La sécheresse - Die große Dürre in Frankreich

Paddeln in der Ardèche muss 2023 wohl ausfallen und der Canal du Midi liegt weitgehend trocken. Der Grund: eklatanter Wassermangel. Besonders der Süden und die Rhône-Region steuern auf den Notstand zu. 80 Prozent der Grundwasserwerte liegen erheblich unter dem Soll.

Dürre in den französischen Hochalpen: Ein Schiffswrack liegt in einem ausgetrockneten See / picture alliance
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Kay Walter arbeitet als freier Journalist in Frankreich

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Die Bilder, die abends über die Bildschirme flackern, erinnern eher an die Sahelzone als an Zentralfrankreich: knochenharte, aufgebrochene Ackerböden, steinige Flussläufe, leere Staubecken und Zisternen. In der semaine décesif, der Woche, in der das Parlament über die hochumstrittene Rentenreform entscheiden soll und muss, widmet sich ein Gutteil der Fernsehnachrichten einem ganz anderen Thema, der Dürre im Land. Und das ist keine Ausflucht, sondern der Realität geschuldet, die da heißt: Wassermangel.

In Deutschland könnte man nun meinen, ok, ist nicht schön, aber was solls? Was betrifft uns das? Nun, Studien belegen, dass die zunehmende Trockenheit ein europaweites, ja weltweites Phänomen in Folge des Klimawandels ist. Erst Recht, wenn die Dürre bereits im Winter beginnt. Auch in Mecklenburg-Vorpommern waren in den vergangenen Jahren viele Böden derart ausgetrocknet, dass sie nicht einmal mehr in der Lage waren, das wenige Regenwasser aufzunehmen, wenn es denn fiel.

Missernten sind abzusehen

In Frankreich ist die Situation ungleich dramatischer. Und sie betrifft auch nicht allein den Tourismus, immerhin eine der drei Haupteinnahmequellen des Landes. Wichtiger: Frankreich ist ein Agrarland und die Bauern schlagen Alarm – egal ob Viehzüchter oder die Gemüse- und Weinbauern. Das Ausbleiben von Regen- und Schneefällen im Winter ließ die Böden derart ausdörren, dass bereits jetzt Missernten abzusehen sind. Und die französische Landwirtschaft wird nicht von Agrarfabriken geprägt, sondern von kleinen, regional produzierenden Familienbetrieben. Können die ihren Wasserbedarf nicht mehr decken (oder nicht mehr bezahlen), wird es schnell eng für den ganzen Betrieb.

Und das ist nicht alles. Wenn sowohl Pegel als auch die Fließgeschwindigkeit von Loire und Rhône derart sinken wie derzeit zu verzeichnen, steigt die Wassertemperatur, und das bedeutet dann, dass nicht nur die Wasserentnahme zur Bewässerung eingeschränkt wird, sondern zum Beispiel auch die Atomkraftwerke nicht ausreichend gekühlt werden können. Schon im letzten Sommer musste deshalb die Stromproduktion massiv gedrosselt werden. Dieses Jahr dürften die Probleme eher größer werden.
 

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Alle Flüsse Frankreichs weisen schon Anfang März Pegelstände und Fließgeschwindigkeiten auf, wie ansonsten Mitte September – nach einem heißen Sommer. Hydrologen und Geologen, Klimaforscher und Bauern sind sich (überraschend) einig, das wird ein schweres Jahr. 15 Départements haben offiziell Alarm wegen Wassernotstand angezeigt und in 5 Départements gelten bereits erste Notstandsmahnahmen: zwischen 8 und 20 Uhr dürfen weder Pools befüllt noch Autos oder Boote gewaschen werden. Bauern dürfen ihre Felder und Äcker nicht beliebig wässern. Bei Zuwiderhandlungen drohen Bußgelder bis zu 6.000 Euro.

2022 schwitzte ganz Frankreich in einer außergewöhnlichen Hitzewelle mit landesweiten Rekordtemperaturen bei starker Dürre. Die Bilder der lichterloh brennenden Pinienwälder am Becken von Arcachon gingen um die Welt. Davon redet heute zwar kaum noch jemand, allein, die Brände konnten nie endgültig gelöscht werden. Im Gegenteil, die Glut schwelt unterirdisch weiter. Ein Grund dafür ist der stark abgesunkene Grundwasserspiegel in der Region. Nur ein Beispiel der Dürre-Folgeprobleme.

Auf den megaheißen Sommer folgte ein milder und besonders trockener Winter. Vom 21. Januar bis zum 21. Februar fiel weder ein Tropfen Regen noch Schnee: 32 Tage am Stück ohne Niederschlag. Ein Rekord und leider kein positiver. Das Amt für geologische und Bergbauforschung hat in einer am 1. März veröffentlichten Studie die Grundwassersituation als deutlich „verschlechtert und unbefriedigend“ bezeichnet. Nur fünf Départements im ganzen Land weisen ein „durchschnittliches“ Niveau auf. Dagegen wurden in 38 Departements die Wasserreserven als „sehr niedrig“ eingestuft, plus 39 weitere mit dem Kennzeichen „geringes Niveau“ oder „mäßig niedrig“ versehen. 

Canal du Midi ist für Schifffahrt gesperrt

Auch wenn es in den Alpen und den Pyrenäen noch schneien kann oder in weiten Landstrichen reichlich Regen fällt – wie es zum Glück derzeit der Fall ist – „dieser Regen wird nicht in der Lage sein, den Boden vollständig zu durchdringen“, sagen Fachleute durch die Bank. Die Böden müssten zum Frühlingsbeginn satt und nass sein, die Krume dürfte durch Frost trocken sein, aber doch nicht wegen Wassermangels. 

Die Wintertrockenheit trifft zudem auf bereits historisch niedrige Wasservorräte. Die meisten Stauseen sind bestenfalls halb, viele sogar nur zu 30 Prozent gefüllt. Der Canal du Midi, wegen seiner technischen Bedeutung und seiner Schönheit UNESCO-Weltkulturerbe, ist auf der gesamten Länge von Toulouse bis zum Mittelmeer weiter für die Schifffahrt gesperrt. Niedrigwasser heißt hier konkret, dass große Bereiche der 240 Kilometer Kanalbett komplett trocken liegen. Und für die Rhône, den eigentlich wasserreichsten Strom in Frankreich, gelten Tonnagebegrenzungen.

Klimawandel ist Realität

Es kann jetzt nicht darum gehen, in Alarmismus zu verfallen, aber wenn die Pegel auf längere Zeit fallen, hat das Folgen. In den Alpen östlich von Lyon werden die Skigebiete grün fallen und in den Bergen auf der westlichen Seite der Rhône werden die berühmten Rotweine schlechter und/oder teurer werden. Wie schon im vergangenen August wird man den Hochsommer am Mittelmeer nur noch im Schatten aushalten können. Und wenn weniger Strom produziert werden kann, wird der Preis dafür steigen. Und das dann nicht allein in Frankreich, sondern bedingt durch das Verbundsystem europaweit. 

Brauch- und Trinkwasser, das ist bereits für dieses Jahr so angekündigt, wird ebenfalls im Preis steigen, und zwar gestaffelt nach Verbrauch. Wer viel verbraucht, der wird also zudem mit einem höheren Kubikmeter-Preis belegt. Das Füllen des eigenen Swimmingpools wird dann gleich doppelt teuer, und das zu Zeiten, in denen man Abkühlung besonders nötig hätte.

Der Klimawandel ist Realität und er fordert Aktionen.

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