pakistan an den Persischen Golf. Häfen und Zugstrecken in Afrika sollen die Rohstoffzufuhr sichern.

Das Prinzip: Peking bietet Schwellenländern im eigenen strategischen Orbit günstige Kredite für Infrastrukturprojekte an. Damit will sich die kommunistische Partei einerseits den Zugriff auf Rohstoffe sichern, und zum anderen Absatzmärkte für die eigene Exportwirtschaft erschließen. Nicht zuletzt aber geht es um geostrategischen Einfluss und darum, Abhängigkeiten zu schaffen.

Besonders deutlich wird das bei den zentralasiatischen Staaten, wo die beiden Teilzeit-Alliierten Moskau und Peking um Einfluss ringen. Pipelines, Autobahnen und Zugstrecken durchziehen die meist autoritär regierten Länder von Ost nach West. Sie bringen Öl und Gas ins chinesische Kernland und fluten dafür die Märkte mit chinesischen Waren. Hinzu kommt eine „Maritime Seidenstraße“, die Handels- und Militärstützpunkte entlang des indischen Ozeans von Singapur bis Djibouti verbindet. Der Hafen von Mombasa in Kenia ist mittlerweile unter Leitung eines chinesischen Unternehmens. Eine chinesische Zugstrecke verbindet die wichtigste Hafenstadt Ostafrikas mit der Hauptstadt Nairobi. Weitere Anschlussverbindungen nach Osten, Richtung Kongo, wo wertvolle Rohstoffvorkommen liegen, sind geplant.

Ein neues Kapitel hat begonnen

Wie geht das zusammen mit den zunehmenden Verschließungstendenzen Chinas? Seit 2012, mit dem Regierungsantritt Xi Jinpings, hat ein neues Kapitel begonnen. Ein Binnenkreislauf soll möglichst autark funktionieren, während ein zweiter Wirtschaftskreislauf mit dem Ausland handelt, Güter exportiert und wichtige Rohstoffe importiert. Deswegen will man die einheimische Produktion von Weizen um 650 Millionen Tonnen steigern. Staatspräsident Xi Jinping betonte in seiner Rede mehrfach, wie wichtig Lebensmittel- und Energiesicherheit seien. China dürfe sich nicht mehr auf Importe aus dem Ausland verlassen.
 

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Die Führung in China war schon immer gut darin, wohlklingende Konzepte zu erfinden, deren genaue Bedeutung vage blieb. In der Anfangsphase lauteten diese: „Hundert-Blumen-Rede“ oder „die vier Freiheiten“. Seit Xi Jinping ist vom „Chinesischen Traum“, der „Neuen Seidenstraße“ und jetzt den „Zwei Kreisläufen“ die Rede. Die verschlagworteten Kampagnen klingen gut fürs Volk, gleichzeitig ist ihr Inhalt so schwammig, dass man sich alles und nichts darunter vorstellen kann.

Doch Tatsache ist, dass sich ein Teil der chinesischen Wirtschaft in den kommenden Jahren verschließen wird, und ein anderer Teil aggressiv auf Märkte in Asien und Europa vordringen soll. Der innere Kreislauf ist ein von den globalen Waren- und Finanzströmen weitgehend abgeschirmter Binnenmarkt. In diesem produzieren chinesische Unternehmen für chinesische Konsumenten – ausländische Unternehmen sind daran nur noch marginal beteiligt.

Der andere Kreislauf ist der äußere: Peking bleibt nach wie vor fest in die internationalen Handelsströme eingebunden. Es importiert Rohstoffe aus Australien, Afrika und Südamerika – und schwemmt die globalen Märkte keineswegs nur mit Billig-Waren, sondern längst auch mit Überwachungskameras, Drohnen, medizinischen Produkten und Maschinen. Die meisten dieser Güter stammen aus dem wirtschaftlich potenten und auf Exporte ausgerichteten Perlflussdelta und vom Yangze-Delta rund um Shanghai.

„Die Investitionen sind ja nicht per se schlecht“

Seit den 1990er Jahren exportierte China von dort Waren in die Welt, und bekam dafür US-Dollar, die man in US-Staatsanleihen anlegte. So saß China 2010 auf einem gewaltigen Berg von 13 Billionen an US-Treasuries. Als die geopolitischen Spannungen zwischen den Großmächten wuchsen und die Zinsen in den USA fielen, entschloss man sich in Peking, andere Wege zu suchen, um die Dollar-Reserven anzulegen. Da chinesische Unternehmen durch den Infrastrukturboom der vergangenen Jahre Erfahrungen bei Großprojekten gesammelt hatten, sah man Kredite an Schwellenländer als eine gute Möglichkeit, die Unmengen an Geld zu investieren.

Nicht zuletzt ist der Kampf gegen den US-Dollar als Leitwährung ein Motiv der Strategie. Die dominante Stellung des Dollars im internationalen Währungsgefüge ermöglicht es den USA, sich billig zu verschulden und via Sanktionen missliebige Staaten aus dem internationalen Zahlungsverkehr auszuschließen. Weil internationale Handelsströme und vor allem Erdöl in US-Dollar abgerechnet werden, besteht global eine latente Nachfrage nach US-Dollar, was den USA wiederum erlaubt, die Geldmenge stärker zu erweitern, ohne dabei den Wert der eigenen Währung zu schwächen. Peking arbeitet seit Jahren auf ein multipolares Währungssystem hin, in dem der chinesische Yuan eine dominantere Stellung einnimmt. Investitionen und bilateraler Handel mit Schwellenländern sind ein Baustein dieser Strategie.

Sri Lanka als Paradebeispiel

Für die Empfängerländer bedeutet die Neue Seidenstraße oft eine einfache Möglichkeit, an Geld zu kommen. Während die Kredite von Weltbank und IWF meist an marktwirtschaftliche Reformen geknüpft sind und im Vorfeld zahlreiche Studien angefertigt werden, kommt das Geld aus Peking schnell und ohne große Bedingungen. Noch dazu: Oft haben Schwellenländer gar nicht die Möglichkeit der Wahl. Kein westliches Land will solch große Investitionen stemmen. „Die Investitionen sind ja nicht per se schlecht“, sagt Imran Furkan vom Thinktank Verité Research. „Oft aber sind sie nicht rentabel. China dagegen denkt langfristig, und will seinen Einfluss langfristig auf Sicht von 40 oder 50 Jahren ausbauen.“

Sri Lanka ist ein Paradebeispiel ebenso wie ein warnendes Exempel für diese Strategie. Vor dem Jahrtausendwechsel gab es keinen oder keine nennenswerten Investitionen Pekings in Sri Lanka. Laut einer Studie der Verité Research Group flossen auch zwischen 2005 und 2009 nicht mehr als zwei Millionen US-Dollar von Peking nach Colombo. Dann aber werden aus den Millionen plötzlich Milliarden. Lange Zeit war nicht einmal die genaue Höhe der Schulden bekannt: Mal war von drei, mal von zwölf Milliarden US-Dollar die Rede, die Sri Lanka den Chinesen schulde. Im August 2022 spricht das Finanzministerium im Zusammenhang mit Sri Lanka von insgesamt zehn Milliarden US-Dollar bilateralen Schulden, von denen die Hälfte bei China liege.

Von Kenia bis Laos

Sri Lanka ist dabei kein Einzelfall: Von Kenia bis Laos hat Peking in den vergangenen Jahren Milliarden investiert, und viele dieser Länder geraten aktuell in Zahlungsschwierigkeiten. In Kenia wurde mit chinesischem Geld eine Zugstrecke von der Hafenstadt Mombasa ins Landesinnere gebaut. Der Plan war ursprünglich, mehrere Hauptstädte auf dem afrikanischen Kontinent miteinander zu verbinden. Derzeit aber endet die Bahnstrecke in einer verstaubten Kleinstadt 150 Kilometer westlich von Nairobi.

Dort, in Suswa, kann kaum jemand Gutes über die Chinesen berichten: „Die Chinesen haben keinen guten Eindruck hinterlassen“, sagt der 47 Jahre alte Moses Mutadua, und erzählt: „Sie behandelten Leute und Material schlecht. Wenn wir ihnen zum Beispiel einen Jeep vermieteten, war der danach oft beschädigt. Alles sollte immer ohne Vertrag und mit Barzahlungen geschehen, so dass man später rechtlich nichts an der Hand hatte. Als sie gingen, nahmen sie wieder alles mit. Sogar die gebauten Wasserleitungen montierten sie wieder ab.“ 

Ein Trockenhafen soll zumindest den Binnenhandel stimulieren. Aber auch davon ist wenig zu sehen. Gebaut hat all das 2017 ein chinesisches Firmenkonsortium, nachdem die chinesische Exim-Bank der kenianischen Regierung einen Milliardenkredit dafür gegeben hatte. 3,8 Milliarden US-Dollar kostete die Zugstrecke, und Kenia ging davon aus, dass sich das Projekt selbst abbezahlen würde. Jetzt aber macht die „Standard Gauge Railway“ wider Erwarten Verluste, und Kenia bekommt Probleme, den Kredit zurückzuzahlen. Einer Studie der Rhodium-Group zufolge mussten zwischen 2020 und 2021 Kredite mit einem Volumen von insgesamt 52 Milliarden Dollar neu verhandelt werden.

Investitionen werden nicht nur kritisch gesehen

Trotzdem werden auch heute noch die chinesischen Investitionen nicht von allen kritisch gesehen. Nicht wenige Ökonomen sagen, das größte Problem Afrikas sei die fehlende Infrastruktur. Einer von ihnen ist James Shikwatti. „Unser Hauptproblem war, dass es keine Straßen, Häfen und Eisenbahnen gibt. Sogar unsere Flughäfen sind so gebaut, dass sie nach Europa führen“, sagt er in seinem Büro in Nairobi. Wenn die Chinesen das nun erledigen, sei das doch eine gute Sache. Zudem lieferten die Chinesen schnell und unkompliziert, so Shikwatti. „Der Westen hat dieses extravagante Werte-System, das alles verkompliziert.“

Shikwatti erzählt von einer Straße, die mit Geld der EU gebaut werden sollte, aber zwei Jahre nicht fertiggestellt wurde, weil dort eine Rattenpopulation lebte. Man weiß nicht genau, ob er das ernst meint oder nicht. Trotzdem: Es gibt geostrategische Interessen Chinas in Afrika. Dabei geht es weniger um die Rohstoffe selbst, davon hat der ostafrikanische Staat nicht viele. Kenia aber ist das Schlüsselland, wenn es darum geht, wichtige Rohstoffe aus dem Kongo nach China zu transportieren. Mombasa ist der wichtigste Hafen der Region und wird heute von einer chinesischen Firma geführt.

Die andere Seite der Medaille: Korruption. Niemand weiß genau, wie viele Millionen in den Taschen korrupter Politiker versickert sind. Im Dezember 2018 tauchten Nachrichten auf, wonach sich Peking den Hafen von Mombasa als Pfand habe zusichern lassen – für den 3,6-Milliarden-Dollar-Kredit zum Bau der Zugstrecke nach Nairobi. Auch in Sri Lanka dürfte Korruption mindestens indirekt eine Rolle gespielt haben. Schließlich liegen alle Projekte im Heimatgebiet des ehemaligen Präsidenten Rajapaksa im Süden der Insel.

Erlebt China nun seinen Lehman-Moment?

Sri Lanka steckt gerade in einer der schwersten Wirtschaftskrisen seiner Geschichte. Die Stimmung auf dem Markt in Colombo ist schlecht: Gemüsehändler Kanareh hackt Kohlköpfe mit einer kleiner Machete. Jeder Schlag sitzt, mit denen er die äußeren Blätter des Kohls abschneidet, bis ein glänzender, sauberer Kopf übrig bleibt. Er deutet auf den Haufen abgehackter Blätter vor ihm: „Käfer, Ungeziefer, Fäulnis“, sagt er. „Bei jedem Kohl muss ich fast die Hälfte wegschneiden.“

Durch die Pandemie-Maßnahmen war der Tourismus eingebrochen. Im Sommer vorvergangenen Jahres erließ der Präsident ein Düngemittelverbot, um die gesamte Landwirtschaft auf ökologischen Anbau umzustellen. Dadurch sollten Produkte aus Sri Lanka höhere Preise erzielen, und mehr Devisen ins Land bringen. Das Gegenteil war der Fall: Die Ernte brach ein und Sri Lankas Bio-Revolution scheiterte krachend.

In der Folge hatte das Land nicht mehr genug Geld, um Treibstoff zu importieren. Dies wiederum führte zu Aufständen. Die Bilder von Demonstranten, die im Pool des Präsidentenpalasts baden, gingen um die Welt. Mittlerweile hat sich die Lage etwas beruhigt: Benzin wurde rationiert, 20 Liter bekommt ein Autofahrer pro Woche. Das reiche aber nicht, sagt Gemüsehändler Kanareh. Viele Bauern können deswegen ihre Ware nicht mehr zum Markt bringen. Die Inflation liegt bei 80 Prozent. Das Land ist faktisch zahlungsunfähig.

Auch darin steht Sri Lanka nicht allein da; zahlreiche Empfängerstaaten an der Neuen Seidenstraße geraten derzeit in Zahlungsschwierigkeiten, so zum Beispiel auch Bangladesh und einer der ältesten Verbündeten Chinas, Pakistan. Die Frage ist: Erlebt China nun den ersten Lehman-Moment seiner Geschichte? Schließlich besteht die Möglichkeit, dass Peking auf dem Großteil seiner Forderungen einfach sitzen bleibt. Oder hat sich Peking längst seine globale Strategie abgesichert?

Der Hafen machte nur Verluste

Um zu wissen, was das für die von Peking finanzierten Projekte bedeutet, muss man in der Geschichte nicht weit zurückgehen: Hambantota liegt im Süden Sri Lankas, ein trockener, heißer und deswegen landwirtschaftlich schlecht nutzbarer Teil der sonst fruchtbaren Insel. Die Region ist auch Machtbasis des Rajapaksa-Clans, der das Land über mehrere Jahre regierte.

Hier lockte Peking die Regierung von Sri Lanka mit großzügigen Krediten, einen Tiefseehafen zu bauen. Den Auftrag dafür wiederum bekamen chinesische Unternehmen. Rund 1,3 Milliarden US-Dollar kostete das Projekt anfangs, bis 2012 wuchsen die Kosten auf 1,5 Milliarden und schließlich auf 1,8 Milliarden an. Das Geld sollte bis 2036 zurückgezahlt werden. 

Allerdings machte der Hafen nur Verluste. Rund 400 Schiffe laufen ihn derzeit im Jahr an. Zum Vergleich: Im Hafen von Colombo sind es 4000 Schiffe. Zudem wurden im 200 Kilometer nördlich gelegenen Hafen zwei Tiefwasser-Terminals gebaut. Es gibt also nicht mehr viele Gründe, in Hambantota anzulegen. Außer vielleicht, um dort Öl abzuholen. CMPort ist nämlich eine Kooperation mit dem chinesischen Ölkonzern Sinopec eingegangen und bunkert dort Erdöl. In der gleichen Zeit aber musste die Regierung von Colombo sowohl den Kredit abstottern, als auch hohe Zinsen dafür zahlen.

Viele unfertige Bauprojekte in Sri Lanka

Spätestens im Dezember 2016 wurde klar, dass der Hafen wohl nie so profitabel werden würde, wie es die Studien anfangs suggeriert hatten. Die Regierung konnte ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen und einigte sich mit dem chinesischen Gläubiger auf eine Restrukturierung. Es kam zu einer Verpachtung an chinesische Staatsunternehmen für die nächsten 99 Jahre. Der Hafen von Hambantota ist nun quasi in chinesischer Hand. Kein Wunder, dass auch das umstrittene chinesische Forschungs- und Spionageschiff „Yuan Wang 5“ im Sommer hier Station machte. In Hambantota füllte es Öl, Diesel und Nahrungsmittel auf – trotz massiver Proteste aus Indien.

Zum Hafen wird man mittlerweile nicht mehr vorgelassen. Besichtigen aber kann man den nur wenige Kilometer entfernte Flughafen von Hambantota – der „Mattala International Airport“ wurde ebenfalls mit einem chinesischen Kredit über 190 Millionen US-Dollar gebaut – und wird nur von ein paar wenigen Flugzeugen angeflogen. In China gilt oft das Prinzip: Erst bauen, die Leute kommen später. Der Flughafen von Hambantota aber steht sechs Jahre nach Eröffnung noch immer leer. Das heißt: Leute kommen schon, aber es sind Besucher und Touristen, die einen Sonntagsausflug zu einem leeren Flughafen machen. Die Sicherheitsleute am Eingang durchsuchen die Taschen, als könne tatsächlich jemand Sprengstoff hineinschmuggeln, um ein Flugzeug in die Luft zu sprengen. Es ist bloß keines da.

Es gibt mehrere solcher Projekte in Sri Lanka: Das einzige, angeblich viel zu teure Kohlekraftwerk; ein gigantisches Cricket-Stadion. Und der 350 Meter hohe „Lotus Tower“ in Colombo. Da drängt sich die Frage auf, weshalb die verantwortlichen Politiker sich darauf eingelassen haben. Nicht alles aber lässt sich Peking in die Schuhe schieben. „Für die aktuellen Probleme sind wir selbst verantwortlich“, sagt Patali Ranawaka, Energie-Minister des Landes zwischen 2015 und 2019. „Für Korruption und Misswirtschaft brauchen wir nicht den Chinesen die Schuld geben.“ Er sieht sein Land in einer „Sandwich-Position“, und findet es nur natürlich, Investitionen von allen Partnern anzunehmen.

„Westliche Staaten verleihen das Geld verantwortungsvoller“

Andreas Hergengroether war lange Vorsitzender der deutschen Auslandshandelskammer in Taiwan und Sri Lanka. Er kennt das strategische Vorgehen Pekings gut. Heute hat er eine eigene Beratung in Colombo. „Man kann China dieses strategische Denken nicht übelnehmen. Problematisch ist eher das Fehlen von Plänen seitens des Westens.“ Allerdings sind Geschäfte mit korrupten Politikern eben auch ein Kennzeichen der chinesischen Seidenstraßen-Diplomatie. Von Kasachstan bis Zimbabwe und dem Iran hat die kommunistische Partei in den vergangenen Jahren ihren Einfluss ausgedehnt. Menschenrechte oder demokratische Strukturen sind dabei kein Kriterium. Im Gegenteil – überall, wo westliche Staaten sich zurückziehen, springt Peking ein und nutzt die Gier lokaler Politiker.

„Korruption spielt bei all diesen Projekten eine Rolle. Investitionen sind ja prinzipiell gut, nur die Projekte rentieren sich oft nicht“, sagt Imran Furkan vom Think Tank Verité Research. Vieles, wie der Flughafen von Hambantota, mache nur politisch, nicht aber ökonomisch Sinn. „Die Chinesen denken und agieren langfristig“, so Furkan. Hinzu kommen ökologische Schäden. Der Flughafen liegt in einem Vogelbrutgebiet. Außerdem brechen Elefanten immer wieder auf das Gelände ein. Furkans Fazit: „Westliche Staaten verleihen das Geld verantwortungsvoller.“

Vieles ist intransparent

Die Schulden- und Wirtschaftskrise des Landes erhöht derzeit den chinesischen Druck nur weiter. Die hohen Kreditraten an China beschleunigten all dies. „Derzeit schrumpft die gesamte Wirtschaft hier. Wir brauchen einen Schuldenerlass und hoffen, dass China zustimmt“, sagt Ex-Minister Ranawak. Bisher will China aber lediglich neue Kredite vergeben. Und wenn es nicht zu einer Einigung kommt? Dann könnte das, was inoffiziell ohnehin schon in Chinas Hand ist, auch offiziell „konfisziert“ werden.

„Anderweitige Verpachtungen wie im Fall des Hafens von Hambantota sind auch bei anderen Projekten denkbar“, meint Furkan. Die Colombo Port City, das monströse Projekt im Meer, ist ohnehin schon halb in chinesischer Hand. „Vieles ist instransparent“, sagt Furkan, „wir können noch gar nicht wissen, wie sich das alles auswirken wird.“

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